Das Maedchen aus der Feenwelt | Page 2

Ferdinand Raimund
Furioso?
Zenobius. Von einer Furie.
Bustorius. Das ist schön, Furie kann am besten machen Furioso.
Borax. Aber Mama, mich loben s' gar nicht.
Antimonia. Sei nur still!
Bustorius. Das kleine Bübel greift aber manchmal ein bissel falsch.
Antimonia (die währenddem ihrem Sohn immer den Schweiß von der
Stirne gewischt hat). Mein Herr! das könnte mich beleidigen. Er ist der
erste Violinspieler im ganzen Feenreich, er hat einen englischen
Meister, der für jede Lektion zweihundert Schillinge bekommt.
Zenobius. Ganz gut, aber überlassen Sie sein Lob andern Leuten.
Antimonia. Wer kann ihn unparteiischer beurteilen als ich, seine Mutter?
(Eitel.) Obwohl mirs, meiner Jugend und meiner Reize wegen, niemand
ansieht, daß ich seine Mutter bin.
Bustorius. Nein, hätt ich Ihnen für seine Großmutter gehalten.
Antimonia. O Sie einfältiger Zauberer! (Borax weint laut.) Pfui! mein
Boraxi, mußt nicht weinen. Hörst! mußt gar nicht aufmerken auf die
abscheuligen Leute da.
Borax. (weinerlich). Freilich, was liegt denn mir an den Leuten, die
können alle weniger als ich.
Antimonia. Ja mein Bubi, so ists recht! Jetzt bist brav!

Zenobius (lachend). Bravissimo!
Bustorius (lachend). Das ist gute Erziehung. Buben tut sie schön, und
Meister gibt sie Schilling.
Antimonia. Beleidigen Sie mich nicht länger, oder ich verlasse die
Gesellschaft -- (Will fort.)
Zenobius. Bleiben Sie. Hat Lakrimosa Sie darum zu sich gebeten, um
zu streiten? Sie wird den Augenblick erscheinen, sie empfängt nur
ihren Vetter, den sie aus Donau-Eschingen erwartet hat und der wie Sie
alle im Hexengasthof abgestiegen ist, weil im Palast hier niemand
wohnen darf.
Antimonia. Gut, aus Höflichkeit will ich bleiben, aber schweigen kann
ich nicht, durchaus nicht!
Bustorius. Das ist liebenswürdige Frau, wenn ich einmal heirate, nimm
ich keine andere, aber sie auch nicht.

Zweiter Auftritt
Ein Feendiener. Vorige.
Diener. Die Fee.
Bustorius. Sie sieht noch gut aus vom weiten.
Zenobius. Das Schicksal hat sie mit ewiger Jugend beschenkt, darum
hat der Gram ihre Reize geschont.

Dritter Auftritt
Lakrimosa erscheint mit betrübter, aber doch höflicher Miene. Ajaxerle
im schwäbischen gestreiften Zauberhabit. Er ist sehr geschäftiger,
gutmütiger Natur. Trippelt gerne herum und sagt alles mit

dummlachender Miene, als freute ihn alles, was er spricht.
Vorige.
Alle. Vivat die Hausfrau!
Lakrimosa. Es freut mich, meine werten Gäste, wenn Sie sich gut
unterhalten haben.
Alle. Vortrefflich!
Lakrimosa. Hier stell ich Ihnen meinen geliebten Vetter vor, Magier
aus Schwabenland.
Ajaxerle (im schwäbischen Dialekte). Freut mich, Sie allerseits
kennenzulernen.
Alle. Freut uns!
Bustorius. Was Teuxel! das ist ja der Ajaxerle?
Ajaxerle. Der Tausend, wie kommen denn Sie daher? ah Herrjegerle,
das freut mich! (Umarmt ihn.)
Lakrimosa. Kennen sich die Herren?
Ajaxerle. Das glaub ich. Wo haben wir denn nur geschwind
Freundschaft geschlossen?
Bustorius. Wissen Sie nicht? Auf dem letzten Geisterdiner in
Temeswar.
Ajaxerle. Richtig! wo Sie mir die Bouteille Wein an den Kopf geworfe
habe, da hab ich die Ehr gehabt, Sie kennezulerne.
Lakrimosa (tritt zwischen beide). Genug, meine Herren, diese schönen
Erinnerungen ein andersmal. An mir ist die Reihe. (Überblickt alle mit
Wohlgefallen, dann spricht sie mit Gefühl.) Ja, es ist keines
ausgeblieben, alle sind sie hier, die mein Schmerz zu sich bitten ließ.

Türkische, böhmische und ungarische Wolken haben sie zu mir
getragen. (Jedem die Hand reichend.) Mein Bustorius aus Warasdin,
meine Freundin, die Nymphe von Karlsbad, sogar Selima und Zulma,
die Feen von der türkischen Grenze. Du stille Nacht, an deren Busen
ich so oft mein sinnend Haupt gelegt. Der Morgen und der Abend.
Blödsinn und Faulheit et cetera, et cetera, alle, alle sind sie hier.
Bustorius. Ist das Freude, sind wir alle da!
Lakrimosa. Und nun hören Sie die Ursache, warum ich Sie auffordern
ließ, ihre Wolkenschlösser zu verlassen und mir in meiner bedrängten
Lage Beistand zu leisten.
Alle. Erzählen Sie. (Alle setzen sich.)
Lakrimosa. Es sind nun volle achtzehn Jahre, als ich an einem heitern
Juliustage auf einem Sonnenstrahl nach der Erde fuhr und mich in
Blitzesschnelle in einem angenehmen Tal befand. Vor mir stand ein
junger blonder Mann, sein edler Anstand und sein gemütliches Auge
bürgten für die Aufrichtigkeit seines Herzens. Ihn zu sehen und zu
lieben war das Werk eines Augenblicks. Es war der Direktor einer
reisenden Seiltänzergesellschaft, die in diesem einsamen Orte halt
machte und nicht mehr weiterziehen wollte, bis die für zweihundert
Gulden rückständige Gage augenblicklich gesichert wäre. Mein
Entschluß war gefaßt: er mein Gemahl oder keiner-- ich zauberte ihm
schnell einen Beutel Louisdors in die Tasche und flog, in eine girrende
Taube verwandelt, in mein Reich zurück. Mein Freund Zenobius sah
mich kommen. Erinnerst du dich noch?
Zenobius. Ja, es war an einem Mittwoch, und den Tag vorher haben wir
Holz bekommen.
Lakrimosa. Ihm übergab ich geschwinde die Schlüssel meines Palastes,
und um schneller die Erde zu erreichen, verwandelte ich mich in einen
Pfeil, und Zenobius schoß ihn in das Dach des Wirtshauses, welches
mein Geliebter indessen bezogen hatte. Ich stieg als reisende
Schauspielerin darin ab, und, um kurz zu sein,
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