Der Todesgruß der Legionen, 3. Band | Page 3

Johann Ferdinand Martin Oskar Meding
erhalten und
angenommen hatte, Eure Majestät durch die Bomben zu tödten, von
denen ich Ihnen bereits eine Probe zu überreichen die Ehre gehabt
habe."
"Die Sprengbomben sind vortrefflich construirt," sagte der Kaiser--"ich
würde ihrer Wirkung nicht entgangen sein," fügte er lächelnd hinzu.
"Die Briefe von Flourens," fuhr Pietri fort, "welche ich Eurer Majestät
hier vorzulegen die Ehre habe"--er legte mehrere beschmutzte Papiere
auf den Tisch vor dem Kaiser nieder, beweisen aber zugleich, daß es
sich nicht nur um ein Attentat gegen Allerhöchst Ihre Person handelte,
sondern daß zu gleicher Zeit die Tuilerien und die sämmtlichen
öffentlichen Gebäude, in welchen die leitenden Organe der öffentlichen
Regierung ihren Sitz haben, zerstört werden sollten. Man hat auf die
Aussage Beaury's gestützt, welcher sogleich nach seiner Verhaftung
umfassende Geständnisse ablegte, Nachforschungen gehalten und bei
einem Kunsttischler Roussel, dessen die Agenten leider bis jetzt noch
nicht habhaft geworden sind, eine weitere größere Anzahl von Bomben,
Massen von Nitroglycerin, so wie bedeutende Quantitäten Petroleum
gefunden; auch steht nach den Aussagen Beaury's die Theilnahme der
Internationale an der ganzen Verschwörung außer Zweifel, was
zugleich beweist, daß diese Verbindung, welche sich nur mit der
Erörterung socialer Fragen und mit der Verbesserung der Lage des
Arbeiterstandes zu beschäftigen vorgiebt, die eigentliche Triebfeder
aller Attentate gegen die bestehende Staatsordnung ist."
"Haben Sie alle diese Beweisstücke da," fragte der Kaiser.

"Zu Befehl, Majestät," erwiderte Pietri, indem er mehrere Briefe und
Protokolle dem Kaiser überreichte.
Dieser legte sie auf seinen Tisch.
"Ich werde das Alles später prüfen," sagte er. "Es ist eine schmerzliche
Erfahrung für mich," fuhr er fort, "daß gerade diese internationale
Arbeiterassociation, welcher ich, so weit sie sich mit dem Interesse der
Arbeiter beschäftigte, stets wo das mit den Gesetzen vereinbar war,
mein Wohlwollen bewiesen, und meinen Schutz gewährt habe, sich
jetzt zu solchen Zwecken mißbrauchen läßt."
"Ich habe Eure Majestät stets darauf aufmerksam gemacht," sagte Pietri,
"daß diese Organisation selbst unter ihren früheren gemäßigten, so zu
sagen philosophischen Führern eine große Gefahr für den Staat und die
Gesellschaft in sich schloß, und daß es nothwendig sei, mit der
äußersten Strenge gegen dieselbe vorzugehen, um sie und ihren weit
verzweigten Einfluß zu zerstören. Nachdem nun ihre gefährlichen und
verbrecherischen Ziele so klar an's Tageslicht getreten sind, möchte ich
Eure Majestät um die Erlaubniß bitten, die ganze Internationale mit
einem Schlage zu zertrümmern, und in allen Städten Frankreichs ihre
Führer, die mir sehr wohl bekannt sind, verhaften zu lassen."
Der Kaiser dachte einen Augenblick nach.
"Ich erkenne die Nothwendigkeit energischer Maßregeln vollkommen
an," sagte er, "doch weiß ich nicht, ob die Verhaftung der Führer von
einigem Nutzen sein wird. So weit mir aus früheren Berichten die
Organisation jener Gesellschaft bekannt ist, hat jeder Führer einen
Substitut, und die Verhaftung der ersten Leiter würde also für die
Unterdrückung der Sache selbst nicht viel nützen, außerdem gehört
dieser Internationale eine Menge von Arbeitern an, die im Grunde gut
gesinnt sind und die verbrecherischen Absichten der Häupter weder
kennen, noch billigen. Ich glaube deshalb, daß es klug wäre, den
Maßregeln, welche gegen die Internationale getroffen werden müssen,
jeden polizeilichen Character zu nehmen und sie lediglich als die
Folgen richterlichen Verfahrens erscheinen zu lassen."

Er richtete den Blick fragend auf Herrn Ollivier.
"Ich theile vollkommen die Ansicht Eurer Majestät," sagte dieser. "Und
es sind in diesem Sinne alle Einleitungen getroffen, der
Generalprocurator Grandperret soll einen Bericht an mich erstatten,
welcher das Complott in seinem ganzen Zusammenhange darstellt und
die Einberufung des hohen Gerichtshofes beantragt. Ich werde diesen
Bericht des Generalprocurators, der bereits morgen in meinen Händen
sein soll, Eurer Majestät überreichen und zugleich den Entwurf eines
Decrets beilegen, welcher die Einberufung des hohen Gerichtshofes
anordnet. Sobald das geschehen, werden alle Verhaftungen, welche auf
Grund der von dem Generalprocurator Grandperret anzustellenden
Anklageacte vorgenommen werden müssen, gerichtliche und nicht
mehr polizeiliche Maßregeln sein."
"Sehr gut," sagte der Kaiser, "ich erwarte Ihren Bericht, mein lieber
Herr Ollivier, und ich hoffe," fügte er sich zu Pietri wendend hinzu,
"daß Ihre Agenten geschickt genug sein werden, um keinen der
Schuldigen entwischen zu lassen."
"Eure Majestät können überzeugt sein," erwiderte der Polizeipräfect,
"daß in meinem Ressort geschehen wird, was nur irgend zu thun
möglich ist, dennoch aber möchte ich bitten, einige Personen welche
ich dem Herrn Generalprocurator bezeichnen werde, von der
Verhaftung auszuschließen. Es sind die Personen welche wir genau zu
überwachen in der Lage sind, und durch welche wir in Folge dieser
Überwachung fortwährend Kunde von den Fäden erhalten, durch
welche die revolutionäre Bewegung im ganzen Lande geleitet wird.
Würden diese Personen verhaftet werden, so würde uns sich eine
Quelle sehr wichtiger Nachrichten verschließen, und wir würden
gezwungen sein, viele Zeit aufzuwenden, um neue Netze zu knüpfen."
Der Kaiser lächelte.
"Ich verstehe," sagte er--"nicht wahr, mein lieber Herr Ollivier, Sie
finden den Wunsch des Herrn Pietri gerechtfertigt--"
"So fern dadurch," sagte der Justizminister, "der gerichtlichen

Verfolgung keine Beweise entzogen werden."
"Sie können sicher
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