nur auf wenige Jahre meinen Nerven und meinen Muskeln die Kraft der Jugend wiedergeben k?nnte.--Le Boeuf," fuhr er nach einer augenblicklichen Pause fort, "er ist der Schüler von Niel, er hat ihm nahe gestanden, er ist das Werkzeug zur Ausführung seiner Ideen gewesen--aber er ist kein Niel und der Schüler kann den Meister nicht fortsetzen.--
"Ich habe den Augenblick verloren und dem Augenblick geh?rt das Schicksal; ich fürchte, ich fürchte, mein treuer Conneau, der Augenblick kommt nicht wieder und mein Stern, den ich einst so hell leuchtend über meinem Haupt erblickte, er hat sich in trübe, trübe Wolken verhüllt.
"Vielleicht," fuhr er immer seinen Gedanken folgend fort--"habe ich einen Fehler begangen dadurch, da? ich eine Dynastie gründen wollte. Vielleicht ist eine dynastische Monarchie Frankreichs in unserm Jahrhundert nicht mehr m?glich; vielleicht st?nde ich gr??er und sicherer da, wenn ich mich h?tte entschlie?en k?nnen nur der C?sar zu sein, der an keinen Nachfolger denkt, der sich identificirt mit der pulsirenden Bewegung des Volkslebens und dessen Geschichte mit seinem Tode aufh?rt.
"Das ist der Ursprung meiner Herrschaft--und man sagt, die Regierungen fallen, die sich von den Principien ihres Ursprungs entfernen.
"Ist mein Oheim nicht gefallen, weil er aufh?rte C?sar zu sein und weil er der Begründer einer neuen dynastischen Legitimit?t werden wollte?
"Aber, mein Gott," rief er die H?nde über der Brust faltend, indem ein unendlich weicher Ausdruck auf seinen Zügen erschien--"mein Gott, ich habe einen Sohn und ich liebe diesen Sohn--ich liebe ihn sehr, Conneau und mag es ein Fehler sein oder nicht--meine ganzen Gedanken, meine ganze Arbeit geh?ren der Zukunft, geh?ren meinem Sohn."
In tiefer Bewegung trat Dr. Conneau an das Lager des Kaisers, ergriff dessen Hand und führte sie an seine Lippen.
"Diese Arbeit wird ihre Frucht tragen, Sire," sagte er mit zitternder Stimme--"ich wollte, es w?re mir verg?nnt mein Leben für Sie und für den kaiserlichen Prinzen hinzugeben."--
"Geben Sie mir lieber," sagte Napoleon sanft l?chelnd, "durch Ihre Kunst die wahre Kraft des Lebens wieder, dann werden Sie Frankreich, mir und meinem Sohn den h?chsten Dienst leisten."
Conneau trat zur Seite, ergriff ein kleines Fl?schchen von geschliffenem Crystall, das auf einem Tisch am Fenster stand und mischte einige Tropfen der hellen Flüssigkeit, welche dasselbe enthielt, mit einem Glase Wasser.
"Ich bitte Ew. Majest?t dies zu trinken," sagte er dem Kaiser das Glas reichend; "ich hoffe damit wenigstens einen Theil der Aufgabe zu erfüllen, welche Sie mir bezeichnen; dieses Getr?nk wird Ew. Majest?t die Nervenkrise überwinden helfen, welche Nélatons Sondirung hervorgerufen hatte."
Der Kaiser leerte langsam das Glas, dessen Inhalt eine grüne opalisirende Farbe angenommen hatte. Die nerv?se Spannung seiner Gesichtszüge verschwand, seine mattgelbliche Haut nahm eine r?there F?rbung an und um seine Lippen legte sich jener Zug wohlwollender Freundlichkeit, welcher ihm in der Unterhaltung eigenthümlich war und der auf Jeden, der mit ihm, sprach seinen Zauber ausübte.
Er stand langsam auf.
"Ich danke Ihnen, Conneau," sagte er, "das hat mir wohlgethan. Wollte Gott, Sie k?nnten die Wirkung dieses Elixirs dauernd machen; leider wird der Schmerz und die Schw?che bald wieder meine Nerven zur alten Unf?higkeit herabstimmen."
"Nicht so leicht," erwiderte Dr. Conneau, "wenn die Willenskraft meinem Elixir zu Hülfe kommt; der menschliche Willen ist ein m?chtiger Factor und selbst der kranke K?rper gehorcht seinem Befehl."
"Der Willen?" sagte der Kaiser schmerzlich l?chelnd--"um zu wollen, dazu geh?rt Kraft und um die Kraft zu entwickeln geh?rt Willen; wo ist der Anfang dieses Kreises, in welchem sich der leidende Mensch traurig herumbewegt?--Doch," fuhr er fort, "für den Augenblick habe ich den Willen und ich will ihn benutzen zu klarem Einblick in die Verh?ltnisse, denn das ist die erste Quelle aller guten Entschlüsse."
Er reichte Conneau die Hand,--der Arzt führte dieselbe an seine Lippen und verlie? das Schlafgemach seines Herrn.
Der Kaiser klingelte.
"Es ist nicht mehr mein treuer Felix," sprach er seufzend, "der alle Wechself?lle des Lebens mit mir getheilt hat und dessen Erscheinung mir eine so liebe Gewohnheit geworden war."
Der Kammerdiener trat ein und Napoleon machte mit aller Sorgfalt seine Toilette, nach deren Vollendung aus seinen Zügen und seiner Haltung die Spuren der Schmerzen und der Ersch?pfung fast ganz verschwanden; nur sein schwankender, unsicherer und in den Hüften wiegender Gang zeugte von seiner gebrochenen Kraft.
"Ist Herr Duvernois da?" fragte er mit einem letzten Blick in den Spiegel.
"Zu Befehl, Sire."
"Man soll ihn eintreten lassen," sagte Napoleon, indem er in sein Cabinet trat, das sorgf?ltig gelüftet, von einem hellen Kaminfeuer erw?rmt und mit dem leichten Duft von eau de Lavande durchzogen war. Wer den Kaiser hier sah, h?tte sich unm?glich von dem leidenden, ganz gebrochenen Manne ein Bild machen k?nnen, der noch kurz vorher unter den H?nden der Aerzte seufzte und der gequ?lt von den Leiden des K?rpers den Glauben an die Zukunft und das Vertrauen auf sich selbst verloren hatte.
Napoleon trat heiter l?chelnd, den Blick halb unter seinen Augenlidern verborgen, dem Journalisten Clément Duvernois entgegen, dem soeben der Huissier die Thür des Cabinets ge?ffnet hatte.
Herr Duvernois, der seine publicistische
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