Der Todesgruß der Legionen, 2. Band | Page 3

Johann Ferdinand Martin Oskar Meding
nicht mehr Preu?en, sondern dem ganzen Deutschland gegenüber befinden, und das wird für uns die schlimmste und gef?hrlichste Position sein, in der wir uns befinden k?nnen. Es ist in der That ein Glück," sagte er l?chelnd, "in diesem Augenblick von der Politik fern zu sein."
"Aber glauben Sie nicht," sagte Herr Meding, "da? Drouyn de L'huys, dem ja der Kaiser schon mehrfach das Portefeuille angeboten hat, doch endlich die Leitung der Angelegenheiten wieder übernehmen und gr??ere Festigkeit und Klarheit in die franz?sische Politik bringen werde?"
Der Graf von Chaudordy schüttelte den Kopf.
"Ich glaube nicht," sagte er, "da? Drouyn de L'huys sich jemals mit dem Kaiser definitiv verst?ndigen wird. Drouyn de L'huys will den Frieden und der Kaiser kann sich nicht entschlie?en, weder ernsthaft den Frieden zu begründen, noch ernsthaft den Krieg zu machen--er l??t sich treiben und wird in den Krieg hineingedr?ngt werden, ohne es selbst zu wollen. Für Ihren K?nig und dessen Sache wird es jedenfalls das Beste sein, wenn er einer solchen unklaren, verworrenen Katastrophe fern bleibt, um so mehr, wenn er selbst sich nicht zu klaren Entschlüssen erheben kann."
Der Kammerdiener ?ffnete die Thür.
Herr von Düring, Herr von Tschirschnitz und die übrigen hann?verschen Officiere traten ein. Nach und nach kamen noch andere Herren, auch Herr Hansen erschien.
Das Gespr?ch wurde allgemein; man unterhielt sich über die Tagesereignisse.
"Wissen Sie, meine Herren," sagte Herr Hansen, "da? der Proce? des Prinzen Pierre Bonaparte beginnen wird? Wie ich h?re, sind alle Juristen der Ansicht, da? der Prinz freigesprochen werden mu?."
"Ich wü?te kaum," sagte der Graf von Chaudordy, "wie man ihn verurtheilen wollte. Wenn Jemand in seinem eigenen Zimmer insultirt und angegriffen wird--und Herr Fonvielle hat ja einen geladenen Revolver bei sich gehabt--so steht ihm doch unzweifelhaft das Recht zu, sich zu vertheidigen. Ich liebe den Prinzen Peter nicht, er ist eine unruhige, unberechenbare Natur und sein ganzes Leben, wie seine Person erregt wenig Sympathie, aber in dieser Sache kann man ihm keinen Vorwurf machen--doch ist das Alles sehr unangenehm für die Regierung--es ist, als ob Alles zusammenk?me, um die Stellung des Kaisers zu erschweren. Solche Processe mit oder ohne Schuld der Regierenden finden sich in der Geschichte immer vor gro?en Katastrophen."
"Der arme Victor Noir thut mir leid," sagte Herr Meding, "ich habe ihn gekannt, er war Redacteur an der 'Situation' und Herr Grenier hat ihn mir zuweilen geschickt, um mir Mittheilungen zu machen. Ich habe immer eine Sympathie für ihn gehabt, er war eine gute kindliche Natur von harmloser Naivet?t, man hat ihn zu dieser Demonstration gemi?braucht, und er ist das Opfer derselben geworden. Wie sieht es bei Ihnen aus," fragte er, sich an einen jungen eleganten Herrn mit blassem Gesicht, schwarzem Haar und zierlichem kleinem Schnurrbart wendend, welcher so eben eingetreten war, "haben Sie bald einen K?nig gefunden, oder glauben Sie es auf die Dauer mit der Republik versuchen zu k?nnen?"
"Spanien ertr?gt dauernd kaum eine Republik," erwiderte Herr Angel de Miranda, der frühere Kammerherr der K?nigin Isabella, welcher gegenw?rtig in Paris lebte und dort eine, zwar private, aber eifrige Th?tigkeit für die provisorische Regierung Spaniens entwickelte. "Es hat viel dazu geh?rt, um die alte Monarchie zu zerst?ren, wir werden aber," fuhr er mit geheimni?voller Miene fort, "wie ich glaube, in nicht langer Zeit einen K?nig finden und damit wird diese Revolution endlich zum Abschlu? gelangen."
"Ich wünsche Ihnen das von Herzen," sagte Graf Chaudordy. "Für das ganze westliche Europa sind diese unsichern Zust?nde in Spanien vom sch?dlichsten Einflu?. Sie müssen übrigens," sagte er l?chelnd, "eine kleine Neugier verzeihen, es interessirt mich in hohem Grade, wohin Sie die Blicke wohl gewendet haben k?nnten, um einen Herrscher für Ihr Land zu finden,--Sie haben da den Herzog von Montpensier, Sie haben den Prinzen von Asturien, Sie haben den Grafen von Montemolin, und wer wei?, ob nicht vielleicht der Marschall Prim, der schon einmal von einem kaiserlichen Diadem von Mexiko tr?umte, auch jetzt wieder daran denkt, die Gewalt fest zu halten, welche er ja durch die Armee bereits vorzugsweise sich zu eigen gemacht hat."
Angel de Miranda zuckte die Achseln.
"Ich glaube kaum, da? Prim ?hnliche Gedanken hegen k?nnte, er ist klug und wei? sehr gut, da?, wenn er vielleicht eine Zeit lang Dictator sein k?nnte, er doch niemals und zwar weder von der spanischen Grandezza, noch vom Volk als K?nig acceptirt werden k?nnte. Ich glaube viel eher, da? er eine Zeit daran gedacht hat und vielleicht auch noch ein wenig daran denkt, den Prinzen von Asturien m?glich zu machen, um dann an der Spitze einer Regentschaft als Majordomus die Macht in H?nden zu behalten. Doch das Alles ist unpractisch, wir k?nnen in Spanien keinen K?nig von den verschiedenen Bourbonenlinien gebrauchen, die Anh?nger des Einen würden sich niemals den Anh?ngern des Andern unterwerfen wollen, das würde zu ewigen Bewegungen und Unruhen führen. Die einzige M?glichkeit dauernden innern Friedens liegt darin, einen fremden Fürsten zu finden, der dem Volk sympathisch ist--"
"Und der
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