Der Todesgruß der Legionen, 1. Band | Page 2

Johann Ferdinand Martin Oskar Meding
sei, daß der
König die Emigration auseinander schicken und Jeden mit einer
Summe von einigen hundert Francs abfinden wolle und der Herr von
Mengersen, der ein braver und ehrlicher Mann ist, hat die Achseln
gezuckt und mir keine rechte Antwort gegeben--er weiß mehr als er
sagen will und die Kameraden in Paris haben mir geschrieben, daß dort
etwas vorgeht; es sind Herren aus Hietzing dagewesen, man hat dann

lange Conferenzen gehalten und die Herren Officiere sind alle sehr
niedergeschlagen gewesen,--glaubt mir nur, ich täusche mich nicht, wir
werden einfach fortgeschickt werden, nachdem wir uns vier Jahre lang
für den König in der Welt herumgeschlagen haben und dann muß Jeder
von uns ernstlich daran denken, wie er sich sein Brot erwerben und sich
ehrlich durch's Leben bringen kann."
"Ich glaube das nicht, Herr Unterofficier," rief Cappei, indem er stehen
blieb und lebhaft mit dem Fuße auf den Boden trat; "es ist unmöglich,
daß Seine Majestät seine treuen Soldaten, die in der Noth und
Verbannung zu ihm gehalten haben, so einfach auseinander schickt,
ohne sich um ihr Schicksal zu kümmern.--Ich werde das nicht eher
glauben, als bis es wirklich geschieht--wenn es aber je dazu kommen
sollte, dann steht mein Entschluß ganz fest--ich gehe nach Hannover in
die Heimath zurück, mag daraus entstehen was da wolle.--Die Preußen
können uns doch nicht Alle todtschießen; man wird uns bestrafen, aber
dann sind wir doch wenigstens in der Heimath und haben festen Grund
für unsere Existenz. Ich habe ein kleines Gehöft von meinem Oheim zu
erben, das wird man mir nicht nehmen und wenn man mich wirklich
ein oder zwei Jahre einsperrt, so werde ich doch nachher ruhig in
meinem Hause sitzen und mir eine Familie gründen können."
"Ihr sprecht so," erwiderte der Unterofficier, "weil Ihr verliebt seid und
weil Ihr nur daran denkt, je eher je lieber die kleine Französin zu
heirathen, der Ihr den ganzen Tag den Hof macht; aber das ist nicht
recht von einem ordentlichen Soldaten--denkt doch daran, daß Ihr noch
militairpflichtig seid und daß man Euch jedenfalls, wenn Ihr
zurückkehrt, zum Dienst einziehen wird. Wollt Ihr, ein alter
hannöverscher Garde du Corps, der sich so lange der preußischen
Eroberung widersetzt hat, hinterher noch die preußische Uniform
anziehen und nach preußischem Commando exerciren?"
"Wenn der König seine Getreuen wirklich verläßt," rief Cappei, "was
habe ich, der einzelne Mensch für eine Veranlassung oder für ein Recht
mich der preußischen Herrschaft zu widersetzen? Ihr werft mir vor, daß
ich verliebt sei--das ist wahr; ich bin verliebt und ich habe keinen
größeren Wunsch als meine kleine Luise zu heirathen, aber ich

versichere Euch--Gott ist mein Zeuge--daß der König und seine Sache
mir höher steht als meine Liebe und wenn der König mich heute riefe
um für ihn in's Feld zu ziehen, so würde ich mich nicht einen
Augenblick besinnen und meine Luise würde nicht von mir verlangen,
daß ich meiner alten Fahne untreu werden sollte--wenn aber der König
uns gehen läßt, so bin ich ein einzelner freier Mensch und habe nur für
mich zu sorgen und dann werde ich der Narr nicht sein, mich in der
Welt herumzuschlagen und die Heimath aufzugeben.
"Hart wird es freilich für mich sein die fremde Uniform zu
tragen"--sprach er seufzend,--"aber was geht es im Grunde mich an?
Schickt der König uns fort, dann sind wir Alle frei zu thun was wir
wollen und dann allerdings werde ich mich bei meinem Entschluß nur
durch meine Liebe bestimmen lassen."
"Nun," sagte der Unterofficier, "Gott gebe, daß es nicht dazu kommen
möge. Was mich betrifft, so gehe ich nicht nach Hannover zurück; ich
bin zu alt geworden, um in den neuen Verhältnissen leben zu können.
Man hat uns ja eine schöne Ansiedelung in Algier versprochen--wenn
es dahin kommt, so lasse ich meine Frau kommen und gründe mir dort
im fernen Afrika eine neue Heimath, in der ich wenigstens nach alter
Weise leben und meine Gedanken frei aussprechen kann--Ihr werdet's
Euch auch noch überlegen, hoffe ich.--Es ist ein Unglück, daß bei Euch
jungen Leuten immer die Liebe mitspricht--"
Ungeduldig erwiderte Cappei:
"Ich sage Ihnen nochmals," Herr Unterofficier, "daß es nicht die Liebe
ist, welche mich bestimmt--wenn der König uns nach Algier schickte
und uns sagen ließe: wartet dort bis ich Euch brauchen kann, ich würde
hingehen, so wahr ich hier vor Euch stehe und wenn meine Braut nicht
mit mir gehen wollte, so würde mich das zwar traurig machen, aber
keinen Augenblick in meinem Entschluß irre werden lassen. Wenn aber
der König uns aufgiebt, so bin ich frei--ich habe meine Soldatenpflicht
erfüllt und kann als ehrlicher Mann thun was ich will."
Sie waren am Ende des Weges angekommen und schritten langsam in
die Straße der Stadt hinein, welche durch die flackernden Gaslaternen

nur spärlich erleuchtet war.------
Um dieselbe Zeit saß in dem Wohnzimmer eines großen, durch einen
weiten Vorhof von der Straße getrennten Hauses in der
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