[Fußnote 1: Phalanx ist der Name einer von Philipp II. von Macedonien
in seinem Heere eingeführten Schlachtordnung; die Phalanx war ein
dichtgeschlossener, keilförmig geformter, mit Speeren bewaffneter
Truppenkörper, der mit seiner Spitze in den Feind eindrang und ihn
auseinander sprengte. Der Name für sein System ist also von Fourier
nicht übel gewählt.]
Indeß waren um das Jahr 1793, wo Fourier in Lyon lebte, diese Ideen
bei ihm noch nicht zur Reife gekommen, obgleich die Keime dazu
bereits bei ihm vorhanden waren und seine Denk- und Handlungsweise
bestimmten. Es war in diesem Jahr, daß der Konvent das ihm
oppositionell gesinnte Lyon belagern und nach der Eroberung in einem
erheblichen Theil zerstören ließ, wobei auch Fourier sein Vermögen
einbüßte. Fourier mußte zur Verteidigung der Stadt die Waffen
ergreifen und entging bei einem Ausfall nur mit genauer Noth dem
Tode. Nach Eroberung der Stadt wurde er gefangen genommen und
sollte füsilirt werden; er wußte sich durch die Flucht zu retten. Man
kann sich vorstellen, daß diese Vorgänge auf ihn einen tiefen Eindruck
machten und sein späteres Denken und Urtheilen wesentlich
beeinflußten. Kurze Zeit darnach mußte er sich in Folge der vom
Konvent beorderten »levée en masse« (des Massenaufgebots) zur
Vertheidigung der Grenzen stellen, und zwar war er als
Unverheiratheter unter der ersten Portion der Ausgehobenen, die nach
der nothdürftigsten Einübung zur Armee abgehen sollten. Er wurde
unter die Jäger zu Pferde der Rhein- und Moselarmee rangirt, doch
wurde er nach einigen Monaten auf ein Untauglichkeitszeugniß hin -- F.
war klein und schwächlich von Körper -- vom Dienst befreit. Ein
während seiner Dienstzeit an das Kriegsdepartement gerichteter Brief,
in dem er der obersten militärischen Leitung Vorschläge bezüglich der
Ueberschreitung des Rheins und der Alpen machte, verschaffte ihm
seitens der genannten Behörde ein Dankschreiben, unterzeichnet von
Carnot.
In den nächsten Jahren beschäftigte sich Fourier -- neben seinem Beruf
-- mit allerlei sozial-reformatorischen Vorschlägen, die er bald der
Regierungsgewalt, bald einzelnen Deputaten unterbreitete, aber ohne
Anklang damit zu finden. Zu Anfang dieses Jahrhunderts hatte er sich,
um eine größere Freiheit und Selbständigkeit zu genießen, als
Winkelmakler, wie er sich selbst nannte, etablirt, ein Beruf, den er mit
seiner gewohnten Offenheit also charakterisirt. »Ein Makler ist ein
Mensch, der mit den Lügen Anderer hausirt und diesen Lügen seine
eignen hinzufügt.« Nebenbei veröffentlichte er ab und zu politische
Artikel im »Bulletin de Lyon«. In einem solchen Artikel vom 25.
Frimaire des Jahres XII. (17. Dezember 1803), betitelt. »Das
kontinentale Triumvirat und ein dreißig Jahre dauernder Friede«,
behandelte er die Frage der Theilung Europas. Bekanntlich hatte
damals bereits der Ruhm Napoleon's eine außerordentliche Höhe
erlangt, man stand kurz vor seiner Krönung zum Kaiser und alle Welt
beschäftigte sich mit der Frage, ob endlich dauernd Frieden einkehren,
oder welcher Staat das nächste Angriffsobjekt bilden werde. Fourier
setzte auseinander, daß zunächst noch kein Friede kommen dürfe, daß
unter den vier Staaten, die als selbstständige Reiche in Frage kämen.
Frankreich, Rußland, Oesterreich, Preußen, letzteres, als das
schwächste, zuerst an die Reihe kommen und verschwinden werde. Mit
einer einzigen Schlacht sei es niedergeworfen -- was bekanntlich
thatsächlich geschah -- und dann werde es das Schicksal Polens finden
und unter die anderen drei getheilt werden. Jetzt sei das Triumvirat und
ein längerer Friede möglich; einige man sich nicht, so komme
Oesterreich an die Reihe, zuletzt entbrenne der Kampf zwischen
Rußland und Frankreich um die Herrschaft der Welt. England ließ er
außer Betracht, weil es als insularer Staat und einzige Alles
beherrschende Seemacht zunächst unangreifbar war. Aber wer in
Europa Sieger bleibe, werde Indien nehmen, die Häfen Asiens und
Europas schließen und so England zu Grunde richten. Gegen England,
in dem er die Stütze des Handelssystems und den Repräsentanten aller
Niederträchtigkeiten des Handelsgutes sah, empfand er einen
besonderen Haß, der häufig aus seinen Schriften hervorbricht. Der
erwähnte Artikel erregte die Aufmerksamkeit Napoleon's und führte zu
Untersuchungen über den Verfasser; dem Verleger wurde bedeutet,
künftig ähnliche Artikel nicht wieder aufzunehmen.
Im Jahre 1808 veröffentlichte Fourier sein erstes und grundlegendes
Werk unter dem Titel: »La Theorie des quatre Mouvements et des
destinées generales« (»Die Lehre von den vier Bewegungen und den
allgemeinen Bestimmungen«). In diesem Werke sind seine Ideen
bereits vollkommen enthalten, obgleich es noch vielfach der Klarheit
und namentlich der logischen Entwicklung entbehrt; dafür ist es aber
mit dem ganzen Feuer der ersten Begeisterung eines Mannes
geschrieben, der an seine Mission und die Unfehlbarkeit seiner
Theorien glaubt. Fourier ließ das genannte Werk allerdings zunächst
nur als Prospekt seiner Entdeckung erscheinen, dem später noch acht
lange Abhandlungen über die Gesammtheit seiner Theorien folgen
sollten. Diese erschienen nun zwar nicht, aber was erschien, enthielt im
Grunde doch nur umfänglichere Erläuterungen und größere
Detailschilderungen seines Systems, untermischt mit
philosophisch-polemischen Abhandlungen gegen seine Gegner, worin
er sich gegen die auf ihn und gegen seine Theorien gerichteten Angriffe
wandte, dabei immer dem Grundsatze folgend: die beste Taktik zur
Abwehr ist der Angriff. Auch
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