Aquis Submersus | Page 5

Theodor W. Storm
vor dem Friedensschlusse bei Spiel und Becher mit den Schwedischen Offiziers Verkehr gehalten, was mit rechter Holstentreue nicht zu reimen ist.
Indem ich die? bei mir erwog, war ich aus dem Buchenwalde in den Richtsteig durch das Tannenh?lzchen geschritten, das schon dem Hofe nahe liegt. Wie liebliche Erinnerung umhauchte mich der W��rzeduft des Harzes; aber bald trat ich aus dem Schatten in den vollen Sonnenschein hinaus; da lagen zu beiden Seiten die mit Haselb��schen eingehegten Wiesen, und nicht lange, so wanderte ich zwischen den zwo Reihen gewaltiger Eichb?ume, die zum Herrensitz hinauff��hren.
Ich wei? nicht, was f��r ein bang Gef��hl mich pl?tzlich ��berkam, ohn alle Ursach, wie ich derzeit dachte; denn es war eitel Sonnenschein umher, und vom Himmel herab klang ein gar herzlich und ermunternd Lerchensingen. Und siehe, dort auf der Koppel, wo der Hofmann seinen Immenhof hat, stand ja auch noch der alte Holzbirnenbaum und fl��sterte mit seinen jungen Bl?ttern in der blauen Luft.
"Gr��? dich Gott!" sagte ich leis, gedachte dabei aber weniger des Baumes, als vielmehr des holden Gottesgesch?pfes, in dem, wie es sich nachmals f��gen mu?te, all Gl��ck und Leid und auch all nagende Bu?e meines Lebens beschlossen sein sollte, f��r jetzt und alle Zeit. Das war des edlen Herrn Gerhardus T?chterlein, des Junkers Wulfen einzig Geschwister.
Item, es war bald nach meines lieben Vaters Tode, als ich zum ersten Mal die ganze Vacanz hier verbrachte; sie war derzeit ein neunj?hrig Dirnlein, die ihre braunen Z?pfe lustig fliegen lie?; ich z?hlte um ein paar Jahre weiter. So trat ich eines Morgens aus dem Thorhaus; der alte Hofmann Dieterich, der ober der Einfahrt wohnt und neben dem als einem getreuen Mann mir mein Schlafk?mmerlein einger?umt war, hatte mir einen Eschenbogen zugerichtet, mir auch die Bolzen von t��chtigem Blei dazu gegossen, und ich wollte nun auf die Raubv?gel, deren genug bei dem Herrenhaus umherschrien; da kam sie vom Hofe auf mich zugesprungen.
"Wei?t du, Johannes", sagte sie; "ich zeig dir ein Vogelnest; dort in dem hohlen Birnbaum; aber das sind Rotschw?nzchen, die darfst du ja nicht schie?en!"
Damit war sie schon wieder vorausgesprungen; doch eh sie noch dem Baum auf zwanzig Schritte nah gekommen, sah ich sie j?hlings stille stehn. "Der Buhz, der Buhz!" schrie sie und sch��ttelte wie entsetzt ihre beiden H?ndlein in der Luft.
Es war aber ein gro?er Waldkauz, der ober dem Loche des hohlen Baumes sa? und hinabschauete, ob er ein ausfliegend V?gelein erhaschen m?ge. "Der Buhz, der Buhz!" schrie die Kleine wieder. "Schie?, Johannes, schie?!"--Der Kauz aber, den die Fre?gier taub gemacht, sa? noch immer und stierete in die H?hlung. Da spannte ich meinen Eschenbogen und scho?, da? das Raubthier zappelnd auf dem Boden lag; aus dem Baume aber schwang sich ein zwitschernd V?glein in die Luft.
Seit der Zeit waren Katharina und ich zwei gute Gesellen mit einander; in Wald und Garten, wo das M?gdlein war, da war auch ich. Darob aber mu?te mir gar bald ein Feind erstehen; das war der Kurt von der Risch, dessen Vater eine Stunde davon auf seinem reichen Hofe sa?. In Begleitung seines gelahrten Hofmeisters, mit dem Herr Gerhardus gern der Unterhaltung pflag, kam er oftmals auf Besuch; und da er j��nger war als Junker Wulf, so war er wohl auf mich und Katharinen angewiesen; insonders aber schien das braune Herrent?chterlein ihm zu gefallen. Doch war das schier umsonst; sie lachte nur ��ber seine krumme Vogelnase, die ihm, wie bei fast allen des Geschlechtes, unter buschigem Haupthaar zwischen zwei merklich runden Augen sa?. Ja, wenn sie seiner nur von fern gewahrte, so reckte sie wohl ihr K?pfchen vor und rief. "Johannes, der Buhz, der Buhz!" Dann versteckten wir uns hinter den Scheunen oder rannten wohl auch spornstreichs in den Wald hinein, der sich in einem Bogen um die Felder und danach wieder dicht an die Mauern des Gartens hinanzieht.
Darob, als der von der Risch de? inne wurde, kam es oftmals zwischen uns zum Haarraufen, wobei jedoch, da er mehr hitzig denn stark war, der Vortheil meist in meinen H?nden blieb.
Als ich, um von Herrn Gerhardus Urlaub zu nehmen, vor meiner Ausfahrt in die Fremde zum letzten Mal, jedoch nur kurze Tage, hier verweilte, war Katharina schon fast wie eine Jungfrau; ihr braunes Haar lag itzt in einem goldnen Netz gefangen; in ihren Augen, wenn sie die Wimpern hob, war oft ein spielend Leuchten, das mich schier beklommen machte. Auch war ein alt gebrechlich Fr?ulein ihr zur Obhut beigegeben, so man im Hause nur "Bas' Ursel" nannte; sie lie? das Kind nicht aus den Augen und ging ��berall mit einer langen Tricotage neben ihr.
Als ich so eines Octobernachmittags im Schatten der Gartenhecken mit beiden auf und ab wandelte, kam ein lang aufgeschossener Gesell, mit spitzenbesetztem Lederwams und Federhut ganz alamode gekleidet, den Gang zu uns herauf; und siehe da, es war der Junker Kurt, mein alter Widersacher. Ich merkte allsogleich, da? er noch immer
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