Charaktere und Schicksale | Page 4

Hermann Heiberg
w?hrend des Fortgehens noch einmal um, ergriff seine Hand und sagte zartf��hlend:
"Verzeihen Sie, wenn ich--wenn ich--Es war ja so nicht gemeint!--Und nochmals innigsten Dank."
Dann ging sie. Herr Knoop aber trat, angenehm ber��hrt, und zun?chst noch im Nachdenken ��ber diesen Besuch, an seinen Schreibtisch.
Hier begab er sich an die Beantwortung verschiedener Gesch?ftsbriefe, deren Erwiderungen er, bevor er sie in die Umschl?ge steckte, auch noch auf einer auf einem Nebentisch stehenden Kopierpresse eigenh?ndig abklatschte.
Inzwischen war die Zeit so weit vorger��ckt, da? es von dem Turm der nahegelegenen Kirche zw?lf schlug, und fast in demselben Augenblick erschien auch schon der in seiner dunkelblauen Dienerlivree mit den silbernen Kn?pfen steckende Adolf und ��berreichte Herrn Knoop mit etwas zweifelnder Miene eine Visitenkarte.
"Soll ich ihm 'reinlassen oder jleich abweisen?" f��gte er, w?hrend Herr Knoop diese studierte, hinzu.
"Nein! Im Gegenteil! Ich werde ihm selbst ?ffnen, du kannst inzwischen hinten fragen, ob etwas zu besorgen ist," erwiderte Herr Knoop und entlie? den, seinen dicken, mit den beringten Ohren versehenen Kopf bewegenden Alten.
Nachdem er gegangen, zog Herr Knoop das anonyme Schreiben hervor und lie? es,--weil er das Gef��hl hatte, sicherlich einem sehr gewandten, nicht leicht zu durchschauenden Weltmann gegen��berstehen,--nochmals auf sich wirken.
Alsdann trat er Herr von Klamm gegen��ber und n?tigte ihn, mit artiger Zuvorkommenheit, n?her zu treten.
Herr von Klamm machte einen ?u?erst vorteilhaften Eindruck. Er besa? bei einem angenehm gemessenen Wesen vollendete Manieren, und verst?rkt wurde noch das sich f��r ihn in Herrn Knoop regende Interesse, als er nach Erledigung der Einleitungsworte eingehend ��ber seine Absichten sprach.
"Die Einrichtung Ihres Gesch?fts kennen zu lernen, ist mir von doppeltem Wert, sehr verehrter Herr Knoop. Es interessiert mich an sich, und ich verbinde damit, offen gestanden, einen Zweck.
"Ich m?chte unter Umst?nden den Versuch machen, in einem solchen Unternehmen eine Th?tigkeit zu finden. Erlauben Sie mir, Ihnen kurz zu sagen, wer ich bin:
"Mein Vater besa? eine Gutsherrschaft in der N?he von Bautzen. Diese ging nach seinem Tode in den Besitz meiner Mutter ��ber, die aus den Ertr?gnissen eines aus der Verwertung desselben hervorgegangenen Verm?gens existiert.
"Ich wurde als junger Mensch von meinen Eltern in die Kadettenanstalt in Dresden gethan, und bin sodann in Wien in ?sterreichische Milit?rdienste getreten. Nachdem ich wegen einer Meinungsverschiedenheit mit meinem Vorgesetzten den Abschied genommen, war ich in gleicher Eigenschaft als Soldat einige Jahre im Ausland und habe mich, von dort zur��ckgekehrt, in den gro?en europ?ischen St?dten auf verschiedenen, mich interessierenden Gebieten, namentlich auch schriftstellerisch und journalistisch versucht, und bin endlich, nach l?ngerem Aufenthalt in Wien und Dresden, hier seit reichlich einem Jahre in dem mich besonders anziehenden Berlin gestrandet.
"Gewi?, ich begreife, da? man Pers?nlichkeiten, die h?ufig in ihren Lebensbesch?ftigungen wechseln, ein gewisses Mi?trauen entgegentr?gt. Indessen hat mich stets ein ausgepr?gter Sinn f��r alles Wissenswerte geleitet, und ganz besondere Umst?nde f��hrten die eingetretenen Ortsver?nderungen herbei.
"Auch darf ich der Wahrheit gem?? behaupten, da? ich, war ich auch einmal leichtlebig, in allen ernsten und Ehrensachen stets ?u?erst genau verfahren habe.
"Letzteres erw?hne ich, weil ich Sie gegebenen Falles zu fragen mir erlauben m?chte, ob Sie mir nicht eine Th?tigkeit in Ihrem vielverzweigten Gesch?ft anweisen k?nnten.
"Ich f��hre--ich darf es behaupten--eine gewandte Feder!
"Und noch eins gleich! Sie haben vielleicht ein anonymes Schreiben erhalten! Ich bitte, da? Sie mich es lesen lassen, um die Verleumdungen zu widerlegen."
Herr Knoop hatte, wie erw?hnt, dieser inhaltreichen, in einem au?erordentlich freim��tigen Ton vorgetragenen Rede unter den vorteilhaftesten Eindr��cken zugeh?rt.
Als Herr von Klamm aber den letzten Satz sprach, meldete sich ein gewisses Mi?trauen. Sicher! Keiner, der Beste,--so ��berlegte Herr Knoop--konnte sich vor Verd?chtigungen sch��tzen, aber die Wirkung solcher konnte auf andere niemals eine g��nstige sein! Im ��brigen entsprach er dem Wunsch, den Baron Klamm ge?u?ert hatte.
W?hrend Baron Klamm das Schreiben pr��fte, trat ein ver?chtlicher Ausdruck in sein Antlitz. Dann sagte er, w?hrend er den Brief Herrn Knoop mit kavalierm??iger Artigkeit wieder ��berreichte:
"Ich danke Ihnen, und ich bitte, da? Sie die immer gleichlautende Niedertr?chtigkeit in den Ofen werfen. Und hier!" fuhr er fort, zog ein Schriftst��ck aus der Tasche und unterbreitete es Herrn Knoop.
"Ich bitte freundlichst, da? Sie dies Ihrer Beachtung w��rdigen."
Herr Knoop nahm das ihm Gebotene, entfaltete es und las die nachstehenden Worte:
"Herr Alfred, Baron von Klamm-Gleichen, war, nachdem er den ��berseeischen Dienst verlassen hatte, w?hrend einer l?ngeren Zeit mein Privatsekret?r. Als solcher hat er sich seiner Aufgaben in vorz��glichster Weise entledigt, und kann ich Herrn von Klamm als eine durchaus vertrauensw��rdige, in jeder Beziehung tadellose Pers?nlichkeit aufs W?rmste empfehlen.
Meine besten W��nsche f��r sein Wohlergehen begleiten ihn.
F��rst Alexander von Kroy."
"Und weshalb trennten Sie sich von dem F��rsten, wenn die Frage erlaubt ist, Herr Baron?" warf Herr Knoop hin, w?hrend er mit einer verbindlichen Geste das Schriftst��ck in die H?nde Herrn von Klamms zur��cklegte.
"Ich w��nschte den F��rsten zu verlassen, weil ich mich verlobt und den Besitz meiner Braut mit Zustimmung meiner Schwiegereltern selbst zu verwalten die Absicht hatte."
"Hm.--Und das hat sich nicht nach Ihren Voraussetzungen vollzogen?"
"Nein! Meine Braut starb kurz vor der
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