Der Hofmeister | Page 5

Jacob Michael Reinhold Lenz
ich so meinen.--Nun sag, was soll ich schw?ren?
Gustchen. Da? Du in drey Jahren von der Universit?t zurückkommen willst und Dein Gustchen zu Deiner Frau machen; Dein Vater mag dazu sagen, was er will.
Fritz. Und was willst Du mir dafür wieder schw?ren, mein englisches... (kü?t sie)
Gustchen. Ich will schw?ren, da? ich in meinem Leben keines andern Menschen Frau werden will, als Deine und wenn der Kaiser von Ru?land selber k?me.
Fritz. Ich schw?r Dir hunderttausend Eide--(Der geheime Rath tritt herein: beyde springen mit lautem Geschrey auf.)
Sechste Scene.
Geh. Rath. Was habt Ihr n?rrische Kinder? Was zittert Ihr?--Gleich, gesteht mir alles. Was habt Ihr hier gemacht? Ihr seyd beyde auf den Knien gelegen.--Junker Fritz, ich bitte mir eine Antwort aus; unverzüglich:--Was habt Ihr vorgehabt?
Fritz. Ich, gn?digster Papa?
Geh. Rath. Ich? und das mit einem so verwundrungsvollen Ton? Siehst Du: ich merk' alles. Du m?chtest mir itzt gern eine Lüge sagen, aber entweder bist Du zu dumm dazu, oder zu feig, und willst Dich mit Deinem Ich? heraushelfen. ... Und Sie Mühmchen?--Ich wei?. Gustchen verheelt mir nichts.
Gustchen. (f?llt ihm um die Fü?e) Ach, mein Vater--
Geh. Rath. (hebt sie auf und kü?t sie.) Wünschst Du mich zu Deinem Vater? Zu früh, mein Kind, zu früh Gustchen, mein Kind. Du hast noch nicht communicirt. --Denn warum soll ich euch verheelen, da? ich euch zugeh?rt habe.--Das war ein sehr einf?ltig Stückchen von Euch beyden; besonders von Dir, gro?er vernünftiger Junker Fritz, der bald einen Bart haben wird wie ich, und eine Perücke aufsetzen und einen Degen anstecken. Pfuy, ich glaubt' einen vernünftigern Sohn zu haben. Das macht Dich gleich ein Jahr jünger, und macht, da? Du l?nger auf der Schule bleiben mu?t. Und Sie, Gustchen, auch Ihnen mu? ich sagen, da? es sich für Ihr Alter gar nicht mehr schickt, so kindisch zu thun. Was sind das für Romane, die Sie da spielen? Was für Eide, die Sie sich da schw?ren, und die Ihr doch alle beyde so gewi? brechen werdet als ich itzt mit Euch rede. Meynt Ihr, Ihr seyd in den Jahren, Eide zu thun, oder meynt Ihr, ein Eid sey ein Kinderspiel, wie es das Versteckspiel oder die blinde Kuh ist? Lernt erst einsehen, was ein Eid ist: lernt erst zittern dafür und alsdenn wagt's, ihn zu schw?ren. Wi?t, da? ein Meineidiger die sch?ndlichste und unglücklichste Creatur ist, die von der Sonne angeschienen wird. Ein solcher darf weder den Himmel ansehen, den er verleugnet hat, noch andere Menschen, die sich unaufh?rlich vor ihm scheuen, und seiner Gesellschaft mit mehr Sorgfalt ausweichen, als einer Schlange oder einem tückischen Hunde.
Fritz. Aber ich denke meinen Eid zu halten.
Geh. Rath. In der That Romeo? Ha! Du kannst Dich auch erstechen, wenn's dazu kommt. Du hast geschworen, da? mir die Haare zu Berg standen. Also gedenkst Du Deinen Eid zu halten?
Fritz. Ja Papa, bey Gott! ich denk' ihn zu halten.
Geh. Rath. Schwur mit Schwur bekr?ftigt!--Ich werd' es Deinem Rektor beibringen. Er soll Euch auf vierzehn Tage nach Sekunda herunter transportiren, Junker: inskünftige lernt behutsamer schw?ren. Und worauf? Steht das in Deiner Gewalt, was Du da versicherst? Du willst Gustchen heyrathen! Denk doch! wei?t Du auch schon, was für ein Ding das ist, Heyrathen? Geh doch, heyrathe sie: nimm sie mit auf die Akademie. Nicht? Ich habe nichts dawider, da? ihr Euch gern seht, da? Ihr Euch lieb habt, da? Ihrs Euch sagt, wie lieb Ihr Euch habt; aber Narrheiten mü?t Ihr nicht machen; keine Affen von uns Alten seyn, eh' Ihr so reif seyd als wir; keine Romane spielen wollen, die nur in der ausschweifenden Einbildungskraft eines hungrigen Poeten ausgeheckt sind und von denen Ihr in der heutigen Welt keinen Schatten der Wirklichkeit antrefft. Geht! ich werde keinem Menschen was davon sagen, damit ihr nicht n?thig habt roth zu werden, wenn Ihr mich seht.--Aber von nun an sollt ihr einander nie mehr ohne Zeugen sehen. Versteht Ihr mich? Und Euch nie andere Briefe schreiben als offene und das auch alle Monathe, oder h?chstens alle drey Wochen einmal, und sobald ein heimliches Briefchen an Junker Fritz oder Fr?ulein Gustchen entdeckt wird--so steckt man den Junker unter die Soldaten und das Fr?ulein ins Kloster, bis sie vernünftiger werden. Versteht ihr mich?--Jetzt-- nehmt Abschied, hier in meiner Gegenwart.--Die Kutsche ist angespannt, der Major treibt fort; die Schw?gerin hat schon Caffee getrunken.--Nehmt Abschied: Ihr braucht Euch vor mir nicht zu scheuen. Geschwind, umarmt Euch. (Fritz und Gustchen umarmen sich zitternd) Und nun mein Tochter Gustchen, weil Du doch das Wort so gern h?rst, (hebt sie auf und kü?t sie) Leb tausendmal wohl, und begegne Deiner Mutter mit Ehrfurcht; sie mag Dir sagen was sie will.--Jetzt geh, mach!--(Gustchen geht einige Schritte, sieht sich um; Fritz fliegt ihr weinend an den Hals.) Die beyden Narren brechen mir das Herz! Wenn doch der Major vernünftiger werden wollte, oder seine Frau weniger herrschsüchtig!--

Zweyter Akt.
Erste Scene.
Pastor L?uffer. Der geheime Rath.
Geh.
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