Candida | Page 7

George Bernard Shaw
mir das, was Sie eben einen Dummkopf nennen. (Diese Bemerkung ersch��ttert die Grundfesten von Burgess' Moral. Ihm wird schwach, und w?hrend er Morell hilflos anblickt, streckt er die Hand ?ngstlich aus, um sein Gleichgewicht zu bewahren, als ob der Boden unter ihm wankte. Morell f?hrt im selben Tone ruhiger ��berzeugung fort:) Es ist in beiden F?llen nicht meine Sache, mit Gott dar��ber zu rechten. Solange Sie offen als ein sich selbst achtender, echter, ��berzeugter Schurke hierherkommen und, stolz darauf, Ihre Schurkereien zu rechtfertigen versuchen, sind Sie willkommen. Aber (und nun wird Morells Ton furchtbar; er erhebt sich und st��tzt sich zur Bekr?ftigung mit der Faust auf die R��ckenlehne des Stuhles:) ich mag Sie hier nicht herumschn��ffeln haben, wenn Sie so tun, als ob Sie das Muster eines Arbeitgebers w?ren und ein bekehrter Mann dazu, w?hrend Sie nur ein Abtr��nniger sind, der seinen Rock nach dem Winde tr?gt, um einen Vertrag mit der Beh?rde zustande zu bringen. (Er nickt ihm zu, um seiner Rede Nachdruck zu verleihen, dann geht er zum Kamin, wo er in bequemer Kommandostellung, mit dem R��cken gegen das Feuer gekehrt, lehnt und fortf?hrt:) Nein, ich liebe es, wenn ein Mensch wenigstens sich selber treu bleibt, selbst im B?sen! Also, nehmen Sie jetzt entweder Ihren Hut und gehen Sie, oder setzen Sie sich und geben Sie mir einen guten, schurkischen Grund daf��r an, warum Sie mein Freund sein wollen. (Burgess, dessen Erregung sich gen��gend gelegt hat, um in einem Grinsen ausgedr��ckt werden zu k?nnen, f��hlt sich durch diesen konkreten Vorschlag sichtlich erleichtert. Er ��berlegt einen Augenblick, und dann setzt er sich langsam und sehr bescheiden in den Stuhl, den Morell eben verlassen hat.) So ist's recht,--nun heraus damit.
(Burgess kichernd gegen seinen Willen:) Nein, Sie sind wirklich ein sonderbarer Kauz, Jakob! (Beinahe enthusiastisch:) Aber man mu? Sie gern haben, ob man will oder nicht. Au?erdem nimmt man, wie ich schon sagte, nicht jedes Wort eines Geistlichen f��r bare M��nze, sonst m��?te die Welt untergehn. Habe ich nicht recht? (Er fa?t sich, um einen ernsteren Ton anzuschlagen, und die Augen auf Morell gerichtet, f?hrt er mit eint?nigem Ernste fort:) Nun, meinetwegen, da Sie es w��nschen, da? wir gegeneinander ehrlich sind, will ich Ihnen zugeben, da? ich Sie--ein wenig--f��r einen Narren hielt; aber ich fange an zu glauben, da? ich damals etwas hinter meiner Zeit zur��ckgeblieben war.
(Morell frohlockend:) Aha, haben Sie das endlich herausgefunden?
(Burgess bedeutungsvoll:) Ja, die Zeiten haben sich mehr ver?ndert, als man glauben sollte! Vor f��nf Jahren noch h?tte sich kein vern��nftiger Mensch mit Ihren Ideen abgegeben. Ich wunderte mich sogar, da? man Sie auf Ihrem Posten als Pastor belie?. Ich kenne einen Geistlichen, der durch den Bischof von London auf Jahre hinaus seiner Funktionen enthoben wurde, obwohl der arme Teufel nicht einen Funken mehr religi?s war als Sie. Aber wenn heute jemand mit mir um tausend Pfund wetten wollte, da? Sie selbst noch einmal als Bischof enden werden, ich w��rde die Wette nicht anzunehmen wagen. (Sehr eindrucksvoll:) Sie und Ihre Sippschaft werden t?glich einflu?reicher, wie ich ��berall merke. Man wird Sie einmal irgendwie bef?rdern m��ssen, und w?re es blo?, um Ihnen den Mund zu stopfen. Sie haben doch den richtigen Instinkt gehabt, Jakob! Der Weg, den Sie eingeschlagen haben, ist der eintr?glichste f��r einen Mann Ihres Schlages.
(Morell reicht ihm jetzt die Hand mit fester Entschlossenheit:) Hier meine Hand, Burgess, jetzt reden Sie ehrlich. Ich glaube nicht, da? man mich zum Bischof ernennen wird; aber wenn es geschieht, dann will ich Sie mit den gr??ten Spekulanten bekannt machen, die ich zu meinen Diners bekommen kann.
(Burgess der sich mit einem verschmitzten Grinsen erhoben und die Freundschaftshand ergriffen hat:) Sie bleiben nun mal bei Ihrem Witz, Jakob. Unser Streit ist jetzt beigelegt, nicht wahr?
(Die Stimme einer Frau.) Sag "Ja", Jakob!
(Erstaunt wenden sie sich um und bemerken, da? Candida eben eingetreten ist und sie mit jener belustigten, m��tterlichen Nachsicht betrachtet, die ihr charakteristischer Gesichtsausdruck ist. Sie ist eine Frau von dreiunddrei?ig Jahren, sch?n gewachsen, gut gen?hrt. Man err?t, da? sie sp?ter eine Matrone sein wird, aber jetzt steht sie noch in ihrer Bl��te, mit dem Doppelreiz der Jugend und der Mutterschaft. Ihr Benehmen ist das einer Frau, die erfahren hat, da? sie die Menschen immer lenken kann, wenn sie ihre Neigung gewinnt, und die dies unbek��mmert offen und instinktiv tut. In diesem Punkte ist sie wie jede andere h��bsche Frau, die gerade klug genug ist, aus ihrer weiblichen Anziehungskraft zu allt?glich selbstt��chtigen Zwecken so viel Kapital wie m?glich zu schlagen. Aber Candidas heitere Stirn und ihre mutigen Augen, der sch?n geformte Mund und ihr Kinn kennzeichnen umfassenden Geist und W��rde des Charakters, der ihre Schlauheit im Gewinnen von Neigungen adelt. Ein kluger Beobachter w��rde, sie betrachtend, sofort erraten, da? wer das Bild der Assunta auch ��ber ihren Kamin geh?ngt haben mochte, ein seelisches Band zwischen den beiden Frauengestalten geahnt hatte, obwohl er
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