Der Todesgruß der Legionen, 1. Band | Page 5

Johann Ferdinand Martin Oskar Meding
verbunden waren; aber ich erkenne an, da? das legitime K?nigthum für Frankreich abgeschlossen ist und da? in dem Kaiserreich die einzige Garantie für eine ordnungsm??ige gesicherte Entwickelung der nationalen Wohlfahrt liegt. Dem Kaiser Schwierigkeiten zu bereiten ist nach meiner aufrichtigsten Ueberzeugung ein Unrecht gegen Frankreich selbst, um so mehr nachdem der Kaiser sich jetzt mit liberalen Institutionen umgeben und M?nner in seinen Rath berufen hat, welche das Vertrauen des Volkes besitzen."
"Das Vertrauen des Volkes?" rief Herr Vergier. "Besitzt dieser Herr Ollivier, welcher dem Portefeuille seine Ueberzeugung, die er früher so laut und emphatisch aussprach, Stück für Stück geopfert hat--besitzt dieser, t?glich die Farbe wechselnde Minister das Vertrauen des Volkes?--Dieser Mann, der ?u?erlich den anspruchslosen und einfachen Bürger spielt und in seinem Herzen ein schlimmerer H?fling ist als die Satelliten der r?mischen Kaiser."
"Nun," sagte Herr Challier das Gespr?ch abbrechend, "ich hoffe, da? die kriegerischen Befürchtungen auch diesmal unbegründet sein werden und da? man die steigende Wohlfahrt des Landes einem augenblicklichen militairischen Ruhm vorziehen wird."
Er blickte auf seine Uhr.
"Ist unser Diner bereit?" fragte er seine Tochter, welche fortw?hrend still in ihrem Stuhl gesessen hatte, ohne auf das Gespr?ch ihres Vaters mit Herrn Vergier zu achten.
Luise erhob sich.
"Sogleich," sagte sie, "Herr Cappei mu? jeden Augenblick kommen; er hat versprochen heute bei uns zu essen," fügte sie hinzu, indem ihr Blick sich fast herausfordernd auf Herrn Vergier richtete, welcher die Lippen zusammenbi? und sich abwendete.
Die Thür ?ffnete sich und der junge Hannoveraner trat ein.
Herr Challier begrü?te ihn mit herzlicher Freundlichkeit; das junge M?dchen trat ihm entgegen, reichte ihm mit anmuthiger Bewegung die Hand und sprach, indem sie mit einem kalten, feindlichen Seitenblick Herrn Vergier streifte:
"Wir fürchteten schon, da? Sie nicht kommen würden und würden Ihre Abwesenheit sehr bedauert haben."
Der junge Mann hielt Luisens Hand einige Augenblicke in der seinen, er machte eine unwillkürliche Bewegung, als wollte er diese Hand an seine Lippen führen--dann trat er zurück und begrü?te mit einer h?flichen Verneigung Herrn Vergier.
Eine hübsche Dienerin in der zierlichen Tracht der franz?sischen Landm?dchen ?ffnete die Thür des ansto?enden Speisezimmers. Fr?ulein Luise, welche als die einzige Tochter ihres früh verwittweten Vaters dem Haushalte vorstand, trat hinein, warf einen letzten Blick über den einfach aber sauber und geschmackvoll gedeckten Tisch, in dessen Mitte eine kleine Schale mit frischen Blumen stand und kehrte dann zurück, um ihrem Vater zu sagen, da? Alles bereit sei.
Man setzte sich zu Tisch. Fr?ulein Luise machte mit der den Franz?sinnen aller St?nde so eigenthümlichen Anmuth die Honneurs, doch wollte sich der heitere Unterhaltungston, welcher sonst in diesem kleinen Kreis heimisch war, nicht recht finden. Es lag eine gedrückte Stimmung auf der Gesellschaft.
Der junge Cappei blickte sinnend und fast traurig vor sich nieder; Herr Vergier beobachtete mit scharfen sp?henden Blicken den jungen Deutschen und Fr?ulein Luise schien mit besonderer Absichtlichkeit ihre ganze Aufmerksamkeit Herrn Cappei zuzuwenden. Sie legte ihm die Speisen vor, schenkte ihm Wein ein und begleitete alle diese kleinen Aufmerksamkeiten mit noch freundlicheren Blicken und Worten, indem sie dabei zuweilen mit dem Ausdruck von Trotz und h?hnischer Herausforderung zu Herrn Vergier hinübersah.
Das Diner verlief schweigsam.
Der junge Deutsche bewies seinen Dank für die Aufmerksamkeiten seiner sch?nen Nachbarin mehr durch glückstrahlende Blicke als durch Worte.
Herr Vergier verbarg, so gut er konnte seine innere zornige Erregung und h?rte mit gezwungenem L?cheln den scherzhaften Bemerkungen zu, durch welche Herr Challier, der eine angenehme Unterhaltung bei Tisch liebte, von Zeit zu Zeit die Conversation zu beleben suchte.
Man erhob sich endlich und kehrte in den kleinen durch eine einfache Lampe erleuchteten Salon zurück.
Herr Vergier empfahl sich bald unter dem Vorwande dringender Gesch?fte, die er noch zu erledigen habe und Herr Challier zog sich zurück, um seiner Gewohnheit gem?? einen Augenblick "nachzudenken", wie er sagte, das hei?t in dem Lehnstuhl seines Cabinets einen kleinen Schlaf zu machen.
Als die jungen Leute allein geblieben waren, zog Cappei ein kleines Tabouret neben den Lehnstuhl vor den Camin, auf welchem das junge M?dchen sich wieder niedergelassen hatte, setzte sich an ihre Seite und ergriff z?rtlich ihre Hand, die sie ihm reichte.
"Meine sü?e Luise," sagte er mit jenem fremden Accent, den die franz?sische Sprache im Munde eines Deutschen immer annimmt, "ich fürchte, da? der Augenblick herannaht, in welchem wir uns auf eine vielleicht lange Zeit trennen müssen und ich bedarf der festen Zuversicht und des unerschütterlichen Vertrauens, da? Deine Liebe mir für alle Wechself?lle des Schicksals gesichert bleibt."
"Kannst Du daran zweifeln?" erwiderte Luise, indem sie sanft mit der Hand über sein Haar strich und ihn mit einem leuchtenden Blick ansah, "ich habe Muth und Festigkeit--ich stamme," fügte sie l?chelnd hinzu, "von jenen alten Bragards von Saint-Dizier und wie jene die Sache ihres K?nigs und ihres Landes auf den Schlachtfeldern vertheidigten, so werde ich wenigstens ohne Zagen und Schwanken für meine Liebe einzustehen wissen. Der Kampf dafür," fuhr sie, ihn immer mit entzückten Blicken betrachtend fort, "wird übrigens nicht so schwer sein. Mein Vater
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