Das Kaethchen von Heilbronn | Page 6

Heinrich von Kleist
Du stehst hier vor dem heimlichen Gericht! Auf jene b?se Kunst bin ich verklagt, Mit der ich mir, du wei?t, dein Herz gewann, Geh hin, und melde jetzo, was geschehn!
K?thchen (sieht ihn an und legt ihre H?nde auf die Brust). - Du qu?lst mich grausam, da? ich weinen m?chte! Belehre deine Magd, mein edler Herr, Wie soll ich mich in diesem Falle fassen?
Graf Otto (ungeduldig). Belehren--was!
Hans. Bei Gott! Ist es erh?rt?
Der Graf vom Strahl (mit noch milder Strenge). Du sollst sogleich vor jene Schranke treten, Und Rede stehn, auf was man fragen wird!
K?thchen. Nein! sprich! Du bist verklagt?
Der Graf vom Strahl. Du h?rst.
K?thchen. Und jene M?nner dort sind deine Richter?
Der Graf vom Strahl. So ists.
K?thchen (zur Schranke tretend). Ihr w��rdgen Herrn, wer ihr auch sein m?gt dort, Steht gleich vom Richtstuhl auf und r?umt ihn diesem! Denn, beim lebendgen Gott, ich sag es euch, Rein, wie sein Harnisch ist sein Herz, und eures Verglichen ihm, und meins, wie eure M?ntel. Wenn hier ges��ndigt ward, ist er der Richter, Und ihr sollt zitternd vor der Schranke stehn!
Graf Otto. Du, N?rrin, j��ngst der Nabelschnur entlaufen, Woher kommt die prophetsche Kunde dir? Welch ein Apostel hat dir das vertraut?
Theobald. Seht die Unselige!
K?thchen (da sie den Vater erblickt, auf ihn zugehend).
Mein teurer Vater!
(Sie will seine Hand ergreifen.)
Theobald (streng). Dort ist der Ort jetzt wo du hingeh?rst!
K?thchen. Weis mich nicht von dir.
(Sie la?t seine Hand und k��?t sie.)
Theobald.--Kennst du das Haar noch wieder, Das deine Flucht mir j��ngsthin grau gef?rbt?
K?thchen. Kein Tag verging, da? ich nicht einmal dachte, Wie seine Locken fallen. Sei geduldig, Und gib dich nicht unm??gem Grame preis: Wenn Freude Locken wieder dunkeln kann So sollst du wieder wie ein J��ngling bl��hn.
Graf Otto. Ihr H?scher dort! ergreift sie! bringt sie her!
Theobald. Geh hin, wo man dich ruft.
K?thchen (zu den Richtern, da sich ihr die H?scher n?hern).
Was wollt ihr mir?
Wenzel. Saht ihr ein Kind, so st?rrig je, als dies?
Graf Otto (da sie vor der Schranke steht). Du sollst hier Antwort geben, kurz und b��ndig, Auf unsre Fragen! Denn wir, von unserem Gewissen eingesetzt, sind deine Richter Und an der Strafe, wenn du freveltest Wirds deine ��berm��tge Seele f��hlen.
K?thchen. Sprecht ihr verehrten Herrn; was wollt ihr wissen?
Graf Otto. Warum, als Friedrich Graf vom Strahl erschien, In deines Vaters Haus, bist du zu F��?en Wie man vor Gott tut, nieder ihm gest��rzt? Warum warfst du, als er von dannen ritt' Dich aus dem Fenster sinnlos auf die Stra?e, Und folgtest ihm, da kaum dein Bein vernarbt, Von Ort zu Ort, durch Nacht und Graus und Nebel, Wohin sein Ro? den Fu?tritt wendete?
K?thchen (hochrot zum Grafen). Das soll ich hier vor diesen M?nnern sagen?
Der Graf vom Strahl. Die N?rrin, die verw��nschte, sinnverwirrte, Was fragt sie mich? Ists nicht an jener M?nner Gebot, die Sache darzutun, genug?
K?thchen (in Staub niederfallend). Nimm mir, o Herr, das Leben, wenn ich fehlte! Was in des Busens stillem Reich geschehn, Und Gott nicht straft, das braucht kein Mensch zu wissen; Den nenn ich grausam, der mich darum fragt! Wenn du es wissen willst, wohlan, so rede, Denn dir liegt meine Seele offen da!
Hans. Ward, seit die Welt steht, so etwas erlebt?
Wenzel. Im Staub liegt sie vor ihm-Hans. Gest��rzt auf Knieen-Wenzel. Wie wir vor dem Erl?ser hingestreckt!
Der Graf vom Strahl (zu den Richtern). Ihr w��rdgen Herrn, ihr rechnet, hoff ich, mir Nicht dieses M?dchens Torheit an! Da? sie Ein Wahn bet?rt, ist klar, wenn euer Sinn Auch gleich, wie meiner, noch nicht einsieht, welcher? Erlaubt ihr mir, so frag ich sie darum: Ihr m?gt, aus meinen Wendungen entnehmen, Ob meine Seele schuldig ist, ob nicht?
Graf Otto (ihn forschend ansehend). Es sei! Versuchts einmal, Herr Graf, und fragt sie.
Der Graf vom Strahl (wendet sich zu K?thchen, die noch immer auf Knieen liegt). Willt den geheimsten der Gedanken mir, Kathrina, der dir irgend, fa? mich wohl, Im Winkel wo des Herzens schlummert, geben?
K?thchen. Das ganze Herz, o Herr, dir, willt du es, So bist du sicher des, was darin wohnt.
Der Graf vom Strahl. Was ists, mit einem Wort, mir rund gesagt, Das dich aus deines Vaters Hause trieb? Was fesselt dich an meine Schritte an?
K?thchen. Mein hoher Herr! Da fragst du mich zuviel. Und l?g ich so, wie ich vor dir jetzt liege, Vor meinem eigenen Bewu?tsein da: Auf einem goldnen Richtstuhl la? es thronen, Und alle Schrecken des Gewissens ihm, In Flammenr��stungen, zur Seite stehn; So spr?che jeglicher Gedanke noch, Auf das, was du gefragt: ich wei? es nicht.
Der Graf vom Strahl. Du l��gst mir, Jungfrau? Willst mein Wissen t?uschen? Mir, der doch das Gef��hl dir ganz umstrickt; Mir, dessen Blick du da liegst, wie die Rose, Die ihren jungen Kelch dem Licht erschlo??--Was hab ich dir einmal, du wei?t, getan? Was ist an Leib und Seel dir widerfahren?
K?thchen. Wo?
Der Graf vom Strahl. Da oder dort.
K?thchen. Wann?
Der Graf vom Strahl. J��ngst oder fr��herhin.
K?thchen.
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