Darwinismus und Sozialismus | Page 9

Ludwig Büchner
wie die Wilden der Gegenwart; -- und zwar nicht bloss bei J?gern und Fischern, bei denen ein festes Eigentum an Grund und Boden kaum m?glich war, sondern auch bei Ackerbauern. Nur die Waffen und Werkzeuge, welche sich der Einzelne selbst angefertigt hatte, galten als sein pers?nliches Eigentum, obgleich es nach =Plutarch= sogar noch den alten Laced?moniern erlaubt war, sich der Pferde, Hunde und Werkzeuge ihrer Nachbarn zu bedienen, wenn diese keinen Gebrauch davon machten.
Die R��ckkehr zu den alten Zust?nden oder die R��ckgabe des von Natur- und Rechtswegen allen geh?rigen Besitzes von Grund und Boden an die Gesamtheit ist ��brigens -- auch abgesehen von allen sozialen oder naturrechtlichen Gr��nden -- eine solche ?konomische oder staatswirtschaftliche Notwendigkeit, dass sie auf die Dauer trotz allen Widerstrebens gar nicht umgangen werden kann. Denn bei dem riesigen Anwachsen der Bev?lkerung in den europ?ischen L?ndern giebt es kein andres Mittel, um den Boden auf seine ?usserste Ertragsf?higkeit auszubeuten. Es kann und darf daher dem einzelnen Besitzer eines Grundst��cks nicht ��berlassen bleiben, ob und bis zu welchem Grade er dasselbe ertragsf?hig machen will oder nicht, sondern es muss dem Boden im Interesse der Gesamtheit alles abgerungen werden, was ihm irgend abgerungen werden kann. Dieses kann aber nur geschehen durch den auf die Grunds?tze der wissenschaftlichen Landwirtschaft gest��tzten Grossbetrieb, sowie dadurch, dass kein Fleckchen Erde nach Massgabe seiner Lage und Beschaffenheit unbenutzt bleibt, w?hrend der Privatbetrieb hierin ganz willk��rlich und sehr oft unrationell verf?hrt oder verfahren kann. Nirgendwo tritt dieses deutlicher zu Tage, als in England, wo bekanntlich der gesamte, f��r Ackerbau bestimmte Grund und Boden bei einer Bev?lkerung von ca. 35 Millionen in den H?nden von nur 14-15000 Eigent��mern sich befindet, welche daraus -- in der Regel arbeitslos und ohne jede eigene Bem��hung -- eine j?hrliche Rente von nicht weniger als 4000 Millionen Mark ziehen, Von dem riesigen G��ter-Komplex des Herzogs von Sutherland z. B. (11 Mill. Acker) befinden sich nur ca. 23000 Acker unter Cultur; und das Gesamtertr?gnis berechnet sich im Durchschnitt auf =eine= Mark pro Acker, w?hrend dasselbe in einzelnen Teilen auf das Vierzigfache gesteigert werden k?nnte. Aber die unermesslich reichen englischen Landlords ziehen es vor, aus kulturf?higern Boden, auf welchem sich tausende fleissiger Menschen ern?hren k?nnten, Schaftriften oder Wildparks oder Rennbahnen oder herrschaftliche G?rten u. s. w. zu machen, und nehmen keinen Anstand, die Ansiedler oder Einwohner zu diesem Zweck unbarmherzig auszutreiben; und ?hnliches geschieht, wenn auch nicht in gleich hohem Grade, wie in England, ��berall. So besitzen in Deutschland die zehn gr?ssten Grundbesitzer ein Neuntel der gesamten angebauten Bodenfl?che Deutschlands, w?hrend Frankreich hinsichtlich der Verteilung von Grund und Boden weit besser daran ist. Sogar in Amerika, wo doch ��berfluss an Grund und Boden vorhanden ist, machen sich die traurigen Folgen des privaten Bodenbesitzes bereits in solcher Weise geltend, dass die bekannte Schrift des Amerikaners H. =George= ��ber Fortschritt und Armut, worin jener Besitz als Hauptquelle des sozialen ��bels dargestellt wird, Millionen von Lesern finden konnte. Es war eine der th?richtesten und zugleich ungerechtesten Handlungen oder Vers?umnisse der amerikanischen Staatsverwaltung, dass sie nicht, was ihr ein Leichtes gewesen w?re, das unermessliche Landgebiet, das ihr zu Gebote stand, von vornherein f��r National-Eigentum erkl?rte und parzellenweise an Private verpachtete, sondern dasselbe teils an Monopolisten und Privatgesellschaften verschenkte, teils zu Schleuderpreisen an Private wegwarf, teils der willk��rlichen Besitzergreifung ��berliess. Eine Ausnahme hat man nur mit dem grossen Nationalpark im Staate Colorado gemacht, welcher beinahe so gross ist, wie das K?nigreich Sachsen -- aber nicht zu national?konomischen, sondern zu Zwecken des Privatvergn��gens f��r Reiche und Verm?gende. H?tte man es mit dem gesamten Grund und Boden so gemacht, so m��sste jetzt ein unermesslicher, nicht zu ersch?pfender Nationalreichtum des amerikanischen Volkes die Folge sein, w?hrend dieser riesige Schatz jetzt nur dem Privatnutzen dient. Am auffallendsten und ungerechtesten erscheint ein solcher Privatnutzen dort, wo durch einfache Vermehrung der Bev?lkerung der Wert des Grundeigentums oft bis in das Ungemessene steigt, wie namentlich in der Mitte und N?he wachsender Grossst?dte, wo oft Landstrecken, welche vorher beinahe keinen Wert hatten, binnen kurzer Zeit zu wahren Goldfeldern f��r ihre Besitzer werden, -- und zwar ohne jedes eigne Zuthun oder Verdienst der letzteren, lediglich durch den Fleiss und die Th?tigkeit der Gesamtheit, welche nichtsdestoweniger dieses Resultat ihres Fleisses ohne jeden Abzug dem einzelnen Privateigent��mer in den Schoss wirft.
Was nun die Art und Weise des ��bergangs des Privatbesitzes an Grund und Bodens in denjenigen des Staates oder der Gesamtheit betrifft, so ist dieses eine sekund?re Frage, welche von den verschiedenen Verteidigern der Bodenbesitzreform in verschiedener Weise beantwortet wird. Es versteht sich dabei von selbst, dass von einer gewaltsamen Aneignung nicht die Rede sein kann, sondern nur von einer Abl?sung der Rente oder des Bodens selbst gegen massige und absch?tzungsweise festzustellende Entsch?digung, Denn, wenn sich auch, wie nachgewiesen, sehr viele und vielleicht gerade die bedeutendsten Besitztitel an Grund und Boden nicht aus rechtlichem Erwerb, sondern aus den Zeiten
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