Der Kalendermann vom Veitsberg | Page 2

O. Glaubrecht
wo aber das Leben, das aus Gott ist, in manchem D?rfchen, in manchem unscheinbaren Haus eine trauliche St?tte gefunden hatte, und dort zu Thaten trieb, die auch in Gott gethan waren. Erwartest du, da? ich dir von Menschen erz?hle, die Tausende beglückt oder über die Tausende geweint, da? ich dich mit Staunen erregenden Begebenheiten unterhalte, oder wohl gar Mordgeschichten dir vor's Auge führe, wie das hin und wieder geschieht; dann, mein lieber Leser, lege das Büchlein schon jetzt bei Seite. Nein, in ein stilles D?rfchen, auf einer grünen H?he im lieben Vaterland, will ich dich führen; in ein H?uschen will ich dich geleiten, arm und klein; von einem Manne will ich dir erz?hlen, der im kleinen Kreise des Guten viel that, und hei? geliebt und innig betrauert zum Herrn ging, an den er im Leben treu geglaubt hatte. Noch spricht man in jenen Th?lern, wo unsere Geschichte sich zugetragen, vom Kalendermann vom Veitsberg, noch steht sein H?uschen in seinem alten Zustande da, noch grünen die B?ume, die er gepflanzt, noch weht sein guter Geist des Glaubens und der Liebe in den Enkeln seiner Schüler. Ist auch Manches untergegangen, was er gewirkt, sein Ged?chtni? lebt noch im Segen, und manches Blatt Papier gibt hier und da Zeugni? von seinem Flei? und seiner Fr?mmigkeit.
Und so begleite mich denn, mein lieber Leser, in die Heimath des Kalendermanns. Ich wei? gut Bescheid daselbst, denn sie ist auch meine Heimath, mein liebes Hessenland, mit seinen grünen Hügeln und waldigen H?hen und fruchtbaren Ebenen, auf die Gottes Auge allezeit segnend herabblicken m?ge! W?hrend ich die gelben Bl?tter betrachte, die der Kalendermann geschrieben, denk' ich der Zeit, wo ich am Haag, der sein Grab umgr?nzt, Veilchen gesucht, oder von seinen B?umen die Kirschen gebrochen. Lieb ist mir sein Ged?chtni?, m?chte es auch dir lieb werden! --

2. Der Gallusmarkt.
Es war Gallustag des Jahres 17.., und in Grünberg, dem freundlichen St?dtchen im Lande Hessen, war Jahrmarkt. Weithin über die Felder am westlichen Theile der Stadt breitete sich eine vielfache Reihe von Zelten aus, manche einfach von Leinwand, manche gro? und mit mehr Kunst von Baum?sten aufgeführt, zum Nutzen und Vergnügen der Marktg?ste. Da sah man hoch aufgeschichtet die Holzwaaren vom Vogelsberg, L?ffel und Küchenger?the, zierlich mit Figuren geschmückt, und vor Allem Spinnr?der, bunt von Farben und künstlich ausgedreht, mit Ringlein und h?lzernen Springm?nnlein, die bei jedem Umschwung des Rades tanzten. Zwischen den Spinnr?dern durch gingen sittig und prüfend die M?gdlein, mit den Kr?mern feilschend, und der Winterabende gedenkend, wo die bunten R?der zum lustigen Gespr?ch der Spinnstube schnurren sollten.
Und neben die Spinnr?der hatten die B?nderkr?mer aus Sachsen ihre Buden aufgeschlagen. Hoch von den Stangen herab flatterten lustig und lockend, von Seide und Wolle, theuer und wohlfeil, aber brauchbar und sehr beliebt, die bunten B?nder, und die Kr?mer priesen den M?gdlein die breiten, mit Flittergold durchwirkten Streifen zu Rockenb?ndern an.
Von vielen Kunden besucht, bekannten und unbekannten, und manchen Gru? rufend und manchen H?ndedruck gebend, sah man dort die Schuhmacher von Alsfeld und Homberg guten Markt halten, w?hrend die Messerschmiede von Lauterbach mit den Kindern um die Batzenmesserlein feilschten, klein und mit h?lzernen Stielen, inde? der Kaufmann von fern her, auf dem Nagel den Stand der Messer und Gabeln prüfte und dutzendweise sie mit sich nahm.
Hell gl?nzten dort in der Octobersonne die Zelte und Buden der Blech- und Kupferschmiede von Grünberg, und ihnen zur Seite hatten auf dem grünen Rasen einer Wiese zwischen den Herbstzeitlosen, die Niemand beachtete, die T?pfer von Marburg und Hausen ihre br?uchliche Waare ausgestellt.
Es war gute Zeit im Lande, die Erndte war reichlich ausgefallen, in den S?cken des Bauern war Geld und die Kaufleute waren billig und lie?en Alles um den halben Preis, wie sie sagten, aus lauter guter Freundschaft. Wohin man nur sah, da bemerkte man frohe Gesichter. Selbst um die Bude eines reisenden Doctors her gab's mehr Lachen, als Weinen; denn so schrecklich der Mann selber aussah in seiner ungeheuren Perücke und seinem dreieckten Bordenhut darauf und seinem rothen Rock mit thalergro?en Stahlkn?pfen und seinem Halsband von Menschenz?hnen; so hatte er doch neben sich ein M?nnlein stehen, bunt gekleidet und immer lachend, das mit seinen Sp??en auch die bittersten Pillen und Pulver versü?te, und so drollige Gesichter schnitt, w?hrend er die K?pfe zum Zahnausziehen hielt, da? aller Schmerz nicht der Rede werth war.
Und was doch in der Bude gegenüber das Bier so trefflich schmeckte und die Würste so lieblich dufteten; denn wer that's je den Metzgern von Grünberg in ihrer Blutwurst gleich! Nur Einer wagte zu versichern, die seine sei besser, fetter und delicater, das war ein Metzger aus Schotten, der seine Bude nicht fern von dem Grünberger aufgeschlagen hatte, und allen Kunden mit Stirnrunzeln nachsah, die hinüber zu dem Grünberger gingen; ?denn Schotten?, sagt er, ?liefert die beste Wurst auf weit und breit;? und ?alls herein, meine Herrn?, rief er, ?alls herein, hier ist
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