Frauen durch die Welt gefahren, den weltliche und geistliche Fürsten mit hoher Gunst ausgezeichnet, der Tausende verschwendet, verspielt und verschenkt hatte - und nicht ein herabgekommener Schlucker, den ehemalige Freunde von England und Spanien her mit l?cherlichen Summen unterstützten, - die indes auch manchmal ausblieben, so da? er auf die paar armseligen Geldstücke angewiesen war, die er dem Baron Perotti oder dessen G?sten abgewann; ja, er verga? sogar, da? es ihm wie ein h?chstes Ziel erschien, in der Vaterstadt, die ihn erst eingekerkert und nach seiner Flucht ge?chtet und verbannt hatte, als der geringste ihrer Bürger, als ein Schreiber, als ein Bettler, als ein Nichts - sein einst so prangendes Dasein zu beschlie?en.
Auch Marcolina h?rte ihm aufmerksam zu, aber mit keinem andern Ausdruck, als wenn man ihr etwa aus einem Buch leidlich unterhaltsame Geschichten vorl?se. Da? ihr ein Mensch, ein Mann, da? ihr Casanova selbst, der all dies erlebt hatte und noch vieles andre, was er nicht erz?hlte, da? ihr der Geliebte von tausend Frauen gegenübersa?, - und da? sie das wu?te, davon verrieten ihre Mienen nicht das geringste. Anders schimmerte es in Amaliens Augen. Für sie war Casanova derselbe geblieben, der er gewesen; ihr klang seine Stimme verführerisch wie vor sechzehn Jahren, und er selbst fühlte, da? es ihn nur ein Wort und kaum so viel kosten würde, das Abenteuer von damals, sobald es ihm beliebte, von neuem aufzunehmen. Doch was war ihm Amalia in dieser Stunde, da ihn nach Marcolina verlangte wie nach keiner vor ihr? Durch das mattgl?nzend sie umflie?ende Gewand glaubte er ihren nackten Leib zu sehen; die knospenden Brüste blühten ihm entgegen, und als sie sich einmal neigte, um ihr zu Boden geglittenes Taschentuch aufzuheben, legte Casanovas entflammte Phantasie ihrer Bewegung einen so lüsternen Sinn unter, da? er sich einer Ohnmacht nahe fühlte. Da? er eine Sekunde lang unwillkürlich im Erz?hlen stockte, entging Marcolina so wenig, wie da? sein Blick seltsam zu flirren begann, und er las in dem ihren ein pl?tzliches Befremden, Verwahrung, ja eine Spur von Ekel. Rasch fa?te er sich wieder und schickte sich eben an, seine Erz?hlung mit neuer Lebhaftigkeit fortzusetzen, als ein wohlbeleibter Geistlicher eintrat, der vom Hausherrn als der Abbate Rossi begrü?t und von Casanova sofort als derselbe erkannt wurde, mit dem er vor siebenundzwanzig Jahren auf einem Marktschiff zusammengetroffen war, das von Venedig nach Chioggia fuhr. ?Sie hatten damals ein Auge verbunden,? sagte Casanova, der selten eine Gelegenheit vorübergehen lie?, mit seinem vorzüglichen Ged?chtnis zu prunken, ?und ein Bauernweib mit gelbem Kopftuch empfahl Ihnen eine heilkr?ftige Salbe, die ein junger, sehr heisrer Apotheker zuf?llig mit sich führte.? Der Abbate nickte und l?chelte geschmeichelt. Dann aber, mit einem pfiffigen Gesicht, trat er ganz nahe an Casanova heran, als h?tte er ihm ein Geheimnis mitzuteilen. Doch mit ganz lauter Stimme sagte er: ?Und Sie, Herr Casanova, befanden sich in Begleitung einer Hochzeitsgesellschaft ... ich wei? nicht, ob als zuf?lliger Gast oder gar als Brautführer, jedenfalls sah die Braut Sie mit viel z?rtlichern Augen an als den Br?utigam ... Ein Wind erhob sich, beinahe ein Sturm, und Sie begannen ein h?chst verwegenes Gedicht vorzulesen.? - ?Das tat der Chevalier gewi? nur,? sagte Marcolina, ?um den Sturm zu beschwichtigen.? - ?Solche Zaubermacht?, erwiderte Casanova, ?traute ich mir niemals zu; allerdings will ich nicht leugnen, da? sich niemand mehr um den Sturm kümmerte, als ich zu lesen begonnen.?
Die drei M?dchen hatten sich an den Abbate herangemacht. Sie wu?ten wohl warum. Denn seinen ungeheuren Taschen entnahm er k?stliches Zuckerwerk in gro?en Mengen und schob es mit seinen dicken Fingern den Kindern zwischen die Lippen. Indes berichtete Olivo dem Abbate in aller Ausführlichkeit, wie er Casanova wiedergefunden. Wie verloren hielt Amalia auf die herrische braune Stirn des teuren Gastes ihren leuchtenden Blick geheftet. Die Kinder liefen in den Garten; Marcolina hatte sich erhoben und sah ihnen durchs offne Fenster nach. Der Abbate hatte Grü?e vom Marchese Celsi zu bestellen, der, wenn es seine Gesundheit zulie?e, heute abend samt Gemahlin bei seinem werten Freund Olivo erscheinen wollte. ?Das trifft sich gut,? sagte dieser, ?da haben wir gleich dem Chevalier zu Ehren eine hübsche kleine Spielgesellschaft; die Brüder Ricardi erwarte ich gleichfalls, und auch Lorenzi kommt; die Kinder sind ihm auf seinem Spazierritt begegnet.? - ?Er ist noch immer da?? fragte der Abbate. ?Schon vor einer Woche hie? es, er solle zu seinem Regiment abgehen.? - ?Die Marchesa,? meinte Olivo lachend, ?wird ihm beim Obersten einen Urlaub erwirkt haben.? - ?Es wundert mich,? warf Casanova ein, ?da? es für Mantueser Offiziere jetzt Urlaub gibt.? Und er erfand weiter: ?Zwei meiner Bekannten, einer aus Mantua, der andre aus Cremona, sind nachts mit ihren Regimentern in der Richtung gegen Mailand abmarschiert.? - ?Gibt's Krieg?? fragte Marcolina vom Fenster her; sie hatte sich umgewandt, die Züge ihres umschatteten Gesichts blieben undeutbar, - doch ein leises Beben ihrer Stimme hatte Casanova
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