Der Parasit, oder die Kunst, sein Glueck zu machen. | Page 5

Friedrich von Schiller
Vorigen.
Selicour (alles bekomplimentierend). Ganz zum Entz��cken find' ich Sie alle hier beisammen!
Narbonne. Guten Morgen, lieber Selicour!
Selicour (zu Narbonne, Papiere ��bergebend). Hier ��berbringe ich den bewu?ten Aufsatz--ich hielt's f��r dienlich, ein paar Zeilen zur Erl?uterung beizuf��gen.
Narbonne. Vortrefflich!
Selicour (der Madame ein Billet ��bergebend). Der gn?digen Frau habe ich f��r das neue St��ck eine Loge besprochen.
Mad. Belmont. Allerliebst!
Selicour. Dem gn?digen Fr?ulein bring' ich diesen moralischen Roman.
Charlotte. Sie haben ihn doch gelesen, Herr Selicour?
Selicour. Das erste B?ndchen, ja, hab' ich fl��chtig durchgebl?ttert.
Charlotte. Nun, und--
Selicour. Sie werden eine r��hrende Scene darin finden.--Ein ungl��cklicher Vater--eine ausgeartete Tochter!--Eltern hilflos, im Stich gelassen von undankbaren Kindern!--Gr?uel, die ich nicht fasse --davon ich mir keinen Begriff machen kann!--Denn wiegt wohl die ganze Dankbarkeit unsers Lebens die Sorgen auf, die sie unserer hilflosen Kindheit beweisen?
Mad. Belmont. In alles, was er sagt, wei? der w��rdige Mann doch etwas Delicates zu legen!
Selicour (zu Narbonne). In unsern Bureaux ist eben jetzt ein Chef n?thig.--Der Platz ist von Bedeutung, und Viele bewerben sich darum.
Narbonne. Auf Sie verlass' ich mich, Sie werden die Anspr��che eines Jeden zu pr��fen wissen--die Dienstjahre, der Eifer, die F?higkeit und vor allen die Rechtschaffenheit sind in Betrachtung zu ziehen.-- Aber ich vergesse, da? ich zu unterzeichnen habe. Ich gehe!
Selicour. Und ich will auch gleich an meine Gesch?fte!
Narbonne. Ich bitte Sie recht sehr, erwarten Sie mich hier, wir haben mit einander zu reden!
Selicour. Aber ich h?tte vor Tische noch so Mancherlei auszufertigen.
Narbonne. Bleiben Sie, oder kommen Sie schleunigst wieder! Ich habe Ihre Gegenwart n?thig! Ein Mann von Ihrer Kenntni?, von Ihrer Rechtschaffenheit ist's, was ich gerade brauche! Kommen Sie ja bald zur��ck!--Ich hab' es gut mit Ihnen vor. (Er geht ab.)

Sechster Auftritt.
Vorige ohne Narbonne.
Mad. Belmont. Sie k?nnen sich gar nicht vorstellen, Herr Selicour, wie gro?e St��cke mein Sohn auf Sie h?lt!--Aber ich h?tte zu thun, d?cht' ich.--Unsre Verwandten, unsre Freunde speisen diesen Abend hier.--Wird man Sie auch sehen, Herr Selicour?
Selicour. Wenn anders meine vielen Gesch?fte--
Mad. Belmont. Da? Sie nur ja nicht ausbleiben, sonst w��rde unserm Fest seine Krone fehlen. Sie sind die Seele unsrer Gesellschaft!-- Und Charlotte, wollte ich wohl wetten, w��rde es recht sehr ��bel nehmen, wenn Sie nicht k?men.
Charlotte. Ich, Mama? Nun ja! Ihre und Papa's Freunde sind mir immer herzlich willkommen.
Mad. Belmont. Schon gut! Schon gut!--Jetzt zieh dich an! Es ist die h?chste Zeit!--Sie m��ssen wissen, Herr Selicour, da? ich bei dem Putz pr?sidiere.
Selicour. So kommt die sch?ne Kunst noch der sch?nen Natur zu Hilfe --wer k?nnte da widerstehen?
Mad. Belmont. Er ist scharmant! Scharmant ist er! Nicht den Mund ?ffnet er, ohne etwas Geistreiches und Galantes zu sagen. (Geht mit Charlotten.)

Siebenter Auftritt.
Selicour. Michel.
Michel (im Hereintreten). Endlich ist sie fort!--Nun kann ich mein Wort anbringen!--Hab' ich die Ehre, mit Herrn Selicour--
Selicour (grob und verdrie?lich). Das ist mein Name!
Michel. Verg?nnen Sie, mein Herr!--
Selicour. Mu? ich auch hier bel?stigt werden? Was will man von mir?
Michel. Mein Herr!--
Selicour. Gewi? eine Bettelei--ein Anliegen.--Ich kann nicht dienen.--
Michel. Erlauben Sie, mein Herr!
Selicour. Nichts! Hier ist der Ort nicht--In meinem Cabinet mag man einmal wieder anfragen!
Michel. Einen so ��beln Empfang glaubte ich nicht--
Selicour. Was beliebt?
Michel. Ich komme ja gar nicht, um etwas zu bitten--ich komme, dem Herrn Selicour meine gehorsame Danksagung abzustatten.
Selicour. Danksagung? Wof��r?
Michel. Da? Sie meinem Neffen die Stelle verschafft haben.
Selicour. Was? Wie?
Michel. Ich bin erst seit gestern hier im Hause, weil mich mein Herr auf dem Lande zur��cklie?. Als ich Ihnen schrieb, hatte ich nicht die Ehre, Sie von Person zu kennen.
Selicour. Was Sie sagen, mein Werthester! Sie w?ren im Dienst des Ministers?
Michel. Sein Kammerdiener, Ihnen zu dienen!
Selicour. Mein Gott, welcher Irrthum! Monsieur Michel, Kammerdiener, Leibdiener, Vertrauter des Herrn Ministers!--Bitte tausendmal um Verzeihung, Monsieur Michel!--Wahrhaftig, ich sch?me mich--ich bin untr?stlich, da? ich Sie so barsch angelassen. Auf Ehre, Monsieur Michel!--Ich hielt Sie f��r einen Commis.
Michel. Und wenn ich es auch w?re!
Selicour. Man wird von so vielen Zudringlichen belagert! Man kann es nicht allen Leuten am Rock ansehen.--
Michel. Aber gegen alle kann man h?flich sein, d?cht' ich!
Selicour. Freilich! Freilich! Es war eine ungl��ckliche Zerstreuung!--
Michel. Eine sehr unangenehme f��r mich, Herr Selicour!
Selicour. Es thut mir leid, sehr leid--ich kann mir's in Ewigkeit nicht vergeben--
Michel. Lassen wir's gut sein!
Selicour. Nun! Nun!--ich habe Ihnen meinen Eifer bewiesen--der liebe, liebe Neffe, der w?re denn nun versorgt!
Michel. Eben komm' ich von ihm her; er ist nicht auf den Kopf gefallen, der Bursch!
Selicour. Der junge Mann wird seinen Weg machen. Z?hlen Sie auf mich.
Michel. Schreibt er nicht seine saubre Hand?
Selicour. Er schreibt gar nicht ��bel!
Michel. Und die Orthographie--
Selicour. Ja! Das ist das Wesen!
Michel. H?ren Sie, Herr Selicour! Von meinem Briefe an Sie lassen Sie sich gegen den gn?digen Herrn nichts merken. Er hat uns, da er zur Stadt reiste, streng anbefohlen, um nichts zu sollicitieren.--Er ist so etwas wunderlich, der Herr!
Selicour. Ist er das? So! So!--Sie kennen ihn wohl sehr gut, den Herrn Minister?
Michel. Da er auf einem vertrauten Fu? mit seiner Dienerschaft umgeht, so wei? ich ihn auswendig,--und kann Ihnen,
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