anzuschließen--aber das kommt--"
Er warf einen schnellen Seitenblick auf das junge Mädchen, biß sich
auf den Schnurrbart und schwieg.
"Die Entscheidung naht," sagte der junge Mann, ernst und traurig seine
Geliebte anblickend.
"Und die Liebe und Treue wird sich bewähren," erwiderte diese leise.
"Ich bin gekommen, um Euch abzuholen," sagte der
Unterofficier--"verzeihen Sie, mein Fräulein," schaltete er mit einer
gewissen mürrischen Höflichkeit ein--"unsere Abtheilung ist bei mir
beisammen und wir wollen ein wenig unter einander die Sache
besprechen."
Cappei stand auf, reichte Luise die Hand, bat sie, ihn bei ihrem Vater
zu entschuldigen und verließ mit dem Unterofficier den Salon.
Das junge Mädchen blieb allein in tiefen Gedanken vor dem allmälig
erlöschenden Kaminfeuer sitzen, sinnend blickte sie vor sich nieder;
doch war es kein trauriger und trüber Ausdruck, der auf ihrem Gesicht
lag, ihre Seele war muthig und stolz darauf, ihrem Geliebten auch unter
schweren Verhältnissen die Treue bewahren zu können. Der Kampf mit
den Verhältnissen des Lebens reizte sie und ihr hoffnungsvolles Herz
hatte keinen Zweifel, daß Alles endlich sich zu glücklichem Ausgang
fügen würde.
Zweites Capitel.
Eine trübe Februarsonne schien durch die halb geschlossenen
Fenstervorhänge des Schlafzimmers des Kaisers Napoleon des Dritten
in den Tuilerien.
Der Kaiser lag auf einer in der Mitte des Zimmers stehenden
Chaiselongue, eingehüllt in einen weiten Schlafrock von leichter Seide,
sein Kopf war zurückgelehnt auf ein rundes Kissen, seine Augen waren
geschlossen und die bleichen Züge seines Gesichts trugen den
Ausdruck tiefen Leidens; sein fast ganz ergrautes Haar hing unfrisirt an
den Schläfen herab, der sonst so wohl gepflegte Bart war ungeordnet
und der ganze Kopf, der sonst so ausdrucksvoll und lebendig erschien,
erinnerte in seiner unbeweglichen Starrheit an eine Todtenmaske; die
Hände des Kaisers waren ausgestreckt, die Fingerspitzen bewegten sich
leicht in convulsivischen Zuckungen.
Zu den Füßen des Ruhebettes stand der Dr. Conneau, kaiserlicher
Leibarzt und langjähriger Freund; sein von einem kurz geschnittenen
schmalen Backenbart umrahmtes bleiches Gesicht mit der hoch hinauf
kahlen Stirn und der stark vorspringenden Nase zeigte den Ausdruck
theilnehmender Besorgniß und die tief liegenden, scharfblickenden
Augen schauten mit gespannter Aufmerksamkeit auf seinen wie leblos
da liegenden Souverain.
An einem Seitentisch in einiger Entfernung war der Doctor Nélaton
beschäftigt einige elegant gearbeitete chirurgische Instrumente von
Silber und Kautschuk in ein Etui von schwarzem Sammt einzupacken.
Sein geistvolles, etwas kränkliches Gesicht war ernst und ruhig und
wenn er auch zuweilen forschend nach dem Kaiser hinüber blickte, so
schien er doch mehr mit der sorgfältigen Aufbewahrung seiner
Instrumente als mit dem Zustande seines Patienten beschäftigt.
Dr. Conneau beugte sich über den Kaiser herab und ergriff dessen
Hand, aufmerksam dem Pulsschlag folgend.
"Der Puls geht ruhig und gleichmäßig," sagte er sich zu Nélaton
wendend; "es scheint nur eine Krise der Nerven zu sein; ich würde Sr.
Majestät gern einige Tropfen Aethergeist einflößen."
"Ich halte das nicht für nöthig" erwiderte Dr. Nélaton. "Die Sondirung
hat durchaus keine bedenklichen Symptome ergeben, Seine Majestät ist
ungeheuer empfindlich für den Schmerz und eine augenblickliche Ruhe
wird das Gleichgewicht der Kräfte sofort wieder herstellen. Ich
überlasse den Kaiser Ihrer Sorgfalt," fügte er hinzu indem er sein Etui
schloß, "und hoffe, daß er einige Zeit von weiteren Operationen wird
verschont bleiben können, nur muß Seine Majestät in der nächsten Zeit
es sorgfältig vermeiden zu Pferde zu steigen oder lange zu stehen."
Er verließ mit leisen Schritten das Zimmer.--Dr. Conneau blieb ruhig
an seinem Platz stehen, fortwährend das Gesicht des Kaisers
beobachtend, auf welchem allmälig wieder eine etwas lebhaftere Farbe
erschien.
Napoleon erhob die Hände langsam, faltete sie über der Brust
zusammen, seine Lippen öffneten sich zu einem tiefen
Athemzuge--dann schlug er die Augen auf und blickte wie verwundert
im Zimmer umher.
"Ist Nélaton fort?" fragte er.--"Was hat er gesagt? Werden diese
entsetzlichen Qualen sich oft wiederholen müssen?"
"Nélaton ist vollkommen zufrieden und beruhigt, Sire," erwiederte Dr.
Conneau, "und er hofft, daß Ew. Majestät für lange Zeit Ruhe haben
werden; es sind durchaus keine bedenklichen Symptome vorhanden
und ich hoffe durch innere Mittel sehr wirksam eingreifen zu können."
"Oh, mein alter Freund," sagte der Kaiser mit traurigem Ton, "Sie
glauben nicht wie sehr ich leide. Meine Natur kann eine einmalige
gewaltsame Erschütterung leicht überwinden, aber diese fortwährenden
kleinen Schmerzen zerrütten mein Nervensystem, untergraben meine
Willenskraft und machen mich zuweilen vollständig unfähig zu denken
und zu handeln."
"Ich bitte Ew. Majestät inständigst," erwiderte Dr. Conneau, "sich in
diesen so erklärlichen und natürlichen Gefühlen nicht gehen zu lassen.
Ew. Majestät so reizbare Natur wird mehr als eine andre Organisation
durch die Wiederholung kleiner und peinlicher beiden angegriffen; aber
Ew. Majestät," sprach er ernst mit volltönender Stimme, "sind mehr als
andere Menschen. Ew. Majestät großer Geist muß die kleinen beiden
überwinden um die großen Aufgaben Ihrer Stellung erfüllen zu können
und je mehr Ew. Majestät die Kraft Ihres Willens anstrengen, um so
mehr werden jene kleinen Leiden sich vermindern, um so sicherer hoffe
ich
Continue reading on your phone by scaning this QR Code
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the
Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.