Das Maerchen von dem Myrtenfraeulein | Page 7

Clemens Brentano
wu?te nicht, was dies sein konnte, denn er wu?te von dem Myrtenfr?ulein nichts; da erz?hlte ihm das junge Fr?ulein, welches weinend in einer Ecke sa?, alles. Sie nahmen unter bittern Tr?nen alle Glieder und Knochen der Unglücklichen zusammen und begruben sie unter dem zerst?rten Myrtenbaum in das Gef??, so da? alles einen kleinen Grabhügel bildete; sodann wuschen sie den Boden so rein sie konnten, und begossen den Baum mit dem blutverschmierten Wasser, r?umten die Stube auf, schlossen sie zu, und flohen in gro?er Angst miteinander; doch nahm das Fr?ulein eine Locke der unglücklichen Gemordeten zum Andenken mit.
Unterdessen waren die Vorbereitungen zu der Hochzeit beinahe fertig, und der Prinz, der das wilde Schwein vergebens aufgesucht hatte, kehrte nach der Stadt zurück. Sein erster Gang war zu dem guten T?pfer und seiner Frau, welchen er seine Geschichte mit dem Myrtenfr?ulein erz?hlte und sie um die Hand ihrer Tochter bat. Die guten Leute waren vor Entzücken fast au?er sich, als sie vernahmen, da? in ihrem Myrtenbaum ihnen eine Tochter erwachsen sei, und wu?ten nun, warum sie denselben so ungemein liebgehabt hatten. Freudig willigten sie in die Bitte des Prinzen ein und begleiteten ihn in das Schlo?, um ihre wunderbare Tochter zu sehen. Als sie nun zusammen in das Zimmer traten, wo die Myrte stand, sahen ihre Augen ein trauriges Schauspiel:--am Boden noch viele blutige Spuren, und der geliebte Baum entbl?ttert und verletzt, neben ihm aber ein Grabhügel. Der Prinz rief, der T?pfer rief, die T?pferin rief: "O meine geliebte Braut! o mein teures Kind! mein einziges liebes T?chterchen! o wo bist du, la? dich sehen vor deinen unglücklichen Eltern!" Aber nichts rührte sich, und ihre Verzweiflung war unbegrenzt. Die drei armen Unglücklichen sa?en nun ganze Tage und begossen den Myrtenbaum mit ihren Tr?nen, und das ganze Land war bestürzt und traurig.
Unter solchen Schmerzen pflegten und warteten der Prinz und der T?pfer nebst seiner Frau den kranken Myrtenbaum aufs z?rtlichste, und er begann wieder Zweige zu treiben, worüber sie sehr erfreut wurden, und er war schon wieder ganz hergestellt, nur fehlten ihm an dem Wipfel einige Bl?tter und an einem seiner beiden Haupt?ste die ?u?ersten fünf Sprossen und an dem andern vier, neben welchen der fünfte zu keimen anfing. Diesen fünften Spro? beobachtete der Prinz alle Tage, und wie entzückt war er nicht, als er eines Morgens diesen Spro? ganz erwachsen und den Ring, den er dem Myrtenfr?ulein gegeben, an demselben wie an einem Finger befestigt sah. Sein Entzücken war unbeschreiblich; denn er glaubte nun, das Myrtenfr?ulein müsse noch leben. In der n?chsten Nacht sa? er mit dem T?pfer und der T?pferin bei dem Baum, und sie flehten die Myrte so z?rtlich um ein Lebenszeichen an, da? der Baum endlich zu s?useln begann und folgende Worte sang:
Habt Erbarmen, An zwei Armen Fehlen mir neun Fingerlein. Lieber Prinz! in deinem Reiche Wachsen jetzt neun Myrtenzweige, Und sie sind mein Fleisch und Bein. Habt Erbarmen, Schafft mir Armen Wieder die neun Fingerlein.
Der Prinz und die Eltern waren durch dies traurige Lied sehr gerührt, und der Prinz lie? den andern Tag im ganzen Lande bekanntmachen, wer ihm die sch?nsten Myrtenzweige bringe, den wolle er mit seiner k?niglichen Hand belohnen. Dieses kaum auch zu den Ohren der Mordfr?ulein, welche die arme Myrte so schrecklich gemartert hatten, und sie waren sehr froh darüber: denn sie hatten die neun Finger des Myrtenfr?uleins, jede den ihren, in einen Topf mit Erde vergraben, und es waren kleine Myrtensprosse daraus erwachsen. Sie putzten sich gleich sch?n an und kamen eine nach der andern mit ihren Myrtenzweigen ins Schlo?; denn sie glaubten, die Worte des Prinzen wollten soviel sagen, als wolle er die überbringerin der sch?nsten Myrte heiraten. Der Prinz lie? ihnen die Myrtenzweige abnehmen und versprach ihnen seiner Zeit Antwort sagen zu lassen; sie m?chten sich nur zum Feste vorbereiten. Als er nun alle die neun Zweige neben den gro?en Baum gestellt hatte, sprach die Stimme aus dem Baum:
Willkomm, willkomm, neun Zweigelein! Willkomm, willkomm, neun Fingerlein! Willkomm, willkomm, mein Fleisch und Bein! Willkomm, willkomm, zum Topf herein!
Da begrub der Prinz die neun Zweige und die neun Finger unter die Myrte, welche noch denselben Tag die neun fehlenden Sprossen trieb. Nun aber kam noch das jüngste Fr?ulein, welche nur die Haarlocke genommen und ihr den Ringfinger gelassen hatte, und warf sich dem Prinzen zu Fü?en und sagte: "Herr! ich habe keine Myrte und habe auch keine haben wollen; aber diese Locke gebe ich in deine Hand und bitte dich um eine Gnade." Der Prinz versprach sie ihr, und sie erz?hlte ihm, wie die ganze Mordtat geschehen sei, und bat ihn, er m?ge seinem entflohenen Kammerherrn verzeihen und sie mit demselben verm?hlen. Da gab ihr der Prinz einen Gnadenbrief für denselben, und sie lief zu ihm in den Wald, wo er sich in einem hohlen Baum versteckt hatte, in den sie ihm t?glich zu essen
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