sich jetzt mit den Harfentönen
verbinden.)
"Schatten sind des Lebens Güter, Schatten seiner Freuden Schar,
Schatten Worte, Wünsche, Taten; Die Gedanken nur sind wahr. Und
die Liebe, die du fühlest, Und das Gute, das du tust, Und kein Wachen
als im Schlafe, Wenn du einst im Grabe ruhst." Possen! Possen! Andre
Bilder Werden hier im Innern wach.
(Er sinkt zurück. Die Harfentöne währen fort.)
König! Zanga! Waffen! Waffen! (Mehrstimmige leise Musik greift in
die Harfentöne ein. Zu des Bettes Häupten und Füßen tauchen zwei
Knaben auf. Der eine, buntgekleidet, mit verlöschter Fackel, der zweite
in braunem Gewande mit brennender. Über Rustans Bette hin nähern
sie einander die Fackeln. Die des Buntgekleideten entzündet sich, der
Dunkle verlöscht die seine gegen die Erde.) (Da öffnet sich die Wand
des Hintergrundes. Wolken verhüllen die Aussicht. Sie heben sich. Die
Gegend, in der der zweite Akt spielt, wird sichtbar, von Schleiern
bedeckt. Auch diese schwinden. Ein erster, ein zweiter. Die Gegend
liegt offen da. Neben dem im Vorgrunde stehenden Palmbaum hebt
sich in weiten Ringen eine große goldglänzende Schlange, bis zu
seinen untersten Blättern hinanstrebend nach und nach empor. Rustan
macht eine Bewegung im Schlafe.)
(Der Vorhang fällt.)
Zweiter Aufzug
(Waldgegend. Im Hintergrunde Felsen, die ein Bergstrom trennt und
eine Brücke verbindet. Rechts im Vorgrunde ein vereinzelt stehender
Fels, an dessen nach vorn gekehrter Seite ein Springquell und daneben
eine Moosbank. Gegenüber links eine einzelne Palme.) (Rustan und
Zanga kommen.)
Rustan. Freiheit! Ha, mit langen Zügen Schlürf ich deinen Äther ein. In
des Morgens Purpurschein Seh ich deine Banner fliegen, Die auf Höhn,
am Himmelszelt Weit umher du aufgestellt; Allen Lebenden ein
Zeichen In der Schöpfung weiten Reichen. Freiheit! Atem der Natur,
Zeiger an der Weltenuhr, Alles Großen Wieg' und Thron, Nimm ihn
auf, den neuen Sohn; Laß mein Stammeln dir gefallen, Die du Mutter
bist von allen!
Zanga. Herr, und jetzt genug geschwärmt. Nun laßt uns von Nöt'germ
sprechen.
Rustan. Nötig? Nöt'germ? Oh, nicht denken, Laß mich fühlen jetzo
noch! Nicht mehr in dem Qualm der Hütte, Eingeengt durch Wort und
Sorge, Durch Gebote, durch Verbote; Frei, mein eigner Herr und König.
Wie der Vogel aus dem Neste, Nun zum erstenmal versuchend Die
noch ungeprüften Flügel. Schaudernd steht er ob dem Abgrund, Der ihn
angähnt. Wagt er's? Soll er? Er versucht's, er schlägt die Schwingen--
Und es trägt ihn, und es hebt ihn. Weich schwimmt er in lauen Lüften,
Steigt empor, erhebt die Stimme, Hört sich selbst mit eignen Ohren,
Und ist nun erst, nun geboren. Also fühl ich mich im Raume; Möcht
auf alle Berge steigen, Möcht aus allen Quellen trinken, Laub und
Bäume möcht ich grüßen, Bin ein Mensch erst und ein Mann.
Zanga. Sprecht nur zu, 's hat keine Eile, Ich erfrische mich derweile.
(Er setzt sich.)
Rustan. Zanga, nein! Nicht ruhn, nicht rasten, Bis begonnen unser
Werk.
Zanga. Unser Werk? So wollt Ihr also Handeln, prüfen, denken,
trachten?
(Er steht auf.)
Nun, da bin ich Euch zu Dienst.
Rustan. Fort, und auf nach Samarkand! Oben nur von jenen Hügeln
Sah in seiner Türme Brand Ich die Sonne strahlend spiegeln, Wir sind
dort, eh' sie entschwand.
Zanga. Nur so zu, und auf gut Glück? Herr, um selig einst zu sterben,
Denkt bei allem mir ans Ende; Doch wollt Ihr, ein Tücht'ger, leben, So
erwägt und prüft den Anfang, Denn das Ende kommt von selber. Tretet
ein bei Unbekannten, Herr, und strauchelt auf der Schwelle, Bleibt Ihr
Meister Ungeschickt, Sprächt Ihr, wie die sieben Weisen; Freunde,
die's beim Becher wurden, Lachen auf aus voller Kehle, Sehn sie sich
nach Jahren wieder; Und die Braut, gefreit in Tränen, Folgt mit
Seufzern Euch durchs Leben. Unsre Neigungen, Gedanken, Scheinen
gleich sie ohne Schranken, Gehn doch, wie die Rinderherde, Eines in
des andern Tritt. Drum, bei allem, was Ihr macht, Sei der Anfang reif
bedacht. Ihr geht nun nach Samarkand; Da ist denn vor allem nötig,
Daß Ihr gleich als der erscheinet, Der Ihr später denkt zu werden. Euern
Vater, lobesam, Adeln wir nur gleich im Grabe, Machen ihn zum Khan,
zum Emir Aus--Grusinien,--aus dem Monde. So was hilft beim ersten
Eintritt, Und erreicht Ihr Eure Wünsche, Deckt das andre der Erfolg.
Rustan. Gut!
Zanga. Ei, gut? Nu, das geht besser, Als ich glaubte, als ich hoffte. Euer
Oheim, seine Hütte--
Rustan. Arme Mirza!
Zanga. Ja, weil arm, Hindert sie ein reiches Wollen. Ahmt mir nur nicht
jene nach, Die das nahe Gut verschmähen, Aber unerhört, getrennt,--
Lichterloh, wie Wolle brennt,-- Heiß in Liebesglut vergehen. Laßt das
jetzt, und seid ein Mann! Jener Fürst aus Samarkand Ist gedrängt von
seinem Feinde, Von dem mächtgen Khan aus Tiflis, Der um seine
Tochter freite: Ein verwöhntes, einz'ges Kind, Das gar stolz und
hochgesinnt, Selbst den Gatten wählen möchte. Ein geziertes, äff'ges
Wesen, Tat so was in Dichtern lesen. Ich war erst in wirren Zweifeln,
Ob dem Stärkern, ob
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