Aus Kroatien | Page 9

Arthur Achleitner
Priester von normaler Ausbildung, sondern nur ein Protektionskind ohne Fachbildung sein werde.
In diesem Falle war besondere Vorsicht angezeigt, um nicht gegen den--Protektor zu versto?en.
Tonidandel ersah aus der Bezirkskarte, da? die "Inspektions"reise zum Amtssitz des Popen Vid mindestens drei Tage beanspruchen werde. Er übertrug daher die Dienstgesch?fte der Kompagniekommandantur dem Hauptmann Pegan und trat dann mit üblicher Bedeckung die Reise zu Pferd an.
Ein erb?rmliches Nest war das Dorf; die Holzh?user tief im Boden steckend, meist nur ein Gela? enthaltend, mit Stroh oder Dünger gedeckt. Der Fürsorge der Milit?rverwaltung entsprachen nur die Kirche und die steingefügten H?user für den Popen und für die Schule.
Der langhaarige und b?rtige Pope Vid sprang wie ein gehetzter Hirsch herbei, als Hauptmann Tonidandel mit sechs Soldaten am Pfarrhause hielt. überschwenglich und untert?nig begrü?te der Pope den "erlauchten" und gn?digen Herrn, v?llig nach Domestikenart, unterwürfig und kriechend.
Barsch fragte Tonidandel in dem üblichen Gemisch von Milit?rdeutsch und Likaner Kroatisch, ob der Pope Vid hei?e und der Pfarrer dieses Dorfes sei.
"Gehorsamst aufzuwarten, gn?diger Herr! Ich bin der Pope dieses Dorfes auf Empfehlung des hochwürdigsten Archimandriten durch die Gnade des erlauchten Chefs des Likaner Regiments, des gn?digsten Herrn Oberst K. in Karlstadt! Womit kann ich Euer Hochwohlgeboren dienen! Ich bitte um die hohe Ehre, die Schwelle meines Hauses überschreiten zu wollen!"
Den Hinweis auf die Ernennung zum Popen durch den Regimentschef K. hielt Tonidandel einstweilen für eitel Prahlsucht. Sein Pferd und die Bedeckungsmannschaft schickte der Offizier in das Dorfgasthaus. Und sofort machte sich Tonidandel an die Erledigung der Dienstgesch?fte, die für einen Offizier ebenso seltsam wie l?stig waren.
Der Forderung, die Register (Pfarrmatrikel) vorzulegen, suchte sich der Pope zu entziehen mit dem Hinweise, da? er--kein Freund von Schreibereien sei und um keinen Preis der Welt den gn?digen Herrn Kommandanten bel?stigen wolle.
Scharf bestand Tonidandel auf der Vorlage der Pfarregister. Der Pope wand und krümmte sich. Und er jammerte: "Halten zu Gnaden, erlauchter Herr Hauptmann! Die Matrikel, so Euer Herrlichkeit wünschen, ist ganz überflüssig, also nicht vorhanden!"
"Waaas? Wieso?"
"Halten zu Gnaden, Erlaucht! Li ja bas tako![8] Ganz überflüssig! Wird ein Kind geboren, so taufe ich es, das Kind ist da, braucht also nicht aufgeschrieben werden, weil es da ist! Stirbt einer in meiner Gemeinde, so ist er weg; den Toten schreibe ich nicht auf, weil er eben weg ist!"
"Prachtvoll!" h?hnte Tonidandel.
"Danke gehorsamst für diese Anerkennung Euer Erlaucht! Sie freut mich sehr!"
"Und die Hochzeiten! Werden diese auch nicht aufgeschrieben?"
"Nur die Namen, von wegen der Gebühren, wenn die Paare nicht gleich bezahlen! Die Zahlung ist die Hauptsache! Wovon soll ein armer Pop leben?"
"Eine interessante Wirtschaft in einem Pfarramt!"
"Ich danke untert?nigst! Aber interessant ist bei mir nichts, das Einkommen schlecht!"
"Wo hat Er denn studiert?"
"Gehorsamst aufzuwarten, beim Archimandriten!"
"Wie? Unbegreiflich! Zeig' Er mir seinen Lehrbrief!"
"Halten zu Gnaden, Herrlichkeit! Ich besitze ein solches Dokument nicht!"
"Tod und Teufel! Also hat Er Theologie gar nicht gelernt!"
"Zu dienen, Erlaucht! Der hochwürdigste Archimandrit hat mich h?chstpers?nlich unterrichtet, hat mich gelehrt: Messe lesen, Predigen, alle praktischen Funktionen, die ein Pop wissen und ausüben mu?! Ganz praktisch, nur praktisch! Ein Dokument hierüber haben mir der hochwürdigste Archimandrit nicht auszufertigen geruht!"
"Warum hat Ihn der Archimandrit in so auffallender Weise sozusagen--abgerichtet?"
"Aus Dankbarkeit!"
"Wie? Was? Wie kommt ein Archimandrit dazu, einem Menschen wie Ihm--so sonderbar zu Dank verpflichtet zu sein?"
"Das kann ich Euer Herrlichkeit nur ins--Ohr sagen, denn es mu? das ein Geheimnis bleiben!"
Und ehe der Offizier diese widerliche Zudringlichkeit verhindern konnte, hatte ihm der Pope das--Geheimnis ins Ohr geflüstert.
Erst starrte der Hauptmann den sonderbaren "Pfarrer" an, verblüfft in hohem Ma?e; dann aber lachte Tonidandel, da? ihm das Wasser aus den Augen scho?.
Zum Schlusse dieser denkwürdigen Pfarrmatrikelkontrolle bestand der Offizier auf der Einh?ndigung des Ernennungsdekretes.
Dieses Dokument lieferte der Pope ersichtlich ungern, z?gernd und wider Willen ab.
Ein Blick auf Dienstsiegel und Unterschrift. Und Tonidandel frohlockte. Es stimmte genau; der Oberst K., kein anderer, hatte dieses Monstrum von Theologen zum Pfarrer ernannt. Und den Popen Vid mu?te er v?llig vergessen haben: denn sonst würde er den Hauptmann nicht auf das--Protektionskind gehetzt, Kontrolle und Bestrafung angeordnet haben.
Wegen der weiteren Erledigung dieser Angelegenheit, erkl?rte der Offizier, da? ein Bescheid dem--"Pfarrer" schriftlich zugehen werde. Das Ernennungsdekret nahm er mit.
Wie zu Stein erstarrt blieb der Pope stehen, als der Hauptmann lachend das Pfarrhaus verlie?....
Zwei Tage sp?ter schrieb Tonidandel in der Kanzlei zu S. den gewünschten Bericht an das Regimentskommando in Karlstadt. Zwar nicht "ersch?pfend", aber sarkastisch, knapp und sehr verst?ndlich. Der Inhalt lautete ungef?hr: Eine Pfarrmatrikel gibt es im Dorfe .... nicht; der mit Dekret des Regimentskommandanten, des Herrn Oberst K. zum--Pfarrer ernannte Jasa Vid war früher durch viele Jahre Kutscher beim Archimandriten ...., der den Vid aus Dankbarkeit zum Popen abrichtete, weil der Vid niemals einen--Lohn für seine Kutscher- und Hausknechtsarbeit erhalten hat. Deshalb besitzt der Vid auch keinen theologischen Lehrbrief und keine theologischen Kenntnisse. Vid behauptet, da? der Archimandrit ihn dem Herrn Regimentschef empfohlen habe. Die Bestrafung wegen ungenügender Matrikelführung wolle das hohe Regimentskommando vornehmen.
Bezüglich der
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 44
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.