Beiträge zur Entdeckung und Erforschung Africas. | Page 8

Gerhard Rohlfs
haben, aus Stein heraus zu arbeiten, ebenso wenig treffen wir bei ihnen jene kunstvollen Holzschnitzereien, welche _K?rper_ haben. Die Gebetstreppen sind daher, was die Form anbetrifft, alle roh und primitiv; aber manchmal ist die Oberfl?che des Holzes ausgravirt, und wir finden dann dieselben oder ?hnliche Linienbilder, welche, wenn sie mit krummen Linien Bezeichnet sind, "Arabesken" genannt werden, wie wir dieselben an den W?nden der Mauern in Stucco kennen gelernt haben.
Man kann also keineswegs sagen, da? die Araber Afrika's zurückgegangen sind. Aber so wie man in Sevilla und Granada zur Zeit der Almoraviden und Almohaden, zur Zeit der gr??ten Glanzperiode der sogenannten "maurischen Architektur", baute, so baut man noch heute. Man hat keineswegs verlernt, ebenso zu bauen, aber Fortschritt in der Architektur ist nirgends zu finden. Man versteht es vollkommen, jene ogivischen Bogen, jene Porzellanmosaiken, jene Stickereien auf Gyps und Holz darzustellen, wie zur Zeit der "Abd-er-Rhaman"; wenn man aber Stillstand in Kunst und Wissenschaft als _Rückschritt_ bezeichnen kann, dann haben die Araber entschieden Rückschritte gemacht. So haben sie denn auch keineswegs gelernt, ihren Bauten irgendwie Solidit?t zu geben. Was heute gebaut ist, verf?llt morgen. W?ren die Alhambra und die Giralda nicht in Spanien, w?ren sie der Sorglosigkeit einer mohammedanischen Zeit ausgesetzt, was würde von diesen Monumenten arabischer Architektur heute noch erhalten sein? Und wie lange stehen diese Bauten? Wie lange stehen sie im Verh?ltni? zu den Bauüberresten, die uns Aegypten, Griechenland und Rom überlassen haben, und die, trotzdem Jahrtausende verstrichen und Zeit und Menschen das Ihrige thaten, Alles zu vernichten, manchmal in ihren einzelnen Theilen sich so erhalten haben, als ob sie von gestern w?ren.
Die Unsolidit?t der arabischen Bauten kennzeichnet sich denn nicht nur in der ?u?eren Architektur, sondern auch in der Benutzung des Materials bei den Hauptmauern und Pfeilern. In keinem einzigen Geb?ude der Berberstaaten finden wir behauene Steine aus Sandstein oder Marmor, sondern immer nur gebrannte Thonsteine angewandt. Meist aber sind die gro?en Mauern, namentlich die von monumentalen Bauten, aus zwischen Planken schichtweise gepre?ten Steinen, Cement und Kalk errichtet. Diese Mauern halten sich aber nur dann einigerma?en gegen den Zahn der Zeit, wenn die ?u?ere Bekleidung vollkommen gut und immer wie neu unterhalten wird; sonst ist binnen Kurzem die Baute dem Ruin ausgesetzt.
Daher liegen denn auch die Bauten, welche von Yussuf ben Taschfin und Mohammed ben Abd-Allah herrühren, heut in Trümmern, und selbst die, welche vom letzten oder vorletzten Kaiser errichtet sind, von Mulei Abd-er-Rhaman-ben-Hischam und Mulei Sliman sind halbe Ruinen. Und ist es selbst in Aegypten anders, wo doch der europ?ische Geist heute Alles durchdringen soll? H?rte man nicht oft genug den verstorbenen Diebitsch klagen, da? wenn das letzte Ende an einem Palaste fertig sei, der Anfang desselben zu verfallen beginne?!
Von den st?dtischen Bauten bleiben uns nur noch die Befestigungsmauern derselben und die kleinen Dome zu erw?hnen. Erstere sind durchweg aus gepre?ten Mauern errichtet und hinl?nglich stark, um alter Artillerie einige Stunden Widerstand leisten zu k?nnen. Auf denselben führt ein Weg herum, der nach Au?en durch eine mannshohe krenelirte Mauer aus Backstein geschützt ist. Man bemerkt nirgends irgend einen Plan, nirgends fortifikatorischen Sinn, um die Befestigungen irgendwie dem Terrain anzupassen; nur die Ausdehnung der Stadt selbst giebt das Ma? der ?u?eren Schutzmauer ab. Unterbrochen und flankirt werden diese Umfestigungsmauern durch viereckige oder runde Thürme, deren H?lfte au?erhalb der Mauern hervorspringt; sie sind in der Regel halb mal h?her und dienen haupts?chlich dazu, die Kanonen aufzunehmen. Oft noch durch Gr?ben beschützt, bieten auch diese kein ernstliches Hinderni?. Bastionirte Mauern, Au?enwerke, m?gen es nun Fleschen, Lünetten oder gekr?nte Bastionen sein, kennt man in den Berberstaaten nicht, und wenn auch die Hauptstadt Fes zwei bedeutende Au?enwerke besitzt, so sind diese nicht von den Arabern errichtet, sondern von Renegaten (Oeludj) unter der Regierung des Sultan Sliman, Gro?vaters des jetzt regierenden. Was die erw?hnten kleinen Dome anbetrifft, so dienen sie, wie schon angeführt, zu Grabst?tten und sind die einzigen Geb?ude[1], bei denen der Araber sich in Gew?lben versucht hat. Meist ist die Grundform viereckig, aber nie rund. Die Kuppel hingegen oder das Dach ist fast immer rund, h?ufig achteckig. Bei der Ausschmückung der W?nde und des Fu?bodens wird derselbe Plan innegehalten wie oben bei den übrigen Baulichkeiten auseinandergesetzt wurde. Die W?lbung ist meist durch eingeschobene Holzquerbalken unterstützt. Das Material besteht entweder aus gebrannten Ziegeln oder unbehauenen Feldsteinen. Man findet diese Kubba in den St?dten und überall auf dem Lande zerstreut; in den St?dten bilden sie h?ufig gleichsam eine Art von Nebenkapelle, die an eine gro?e Moschee angebaut ist.
Von den Wohnungen der Landleute n?rdlich vom Atlas l??t sich nur wenig sagen. Dieselben bestehen, ob sie nun von Berbern oder Arabern (und es giebt in den Berberstaaten mehr se?hafte Araber, als gew?hnlich angenommen wird) herrühren, immer nur aus einem Zimmer, das hausartig gebaut ist; oft sind sie aus gestampften Massen, oft auch aus Feldsteinen aufgebaut. Auf 20 Fu? L?nge sind sie circa 8 Fu?
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 79
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.