Briefe an eine Freundin | Page 3

Wilhelm von Humboldt
vor Entweihung durch fremde Ber��hrung.
Ein Stammbuchbl?ttchen, ein in jener Zeit mehr als jetzt gebr?uchliches Erinnerungszeichen, blieb mir ein sehr teures Andenken durch mein ganzes Leben. Ich ahnte nicht, wie bedeutend es noch werden w��rde, als ein Dokument, das hierher geh?rt, da es beides charakterisiert, den jugendlichen Humboldt und unser jugendliches Verh?ltnis.
Bald nach dieser f��r mich in den sp?teren Folgen so wichtigen Bekanntschaft, im Fr��hjahr 1789, wurde ich verheiratet. Ich lebte in dieser kinderlosen Ehe nur f��nf Jahre und trat in keine zweite.
Mich trafen ungew?hnliche und schmerzlich-verwickelte Schicksale, und durch r?tselhafte, geheime, erst sp?t enth��llte Intriguen und Feindschaften blieb mein ganzes Leben ein Gewebe von Widerw?rtigkeiten, die ich sp?ter gesegnet habe, da nichts anders sein durfte, als es war, sollte ich der segensvollen Teilnahme des edelsten Freundes teilhaftig werden.
In dieser Zeit begannen die gro?en Weltbegebenheiten und griffen mehr oder weniger in die Schicksale von Tausenden ein, die nichts damit zu tun hatten. Auch auf mich ��bten sie ihre Gewalt, indem sie mich eines Verm?gens beraubten, das eben ausreichte, mir bei m??igen W��nschen Unabh?ngigkeit zu sichern, wodurch mir viele Lebensbitterkeiten fern blieben, die ich sp?ter kennen lernte.
In der ereignisschweren Zeit 1806 wohnte ich als Fremde in Braunschweig. Eine Reihe von Jahren hatte ich dort unter der milden Regierung des alten, allgeliebten, verehrten Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand gelebt. Es war nach der Schlacht bei Jena, wovon man so gro?e Erwartungen hegte, als die Besitznahme deutscher L?nder und die franz?sische Herrschaft begann. Braunschweig traf der Schlag zuerst. Wie gewaltsam die Schritte auch waren, die geschahen, man sah sie als kriegerische Ma?regeln an, aber nicht als Vorspiel dessen, was folgte. Man besorgte und bef��rchtete keine Fremdherrschaft.
Jetzt erging eine Aufforderung, die allgemeine Last freiwillig oder gezwungen mitzutragen. An mich erging aber keine Anforderung, gern und freiwillig gab ich einen gro?en Teil meines Verm?gens. Es war mir gerade ein Kapital ausgezahlt, das vorerst auf Wechsel stand, wor��ber ich gleich disponieren konnte; gef?hrlich schien es durchaus nicht, die Obligationen wurden von den Landst?nden ausgestellt und garantiert, die Gelder von ihnen empfangen. Man hielt das f��r sehr sicher. Mich hatten schwere Privatleiden in der Zeit getroffen, so, im Schmerz befangen, handelte ich wohl nicht vorsichtig genug. Wie es bald mit diesen Papieren ging, ist bekannt genug und geh?rt nicht weiter hierher.
Bald kamen die wichtigen weltgeschichtlichen Jahre 1812, 13 und 14 heran. Wer, der sie erlebte, denkt nicht gern und mit Freuden der Begeisterung jener Zeit, in der man des eigenen Geschicks verga?, wenn es nicht zu schwer war! Ich lebte in dieser Zeit im Braunschweigischen. Wer hatte mehr gelitten als der Herzog selbst, wie hing ihm sein Volk an mit deutscher Treue und Liebe! Auf eine den g��tigen F��rsten hochehrende Art war er mit meinen Verlusten und meiner daraus hervorgegangenen Lage bekannt geworden. Er rechnete mir, als einer Fremden, mein fr��heres Darlehn h?her an, als es solches verdiente. Freunde von mir standen ihm nahe und machten ihn genauer mit allem bekannt. Der h?chst g��tige F��rst bezeigte mir in zwei Briefen seine Teilnahme an meinen Verlusten und den Wunsch, meine Lage gr��ndlich zu ?ndern. Man riet mir, das Wohlwollen gleich in Anspruch zu nehmen und um eine Pension zu bitten. Das vermochte ich nicht. Ich vertraute dem f��rstlichen Wort: nach gl��cklich beendeter Sache die Sorge f��r mich selbst zu ��bernehmen. Dies Vertrauen h?tte mich gewi? nicht get?uscht, w?re er nicht bei Waterloo gefallen. --
Mehrere einflu?reiche M?nner in hoher Stellung interessierten sich f��r meine Sache, um mir einigen Ersatz zu verschaffen, aber vergeblich. Meine gro?en Verluste blieben, wie hart und dr��ckend sie waren, unersetzt.
Um diese Zeit sprachen die Zeitungen viel in gro?en, ehrenvollen Erwartungen von dem Minister von Humboldt, der im Hauptquartier des K?nigs von Preu?en und dann als dessen Bevollm?chtigter auf dem Kongre? in Wien war. Pl?tzlich kam mir der Gedanke, mich in die Erinnerung des nie Vergessenen zur��ckzurufen, mich offen und ohne R��ckhalt gegen ihn ��ber meine dermalige Lage auszusprechen und es ihm und seiner Einsicht anheim zu stellen, ob und was f��r mich zu tun sei. So schnell wie der Gedanke in mir aufstieg, wurde er ausgef��hrt. Alles Jugendvertrauen kehrte w?hrend des Schreibens zur��ck. Ich gab dem teuern Freund einen m?glichst kurzen ��berblick ��ber viele verh?ngnisvolle Jahre, verweilte aber l?nger bei der Gegenwart, die mir den Mut gegeben hatte zu diesem Schritt. Das heilig bewahrte Stammbuchbl?ttchen war eine sprechende Beglaubigung. Von diesem Brief habe ich damals f��r mich eine Abschrift bewahrt und diese jetzt wiedergefunden, und da er die folgenden veranla?te und den Briefwechsel er?ffnete, so geh?rt er, st��ckweise, hierher und ich teile das N?tige daraus mit.
Ich bekam auf der Stelle Antwort.
Jeder, der den Vollendeten kannte, wird seinen Brief, den treuen Ausdruck des edelsten Gem��ts, nicht ohne ger��hrtes Interesse lesen.
Ehe jedoch zu den wertvollen Briefen ��bergegangen wird, m?chte es n?tig sein zu sagen, wie die Ver?ffentlichung oder vielmehr der Entschlu? dazu entstanden ist. Es m?chte dies Pflicht sein
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