noch den alten Koch und Reinhardt gekannt. Er hat
damals einen starken Einfluß auf Böcklin gewonnen. Nach dessen
eigenem Zeugnis ist die Landschaft (Taf. 2) unter Drebers Einfluß
entstanden.
Bald muß auch der jüngere Poussin, Gaspard Dughet, in seinen
Gesichtskreis getreten sein. Dies geschah aber vermutlich etwas später,
zur Zeit als Jakob Burckhardt seine Studien für den Cicerone machte,
also um 1853. Burckhardt schätzte Dughet sehr und mag den Freund
auf dessen Werke, die, weit zerstreut in Galerien und Kirchen, nicht
jedem auffallen, erst aufmerksam gemacht haben. Schon einem Paul
Heyse aber, der Böcklin Herbst 1852 in Rom besuchte, fiel das
erstaunliche Gedächtnis auf, das Böcklin erlaubte, umfangreiche
Kompositionen aus dem Kopfe zu malen. Die große Zahl von Studien,
die aus dieser Zeit erhalten sind, dienten also kaum dazu, die
Durchführung der Gemälde zu erleichtern, sondern das Gedächtnis zu
üben und dadurch das freie Schaffen zu ermöglichen.
Im Sommer dieses Jahres 1852 war Böcklin für einige Monate in Basel
gewesen. Er hatte damals vergeblich um die anmutige und vielgefeierte
Antonia Schermar geworben, der auch Jakob Burckhardt gehuldigt hat.
Nach Rom zurückgekehrt, fand er endlich das Weib, das für ein halbes
Jahrhundert seine Gattin werden sollte. Sie war, als er um sie freite,
siebzehnjährig, rassig und sehr schön, und er hat sie, da er keinen
andern Ausweg wußte, sich ihr zu nähern, auf der Straße angesprochen
und sie gebeten, ihm die Verwandten zu nennen, bei denen er um ihre
Hand anhalten könne. Denn sie war alles eher als, wie die Sage geht,
ein Berufsmodell. Sie war eine Waise, die wohlbehütet bei einer
Verwandten wohnte und bei frommen Nonnen ihren Schulunterricht
genossen hatte. Es stand ihr auch ein hübsches Vermögen in Aussicht.
Nur das hat ihren Lebensweg in eine gewagte Bahn gebracht, daß sie
statt eines dicken Konditors einen fremden schlanken Maler haben
wollte, der Protestant und zu allem Unglück auch noch ein
selbstherrliches Genie war. Sie hieß Angela Pascucci. Nun gab es in
den sechziger Jahren, zur Zeit, da sie als Frau Professor von Weimar
nach Rom zurückgekehrt war, dort wirklich ein Modell, das wegen
toller Streiche von sich reden machte, Angela mit Vornamen hieß, und
allgemein «die Pascuccia» genannt wurde.
Die Hochzeit Böcklins fand 1853 statt und Jakob Burckhardt, der
damals in Italien weilte, war Trauzeuge. Anfangs schien auch alles gut
zu gehen. Als jedoch die Priester merkten, daß der Mann nie einen
guten Katholiken abgeben werde, bekam die Gattin von dem Vermögen,
das ihr hätte zufallen sollen, nichts mehr zu sehen; es wurde ihr jede
Unterstützung von Seiten ihrer wohlhabenden Verwandten versagt, und
die Not stieg schon im zweiten Jahre der Ehe einmal aufs höchste, als
auch noch die Verkäufe ausblieben. Aber obgleich die Unterschiede in
Erziehung, Lebensanschauung und Bildung zwischen den beiden
Eheleuten groß waren und in späteren Jahren nicht ohne Folgen
geblieben sind, so hielten die beiden doch fest zusammen. Die Frau
hatte heroisch für ihren Mann eine bequeme Zukunft geopfert, wie einst
der Mann für seinen Beruf, und mit der Ehe dieser entschlossenen und
wagemutigen Naturen begann erst recht der Aufstieg.
«Als das zweite Kind kam»--und Frau Böcklin neunzehn Jahre alt
wurde--«ging es uns besser», meinte die Gattin später. Die tonigen
Gemälde, die der Mann Mitte der fünfziger Jahre schuf, begannen in
dem Kreise von deutschen Künstlern und Kunstfreunden, der sich in
Rom zusammengefunden hatte, sehr großes Aufsehen zu erregen und
fanden Käufer, wenn auch zu sehr bescheidenen Preisen. Der Maler
August Riedel, der schon längere Zeit in Rom ansässig war und ein
großes Ansehen genoß, hat sich namentlich durch seine Fürsprache ein
Verdienst um Böcklin erworben. Begas freundete sich damals für das
Leben mit ihm an, und Feuerbach erhielt, wie Allgeyer erzählt, jenen
an Schrecken grenzenden Eindruck von der Kunst eines aufstrebenden
Genius, der noch mehr wie er selber verkannt war, und schloß sich
ebenfalls an ihn an. In der Erinnerung der Frau ist der Verkauf des
Bildes «Kentaur und Nymphe», das sich jetzt in der Berliner
Nationalgalerie befindet (Taf. 3), der erste große Erfolg ihres Gatten
gewesen.
Was Böcklin zunächst an der italienischen Landschaft begeistert hatte,
war nicht nur der üppige Reichtum der Vegetation, sondern vielleicht
viel mehr noch die Klarheit aller Formen. Die Linien der heimatlichen
Berge hatten wohl einen großen Zug, aber die Profile sind doch immer
mit dem Flaum der Wälder, Obstgärten, Kornfelder und Wiesen
überzogen. Baum zerfließt da in Baum. In der Campagna waren noch
weite Flächen unkultiviert. Herrliche Baumgruppen standen auf kahlem
Erdreich, antike Ruinen, Felsen und Abhänge, ja jede Falte des Bodens
schon, alles hob sich durch scharfe Schatten klar und plastisch
gezeichnet, auf weite Strecken sichtbar, scharf und bestimmt von
glatten Flächen ab. Und Böcklin war Plastiker, nicht nur Kolorist.
Schon früh zeichnen sich seine Studien und Gemälde vor denen
Drebers aus durch die übersichtliche Klarheit des Gesamteindrucks und,
was eng damit zusammenhängt, durch den größeren Wurf. So auch das
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