Der Todesgruß der Legionen, 2. Band | Page 4

Johann Ferdinand Martin Oskar Meding
den verschiedenen
Bourbonenlinien gebrauchen, die Anhänger des Einen würden sich
niemals den Anhängern des Andern unterwerfen wollen, das würde zu
ewigen Bewegungen und Unruhen führen. Die einzige Möglichkeit
dauernden innern Friedens liegt darin, einen fremden Fürsten zu finden,
der dem Volk sympathisch ist--"
"Und der vielleicht," fiel Herr Meding lächelnd ein, "irgend wie mit
dem iberischen Einheitsgedanken in Verbindung stünde."
Betroffen blickte Angel de Miranda auf.
"Dieser Gedanke," erwiderte er nach einem kurzen Stillschweigen, "ist
heute wohl noch nicht reif. Doch liegt allerdings in ihm nach meiner
Ueberzeugung die Zukunft der pyrenäischen Halbinsel."
Er trat zu einer andern Gruppe--nach einiger Zeit zog sich der Graf
Chaudordy zurück, und nach einer Stunde leerte sich der Salon von den
Besuchenden--nur die hannöverschen Officiere blieben zurück.

"Nun, meine Herren," fragte der Regierungsrath Meding, "haben Sie
Nachrichten, wie Ihre Vorstellungen in Hietzing aufgenommen worden
sind, und haben Sie irgend welche Beschlüsse gefaßt über die Schritte,
welche Sie demnächst thun wollen?"
"Wir haben noch Nichts von Hietzing gehört," erwiderte Herr von
Tschirschnitz. "Ich kann nicht zweifeln," fuhr er fort, "daß der König
unsere Vorstellung ernstlich erwägen und berücksichtigen werde. Ich
wenigstens bin fest entschlossen, bis auf den letzten Augenblick Alles
aufzubieten, um das Schicksal der armen Emigrirten zu erleichtern und
sie von völliger Isolirung im fremden Lande zu retten. Ich verstehe
auch durchaus nicht, wie es möglich sein sollte, uns das zu verbieten.
Die Mißverständnisse, welche da vorliegen, müssen sich ja aufklären."
"Man muß es hoffen," erwiderte der Regierungsrath Meding, "doch bin
ich dessen nicht ganz gewiß, denn seit einiger Zeit scheinen sich um
den König her lauter Mißverständnisse zu lagern. Sie erinnern sich, daß
Herr von Münchhausen bei der Conferenz über das algerische
Colonisationsproject, zu welcher er hierher gesendet wurde,
Instructionen bei sich führte, welche, wie er sich selbst überzeugte,
denjenigen, die mir ertheilt waren, vollständig widersprachen."
Rasch wurde die Thür geöffnet, der Lieutenant von Mengersen, ein
großer, schlanker, junger Mann und der Lieutenant Heyse, eine ernste
ruhige Erscheinung, traten ein.
"Nun," rief Herr von Düring lebhaft, "Ihr seid wieder zurück? Was
bringt Ihr? Hat sich Alles aufgeklärt?"
"Nichts hat sich aufgeklärt," erwiderte Herr von Mengersen mit zornig
bewegter Stimme, "der König hat uns gar nicht angenommen und uns
den Befehl geschickt, auf der Stelle wieder zurückzureisen."
"Unglaublich," rief Herr von Düring.
"Aber wahr," rief der Lieutenant Heyse im traurigen Ton, "es scheint,
daß man eine vollständige chinesische Mauer um den König gezogen
hat und daß Nichts, was von uns kommt, zu ihm dringen kann.

Dagegen hat er den Feldwebel Stürmann gehört."
"Den Feldwebel Stürmann," rief Herr von Tschirschnitz, "und uns,
seinen Officieren, verweigert er das Gehör! Das ist doch ein Affront für
uns Alle, wie er stärker und kränkender nicht gedacht werden kann."
"Graf Platen ist am Tage vorher," sagte Herr von Mengersen, "bei
Stürmann in seinem Gasthause in der Stadt gewesen und hat sehr lange
mit ihm gesprochen, am andern Tage ist er dann nach Hietzing zum
König gebracht worden."
"Und habt Ihr nicht gehört, was nun weiter geschehen soll," sagte Herr
von Düring.
"Mit uns zu gleicher Zeit," sagte der Lieutenant Heyse, "ist der Major
von Adelebsen hierher abgereist, um das Commando zu übernehmen
und die Legion aufzulösen. Es kommt nun darauf an, daß wir uns
entschließen, was wir thun wollen für uns und für die Leute, denn auf
Gehör beim König haben wir nicht mehr zu rechnen."
"Wir müssen uns fest verbinden," rief Herr von Tschirschnitz, "um
Alles aufzubieten, damit die armen Emigranten noch einen
Anhaltspunkt erhalten und nicht vereinsamt ihrem Schicksal überlassen
bleiben. Ich hoffe, Sie werden uns darin unterstützen," sprach er zu
dem Regierungsrath Meding gewendet.
"Ich bedauere auf das Tiefste die Wendung, welche diese Sache
genommen," erwiderte dieser, "und die Unmöglichkeit mit irgend
welchen Vorstellungen bis an Seine Majestät zu dringen,--ich bin aber
hier als Vertreter des Königs und muß, so lange ich auf meinem Posten
bin, jeden Befehl, den Seine Majestät mir ertheilen wird, ausführen;
und ich rathe auch Ihnen, meine Herren, dringend, keinen Widerstand
gegen die Ausführung der Befehle Seiner Majestät zu leisten, doch
können Sie auf das Festeste auf meine Unterstützung dafür rechnen,
daß den Emigranten nach Auflösung des Verbandes die Möglichkeit
geboten werde, sich zu gegenseitiger Unterstützung zu vereinen und
Unterkommen und Arbeit zu finden. Ich habe bereits in dieser
Beziehung mit verschiedenen einflußreichen Personen Rücksprache

genommen und mich ihrer Geneigtheit versichert, zu einem Comité de
Patronage für die Emigrirten zusammen zu treten. Der Baron Thénard,
welcher großen Einfluß in den Kreisen der Grundbesitzer hat und selbst
ausgedehnte Güter besitzt, hat mir bereits zugesagt, mit in dieses
Comité einzutreten, ebenso Herr Bocher, welcher in industriellen
Kreisen viel Gelegenheit hat, den Emigrirten Arbeit zu schaffen. Ich
habe bei der Wahl der Personen wesentlich darauf Rücksicht
genommen, daß die ganze Sache gar keinen politischen Charakter habe,
daß sie eine reine Wohlthätigkeitsangelenheit sei und denke nun noch
einige Damen
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