sie sich ebenso rasch wieder, wußte sich sogar durch
ihre Worte und eine seine steife Würde das Uebergewicht zu
verschaffen und sagte:
"Da ich Mutterstelle bei Ileisa vertrete, hatte ich nur den wohl
begreiflichen Wunsch, mich Ihren verehrten Damen vorzustellen. Einen
weiteren Anspruch habe ich nicht erhoben, und werde ich nicht erheben,
Herr Knoop! Sie dürfen darüber völlig beruhigt sein!"
"Vortrefflich, vortrefflich! Also ganz einig!" entgegnete Herr Knoop,
wiederum seinerseits in einem Ton, als ob er ihre gereizte Stimmung
und die Lehre, die sie ihm hatte erteilen wollen, garnicht herausgefühlt
habe.
Ileisa aber fiel ausgleichend ein:
"Ich werde heute gleich fragen, liebe Tante, wann den Damen dein
Besuch angenehm ist. Der gütigen Aufforderung des Herrn Knoop
folge ich natürlich mit größtem Dank!"
Auf diese Rede nickte das Fräulein notgedrungen. Auch knöpfte sie
ihren unmodischen Mantel zusammen, trat Herrn Knoop näher und
sagte:
"Ja, den allergrößten Dank schulden wir Ihnen, Herr Knoop, daß Sie
selbst meiner Nichte zur Erlangung einer Stellung die Hand bieten
wollen.
"Lassen Sie mich denn hoffen, daß sich alles nach gegenseitigen
Wünschen vollziehen möge, und empfehlen Sie mich, ich bitte,
einstweilen Ihren verehrten Damen!"
Nach diesen in einem zwar gezwungenen, aber vollendet höflichen
Tone gesprochenen Worten, reichte sie Herrn Knoop die Hand, drückte
sodann Ileisa die Rechte und entfernte sich.
Ileisa aber sagte, nachdem die alte Dame gegangen war:
"Meine Tante ist etwas empfindlich, Herr Knoop. Sehen Sie es ihr, ich
bitte, nach. Sie lebte früher in so reichlichen Verhältnissen, daß ihr die
Einfügung in andere, leider jetzt sehr beschränkte, außerordentlich
schwer wird. Im Grunde ist sie eine vornehme, wahrhaft edeldenkende
Natur."
"Habe ich auch so aufgefaßt!" bestätigte Herr Knoop in einem derb
gemütlichen Ton, und von Ileisas Wesen angenehm berührt. Auch bat
er sie dann gleich, mit ihm in die Wohnung zu treten, und machte sie
dort mit seinen Damen bekannt.
* * * * *
Sechs Monate waren vergangen. Fräulein von Oderkranz befand sich
als Gesellschafterin im Knoopschen Hause. Aber auch Herr von
Klamm war ein Mitglied des Knoopschen Geschäftes geworden. Er
schrieb Zeitungsartikel, für die er die Fähigkeit in sich fühlte, und übte
nach anderer Richtung eine Thätigkeit au, die dem Unternehmen
nutzbringend war.--Der Kontrakt, der zwischen ihm und Herrn Knoop
abgeschlossen, besaß nur zwei Paragraphen:
"Herr von Klamm tritt vom heutigen Tage mit einem Monatsgehalt von
450 Mark und unter gegenseitiger vierteljährlicher Kündigung zunächst
probeweise in das Geschäft des Herrn Friedrich Knoop in Berlin, ein.
Genannter übernimmt fortan einen zwischen ihnen festgestellten Teil
der Theater-, Konzert- und Kunstkritiken, und wird eventuell auch
unter der Zustimmung des Herrn Chefredakteurs, Doktor Strantz,
andere in den Rahmen der Täglichen Nachrichten passende Beiträge
liefern.
Zur Vorbereitung einer gleichzeitig in Aussicht genommenen
geschäftlichen Thätigkeit wird sich Herr von Klamm mit den übrigen
Zweigen des Unternehmens bekannt machen und schon jetzt bemüht
sein, der Firma Verbindungen zuzuführen."
Außerordentlich überrascht war Herr Knoop von dem Ideenreichtum
seines Mitarbeiters, nachdem sich dieser in das Geschäft eingearbeitet
hatte. Bald regte er an, daß man sich um eine Druckarbeit in den
Ministerien, bald um eine solche bei großen Instituten und angesehenen
Geschäften bewerbe. Auch wies er auf auswärtige Firmen hin, denen
man feste Kontrakte bezüglich der Aufnahme von ständigen Inseraten
für die Täglichen Nachrichten anbieten solle.
Wenn irgendwo ein neues Unternehmen ins Leben trat, sann er sofort
darüber nach, ob dieses nicht irgend einen von der Druckerei zu
befriedigenden Bedarf haben könne. Auch trieb er die Redaktion an,
Fühlung mit den bedeutenden Tagespersönlichkeiten zu suchen, um
durch eine Verbindung mit ihnen den Täglichen Nachrichten
fortdauernd interessanten Stoff zuzuführen.
Arbeitskraft und unermüdliche Regsamkeit reichten sich die Hand. Er
war gegenwärtig die Triebfeder im Geschäft. Bald hier, bald dort hielt
er Rücksprache, und immer wußte er bisher die ihm weniger
Wohlgesinnten durch sein gewandtes Wesen gefügiger zu machen.
Weniger ihm Wohlgesinnte waren bereits recht viele vorhanden.
Teils wirkte der Aerger, daß ein bisher so gering Eingeweihter und
Erfahrener so Tüchtiges leistete, bald machte sich ein sehr starker Neid
geltend.
Es stieg die unruhige Befürchtung in dem Personal auf, daß Klamm
bald da sitzen oder dort ein anderer sitzen werde, wo der Betreffende
selbst bisher sein unbeschränktes Herrschertum ausgeübt hatte. Der
Chefredakteur, Doktor Strantz, sowie der erste Disponent im
Hauptkontor und der Geschäftsführer in der Expeditionsabteilung
waren schon, ohne daß sie noch die Maske gelüstet hatten, seine
erklärten Gegner.
Immer wieder regte sich bei ihnen die Ueberlegung, wie es eigentlich
möglich sei, daß ein früherer Offizier, daß dieses in der Welt hin und
her verschlagene Mitglied der Gesellschaft, daß dieser mit
geschäftlichen Dingen doch bisher nur sehr oberflächlich vertraute
Lebemann eine solche intelligente Regsamkeit, solche Umsicht, und
überdies eine solche Gleichgültigkeit gegen seine bisherigen
gesellschaftlichen Beziehungen zum Ausdruck brachte.
Aber sie zogen aus diesen Umständen nicht den Schluß, daß es eben
Ausnahmen giebt, daß tüchtige Menschen sich energisch aufzuraffen
vermögen, daß sie das kräftig abthun, was sich ihnen nur
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