Das goldene Vliess | Page 3

Franz Grillparzer
schonen wolltest, sie töten uns! In vollem Zug hierher die fremden
Männer! Weh uns! Waffen! Waffen!
(Der Bote kommt wieder.)
Bote. Der Führer, Herr, der fremden Männer!--
Aietes. Was will er? Meine Krone, mein Leben? Noch hab' ich Mut,
noch hab' ich Kraft Noch wallt Blut in meinen Adern Zu tauschen Tod
um Tod!
Bote. Er bittet um Gehör.
Aietes. Bittet?
Bote. Freundlich sich mit dir zu besprechen Zu stiften friedlichen
Vergleich.
Aietes. Bittet? und hat die Macht in Händen, Findet uns unbewehrt, er
in Waffen, Und bittet, der Tor!
Bote. In dein Haus will er treten, Sitzen an deinem Tische, Essen von
deinem Brot Und dir vertrauen Was ihn hierher geführt.
Aietes. Er komme, er komme. Hält er Friede nur zwei Stunden, Später
fürcht' ich ihn nicht mehr. Sag' ihm, daß er nahe, Aber ohne Schild
ohne Speer, Nur das Schwert an der Seite, Er und seine Gesellen. Dann
aber geh und biet auf die Getreuen Rings herum im ganzen Lande Heiß
sie sich stellen gewappnet, bewehrt Mit Schild und Panzer mit Lanz'
und Schwert Und sich verbergen im nahen Gehölz Bis ich winke, bis
ich rufe.--Geh!
(Bote ab.)
Ich will dein lachen du schwacher Tor! Du aber Medea, sei mir
gewärtig! Einen Trank, ich weiß es, bereitest du Der mit sanfter,
schmeichelnder Betäubung Die Sinn' entbindet ihres Diener-Amts Und
ihren Herrn zum Sklaven macht des Schlafs. Geh hin und hole mir von
jenem Trank!
Medea. Wozu?
Aietes. Geh, sag' ich, hin und hol' ihn mir! Dann komm zurück. Ich will

sie zähmen diese Stolzen!
(Medea ab.)
Aietes
(gegen den Altar im Hintergrunde gewandt).) Peronto, meiner Väter
Gott! Laß gelingen, was ich sinne Und teilen will ich, treu und redlich
Was wir gewinnen von unsern Feinden. (Kriegerische Musik.)
Bewaffnete Griechen (ziehen auf, mit grünen Zweigen in der Hand.
Der letzte geht) Phryxus, (in der linken Hand gleichfalls einen grünen
Zweig, in der Rechten ein goldenes Widderfell, in Gestalt eines
Panieres auf der Lanze tragend.) Bewaffnete Kolcher (treten von der
andern Seite ein. Die Musik schweigt.) (Indem Phryxus an dem im
Hintergrunde befindlichen Altar und der darauf stehenden Bildsäule
vorbeigeht, bleibt er, wie von Erstaunen gefesselt stehn, dann spricht
er:)
Phryxus. Kann ich den Augen traun?--Er ist's, er ist's! Sei mir gegrüßt,
du freundliche Gestalt, Die mich durch Wogensturm und
Unglücksnacht Hierher geführt an diese ferne Küste, Wo Sicherheit
und einfach stille Ruh Mit Kindesblicken mir entgegen lächeln. Dies
Zeichen, das du mir als Pfand der Rettung In jener unheilvollen Stunde
gabst Und das, wie der Polarstern vor mir leuchtend, Mich in den
Hafen eingeführt des Glücks, Ich pflanz' es dankbar auf vor deinem
Altar Und beuge betend dir ein frommes Knie, Der du ein Gott mir
warest in der Tat Wenn gleich dem Namen nach, mir Fremden, nicht!
(Er knieet.)
Aietes (im Vorgrunde). Was ist das? Er beugt sein Knie dem Gott
meiner Väter! Denk' der Opfer, die ich dir gebracht, Hör' ihn nicht
Peronto, Höre den Fremden nicht!
Phryxus (aufstehend). Erfüllet ist des Dankens süße Pflicht. Nun führt
zu eurem König mich! Wo weilt er?
(Die Kolcher weichen schweigend und scheu zu beiden Seiten aus dem
Wege.)

Phryxus (erblickt den König, auf ihn zugehend). In dir grüß' ich den
Herrn wohl dieses Landes?
Aietes. Ich bin der Kolcher Fürst!
Phryxus. Sei mir gegrüßt! Es führte Göttermacht mich in dein Reich,
So ehr' in mir den Gott, der mich beschützt. Der Mann, der dort auf

jenem Altar thront, ist er das Bildnis eines der da lebte? Wie, oder ehrt
ihr ihn als einen Himmlischen?
Aietes. Es ist Peronto, der Kolcher Gott.
Phryxus. Peronto! Rauher Laut dem Ohr des Fremden, Wohltönend
aber dem Geretteten. Verehrst du jenen dort als deinen Schützer So
liegt ein Bruder jetzt in deinem Arm, Denn (Brüder) sind ja Eines
Vaters Söhne.
Aietes (der Umarmung ausweichend). Schützer er dir?
Phryxus. Ja, du sollst noch hören. Doch laß mich bringen erst mein
Weihgeschenk.
(Er geht zum Altar und stößt vor demselben sein Panier in den Boden.)
Medea (kommt mit einem Becher.)
Medea (laut). Hier Vater ist der Trank!
Aietes (sie gewaltsam auf die Seite ziehend, leise). Schweig Törichte!
Siehst du denn nicht?
Medea. Was?
Aietes. Den Becher gib der Sklavin Und schweig!
Medea. Wer ist der Mann?
Aietes. Der Fremden Führer, schweig!
Phryxus (vom Altare zurückkommend). Jetzt tret' ich leicht erst in dein
gastlich Haus! Doch wer ist dieses blühend holde Wesen, Das, wie der
goldne Saum der Wetterwolke Sich schmiegt an deine krieg'rische
Gestalt? Die roten Lippen und der Wange Licht Sie scheinen Huld und
Liebe zu verheißen, Streng widersprochen von dem finstern Aug, Das
blitzend wie ein drohender Komet Hervorstrahlt aus der Locken
schwarzem Dunkel. Halb Charis steht sie da und halb Mänade,
Entflammt von ihres Gottes heil'ger Glut. Wer bist du, holdes
Mädchen?
Aietes. Sprich Medea!
Medea (trocken). Medea bin ich, dieses Königs Kind!
Phryxus.
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