Das Maedchen aus der Feenwelt | Page 9

Ferdinand Raimund
so hören Sie denn auch meinen Schwur, Sie
Vorsteher der würdigen Schneckenzunft. (In diesem Augenblick
kommt hinter Wurzel ein kleiner Satyr mit Pferdefüßen, auf einer
abgebrochenen Säule sitzend, aus der Versenkung. Er hat eine
schwarze Tafel und schreibt Wurzels Schwur darauf.) Nicht eh darf
diese Verbindung vollzogen werden, bis aus dem Blut, das wie
geschmolznes Eisen glüht, ein Himbeergefrornes wird--bis diese
kräftgen Zwillingsbrüder, meine Fäust, so kraftlos sind, daß ich nicht
einmal einen Kapauner mehr transchieren kann-- bis dieses
kienrußschwarze Haupt sich in einen Gletscher verwandelt--kurz, bis
ich so ausschau, daß ich auf den Aschenmarkt hinaus ghör!--Dann
fragen Sie sich wieder an, mein lieber Schneckensensal, dann halt ich
Ihren Fischer mein Wort.
Ajaxerle (rasch). Schlage Sie ein, es gilt! (Hält die Hand hin.)
Wurzel (schlägt ein). So wahr ich auf der Welt bin, und jetzt--(stark)
Punktum!
Satyr (mit kräftiger Schadenfreude). Satis! (Er hat bei den Worten
Wurzels: "So wahr ich auf der Welt bin" geendet. Schlägt bei dem
Wort: "Satis" mit der flachen Hand auf die Tafel, macht dann schnell
eine drohende Bewegung hinter Wurzel und versinkt wieder.)
Ajaxerle. So, und jetzt lebe Sie wohl, Sie Herr von Wurzle. Vergesse
Sie nicht auf Ihren Schwur, malträtiere Sie nur das arme Mädle da,
verachte Sie den ehrlichen Bauernstand, halte Sie sich an Ihre
Saufbrüderle. Aber weh Ihnen, wenn Sie den Schneckenhändler aus
den Reich wieder einmal zu Gesicht kriege werde. Verstehe Sie mich?
Weh Ihne! das merke Sie sich wohl, Sie Hasenfuß. (Läuft ab.)
Wurzel (ergreift im Zorn einen Stuhl und eilt ihm nach). Wart, du
schwäbische Krautstauden! (Ab.)

Zehnter Auftritt
Karl. Ajaxerle. Vorige.

Karl (im Bauernkleide, stürzt auf Lottchen zu). Lottchen, liebes, gutes
Lottchen! Sprech ich dich endlich einmal!
Lottchen (ihre Freude zurückhaltend). Karl! ach mein lieber, lieber
Karl!
Karl. Wie? so lange sind wir getrennt, und du empfängst mich so kalt,
so herzlos?
Lottchen. Aber Karl, dieser Herr--
Karl. Ah, was liegt uns an den Herrn, das scheint gar eine ehrliche Haut
zu sein. Nicht wahr, lieber Freund, Sie nehmens nicht übel?
Ajaxerle (als schwäbischer Handelsmann, trägt einen Kaput mit
zinnernen Knöpfen, dreieckigten Hut). Ah freilich, genieren Sie sich
nicht, deswegen sind wir ja da.
Karl. Ja, wenn ich mein Lottchen sehe, da vergesse ich auf die ganze
Welt. (Umarmt sie.) Ach Lottchen, was wird aus uns werden? Ich hätte
mich noch nicht heraufgetraut, wenn du mich nicht durch diesen Herrn
hättest rufen lassen.
Lottchen. Durch diesen Herrn?
Karl. Jawohl, dieser Herr kam heute zu mir auf den Markt und sagte, du
hättest ihn geschickt, mich zu dir zu führen, wenn dein Vater ausgeht.
Lottchen. Aber Karl, was ist denn das, ich kenne ja diesen Herrn gar
nicht?
Karl. Wie?
Ajaxerle. Ja, wissen Sie, warum Sie mich nicht kennt? Sie hat mich
noch nie gsehen.
Karl. Herr, wie können Sie sich unterstehn, mit uns Spaß zu machen?
Ajaxerle. Ich will mir aber ein Spaß machen, ich will euch glücklich

machen. Ihr Tausendsappermenter! Schlagts ein, verlaßt euch auf mich,
ich bin ein ehrlichs Büble. Ich darf euch noch nicht sagen, was ich bin,
aber unter uns gesagt ich bin was. Erstens bin ich ein Schwabe, und
dann bin ich noch was, und wenn binne zwei Tagen nicht Hochzeit
wird, so könnts mir was antun. Verlaßts euch nur auf mich, ich werd
den Bauer schon herumkriegen und sagt er nein so ist bis heute abend
doch die ganze Pastete in Ordnung. (Zu Karl.) Gehen Sie nur getrost
nach Haus und warte Sie auf mich in Ihrer Hütte.
Lottchen (springt vor Freude). Ists möglich? Ach Karl, wir wollen ihm
vertrauen--
Wurzel (von innen). Aufdecken lassen!
Lottchen. Himmel! Der Vater kömmt zurück! Ach, wenn er dich sieht,
so ist alles verloren.
Karl. Leb wohl, ich entspringe. (Will abgehen.)
Lottchen. Du läufst ihm ja entgegen. Ich will sehen, ob er nach dem
Garten geht, dann schnell hinab, sonst sind wir verloren. (Eilt schnell
ab.)
Ajaxerle (ihr nachrufend). Fürchte Sie sich nicht! Bleibe Sie da!
Karl. Verdammte Geschichte, der Alte kommt herauf.
Ajaxerle. Das macht nichts, er wird uns nicht beiße. Aber weil ich das
Ding gar fein anstelle will, so schlupfe Sie derweile in den Kasten
hinein.
Karl (probiert am Kasten). Er ist verschlossen!
Ajaxerle. Warte Sie, er wird gleich offen sein! Ich hab ja mein
Werkzeugle bei mir. (Er zieht schnell einen Zauberkreis, ein kleines
Buch und ein kurzes Stäbchen aus der Tasche, stellt sich in den Kreis
und schnattert die Worte.) Pitschill! Putschill! Frisill! sauf! Kästerle!
Kasterle! tu dich doch auf! (Schlägt mit dem Stab auf das Buch. Der

Kasten springt auf und verwandelt sich dadurch in eine transparente
Laube mit einem Rasensitz. Karl springt erstaunt hinein, die Flügel
schließen sich, und der Kasten steht wieder wie vor da. Ajaxerle steckt
seine Zauberrequisiten ein.)
Lottchen (stürzt herein). Es ist umsonst, er folgt mir auf dem Fuß! Wo
ist Karl?
Ajaxerle (deutet auf den Kasten).
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