Arnold Böcklin | Page 3

Heinrich Alfred Schmid
Venus besonders hold. Aber mit der Reformation war ein puritanischer Geist eingezogen, der sich bis ins 19. Jahrhundert erhalten hat, und ein gro?er Teil der angesehensten alten Familien geht sogar, wie schon die Namen andeuten, auf Flüchtlinge zurück, die ihres Glaubens wegen aus Italien, Frankreich und auch aus Deutschland eingewandert waren. Diese haben nun allerdings fremde Industrien hierher verpflanzt und damit den Reichtum gef?rdert und es wurde dem alemannischen Stamme der Bev?lkerung durch sie auch ein fremdes und gutes Reis aufgepfropft. Aber seit dem 17. Jahrhundert war der Zustrom von au?en nur ein sehr schwacher und das Gemeinwesen hat sich nicht mehr vergr??ert. Die Bev?lkerung erhielt dadurch ein scharf ausgesprochenes Gesicht, wie es in heutigen St?dten gar nicht mehr m?glich ist und dies Gesicht sah etwas anders aus als im Anfange des 16. Jahrhunderts.
Die Stadt war sprichw?rtlich für ihren Erwerbssinn und ihren Reichtum, aber auch für die altv?terischen Gepflogenheiten, den Familiensinn, die Fr?mmigkeit, den Gemeinsinn und ihre Wohlt?tigkeit. Kaufm?nnische Tugenden gaben neben der pietistisch gef?rbten Religiosit?t der Physiognomie der Bewohner ihre charakteristischen Züge.
Allein es fehlte durchaus nicht an geistigem Leben, nur kam der Wohlstand mehr der Wissenschaft als der Kunst, und unter den Künsten am meisten der Musik und der Baukunst zugute. Durch alle Zeiten des Stillstandes und des Niederganges hatte sich die Universit?t erhalten und so haben neben B?cklin in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts auch ein Jakob Burckhardt und ein Nietzsche gewirkt. Aber auch die Gem?lde und Zeichnungen Holbeins, die sich aus den Tagen des Glanzes im Besitze der Stadt erhalten haben, waren immer gesch?tzt, wenn auch vielleicht nicht h?ufig besichtigt worden und übten ihre stille Wirkung aus. In der zweiten H?lfte des 18. Jahrhunderts begann ferner das Interesse für das Münster und die übrigen mittelalterlichen Kirchen der Stadt zu erwachen. Namentlich aber ist schon seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts eine aufsteigende Entwicklung auf dem Gebiete der Architektur zu beobachten. Diese brachte sp?ter, in der Rokokozeit, die gro?e Zahl von sch?nen, zum Teil sogar prunkvollen Patrizierh?usern hervor, die dem Innern der Stadt noch heute ihr Gepr?ge verleihen. Nebenher kam auch das Sammeln von Bildern auf. Der Malerberuf war zu Beginn des 19. Jahrhunderts in dieser Stadt der Kaufherren und der frommen Sitte an sich durchaus nicht gerade verachtet, wenn man auch dem Erbauer komfortabler Familienh?user jedenfalls mehr Verst?ndnis und sicher weit gr??ere pers?nliche Achtung entgegengebracht haben wird, als den Jüngern der leichter geschürzten Muse der Malerei. Was den fürsichtigen und bed?chtigen Baslern damals wirklich zu einem Kunstleben fehlte, war vielleicht nur der Sinn für naiven Lebensgenu? und sch?nen Schein und jener Leichtsinn, der zu gro?en Taten schlie?lich nun einmal n?tig ist. Wenigstens vermi?t man in vielen ?u?erungen der damaligen und noch einer sp?teren Zeit das Gefühl für das Heroische im Verhalten eines Mannes, der ohne finanzielle Sicherheiten, nur im Bewu?tsein eigener Kraft, eine Bahn betrat, die den Winden und Wogen ein so sicheres Ziel bot wie der Künstlerberuf, und der auch noch auf dieser an sich schon gef?hrlichen Bahn, lediglich der eigenen Vernunft gehorchend, alles Hergebrachte und Anerkannte in den Wind schlug.
Die Maler, die in B?cklins Jugend in Basel den Stand vertraten, waren nicht dazu angetan, diese Anschauungen zu ?ndern. Sie waren keine Gesetzgeber sondern Diener des Zeitgeschmackes. Fast alle sind sie zwar von der deutschen Bewegung, die von Carstens, Koch und den Nazarenern ausging, berührt worden. In Basel aber kamen sie dem Bedürfnis nach Alpenlandschaften und Veduten nach und unterrichteten die Jugend in einer Zeichenschule, die im 18. Jahrhundert gegründet worden war. Einer von ihnen, der genial veranlagte Hieronymus He?, ist in der Enge der Heimat, verbittert und versauert, als Mensch und Künstler zugrunde gegangen, ein anderer, Miville, einer der Lehrer B?cklins an der Zeichenschule, hat auf vielen Reisen in zahlreichen Skizzenbüchern dieselben Gegenden und ?hnliche Motive wie sp?ter sein Schüler verewigt, wenn auch ohne alle tiefere Originalit?t und ohne den feineren Natursinn des gr??eren Nachfahren.
Nicht der Glanz, mit dem B?cklin etwa als Knabe den Maler umgeben sah, hat ihn auf seine Bahn gelockt, sondern innere Notwendigkeit und das Gefühl, da? das, was er in sich trug, etwas St?rkeres und Besseres sei als die Triebkr?fte, die seine künstlerische Umgebung beherrschten.
B?cklin ist der Sohn eines Kaufmanns, dessen Gro?eltern aus Beggingen im Kanton Schaffhausen eingewandert waren. Der Urgro?vater des Malers war offenbar ein verarmter Landwirt, der in einer Basler Fabrik sein Brot suchte und fand, auch der Gro?vater war Fabrikarbeiter; mit dem Vater aber begann der Aufstieg. Er war ein erfinderischer Kopf, hatte sich schon in ganz jungen Jahren durch die Verbesserung eines roten Farbstoffes die Wertsch?tzung seines Brotherrn erworben, dann mit zweiundzwanzig Jahren eine Tochter aus gebildeter und auch etwas wohlhabender Familie geheiratet und sich sp?ter selbst?ndig gemacht. Das Verm?gen der Frau ging freilich in seinem eigenen Unternehmen zugrunde. Er mu?te dann wieder die technische Leitung einer fremden Fabrik übernehmen, und gerade in den Jahren, als
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