Angela Borgia | Page 7

Conrad Ferdinand Meyer
Herzogin unbefangen, "wie sich mein liebensw��rdiger venezianischer Besuch, den ich schwer missen werde, von mir verabschiedet."
"Ihr verla?t uns, Bembo?" sagte der Kardinal leutselig. "Das sollte mir leid tun. Wohin gehet Ihr?"
"Nach Urbino, Eminenz."
"Um wieder zu uns zur��ckzukehren?... Denn uns geh?ret Ihr an, und wir k?nnen Euch nicht entbehren, ebensowenig als eine andere, die man auch von uns fortsenden will."
Die F��rstin zog das neben ihr stehende M?dchen zu sich auf die Bank nieder und behielt seine Hand in der ihrigen, als n?hme sie von Angela Besitz.
"Wir bilden hier einen festgeflochtenen, farbigen Kranz", fuhr er fort, "aus dem es unrecht w?re, eine Blume zu entfernen, geschweige die s��?este Knospe wegzurei?en!"
Lukrezia erhob ihre Augen gro? gegen den Kardinal, ��berlegend, ob jetzt, da Bembo noch als Zeuge hier stehe, nicht der Augenblick gekommen sei, ein l?ngst im Finstern schleichendes ��bel an die Helle zu ziehen und durch das darauf fallende Tageslicht zu vernichten.
Geistesgegenw?rtig, wie sie war, besann sie sich nicht lange.
"Kardinal", sagte sie, "wenn Ihr unter der andern uns bald Verlassenden diese hier versteht, so wisset, ich trachte danach, da? sie von uns scheide. Ihr Alter ruft der Verm?hlung, und hier wei? ich f��r sie keinen Gemahl, w?hrend Graf Contrario, den Ihr kennt und der sie heimzuf��hren begehrt, alle Eigenschaften besitzt, die ich als die Sch��tzerin Angelas von ihrem Manne fordern darf. So ist mein Wille; doch werde ich gern noch Eure Meinung dar��ber in Betracht ziehen."
Bembo wollte sich bescheiden entfernen, wurde aber durch einen Blick Lukrezias festgehalten. Sie kannte das Unberechenbare in der Natur des Kardinals und scheute seine ��berraschungen.
Dieser schien die Herausforderung in den Worten der F��rstin nicht zu f��hlen; er w?hlte, w?hrend der Venezianer sich neben den Frauen auf eine Rasenb?schung niederlie?, gelassen ihnen gegen��ber einen bequemen Platz im Dunkel einer Kastanie, deren Stamm sich nahe dem Boden teilte, mit den ��ppigen ?sten den Rasen bedeckend, und begann, indem er mit dem schaukelnden Fu?e nach einer fl��chtigen Eidechse stie?, mit ruhigen Worten:
"Wie ich den Grafen Contrario kenne, taugt er nimmermehr f��r eine Borgia, denn er ist ein armer Mensch, zusammengesetzt aus peinlichen Tugenden und ewigem Widerspruch, ein Berg rechthaberischer Grunds?tze, der die Maus einer knickerischen Rechenkunst gebiert, g?nzlich unf?hig, eine Frau um ihrer selbst willen mit Gr??e und Verschwendung zu lieben! Ich behaupte, seiner Werbung um dieses Sch?ne, dieses Liebe hier liegt ein grobes Rechenexempel zugrunde. Hier auf diese Tafel will ich es niederschreiben!"
Er zog ein T?felchen hervor, schrieb mit dem Stift und las zugleich:
"Graf Ettore Contrario freit um die hochherzige Angela Borgia, weil er mit dem Fiskus in Ferrara einen von seinem Vater geerbten Proze? ��ber bedeutende, auf ferraresischem Boden gelegene L?ndereien f��hrt, den er aller Wahrscheinlichkeit nach bei den zust?ndigen ferraresischen Gerichten verlieren w��rde ohne den Schutz eines h?chsten Einflusses, wie der, zum Beispiel, unserer erlauchten F��rstin, f��r deren einziges L?cheln der verliebte Gro?richter Herkules Strozzi Ehre und Seele verkauft. Unsre Herzogin aber und ihr Sklave Herkules w?ren zu bestechen, wenn der vollkommene Graf die Hand dieser Unschuld begehrt, welche Donna Lukrezia aus Ferrara entfernen will, weil das junge M?dchen aufs z?rtlichste und rasendste von dem Kardinal Ippolito geliebt wird, w?hrend sie selbst, als echtes Weib, unwissend und hoffnungslos f��r den gr??ten Taugenichts der Erde entflammt ist.
Ohne innern Kampf wird der m??ig tapfere Graf sich nicht entschlie?en, zwischen diese lodernden Feuer zu greifen. Aber es ist m?glich, da? seine Habsucht st?rker ist als seine Feigheit. Beurteilt Ihr ihn anders, Herzogin?"
Lukrezia wunderte sich ��ber dies freche Bekenntnis und diese verwegene Blo?legung der Tatsachen, die ihrer eigenen Wertung der Dinge und Personen nicht allzu fern lag, welche aber nicht gelten durfte, weil sie es nicht wollte.
Ehe sie indessen antworten konnte, ergriff Ippolito, der sich nach einer von Angela aus leichten Grashalmen zusammengef��gten Kette geb��ckt hatte, die eben ihren zitternden H?nden entglitten war, wiederum das Wort:
"Wie diese Ringe verkettet sich Absicht mit Absicht, um Euch zu kuppeln, Angela Borgia; aber wie ich Euch kenne und liebe, werdet Ihr diese Kette zerrei?en, wie ich dieses nichtige Geflecht! Denn", fl��sterte er hei?, "Angela lie?e sich eher von einem D?mon in die H?lle ziehen, wenn er sie liebte, als da? sie sich dazu darb?te, die Summe eines Rechenexempels zu werden!--So rede ich, wie redet Ihr, Schw?gerin?"
Er wandte sich mit einem Antlitz, das drohte und trauerte, gegen Lukrezia.
Sie antwortete fest: "Ich aber verm?hle diese mit dem Grafen Contrario. Berechnend ist er--zugestanden--, wie es das Leben erfordert, doch nicht unadelig. Diese aber wird er beh��ten, besser als ich es verm?chte. Und was wollt denn Ihr mit Angela, Kardinal?-- Euer Weib kann sie nicht werden, solange Ihr den Purpur tragt, und den werdet Ihr nicht verschleudern wollen einem M?dchen zuliebe!"
"Wer wei?, F��rstin!" entgegnete er wegwerfend. "Euer Bruder vertauschte ihn gegen ein Herzogtum, und ich achte diese f��r ein neidenswerteres Gut! Auch ist mir minder darum bange, da? sie sich Eurem G��nstling, dem Contrario, zuwende, sie wird es nicht
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