An heiligen Wassern | Page 3

Jakob Christoph Heer
��berkommen. Ihre blauen Augen gingen tr?umerisch ins Weite, sie ��berlegte, faltete die H?nde ��ber dem Knie und begann: ?Also, das ist so lange her, da? es nirgends in den B��chern aufgeschrieben steht. Da gab es neben uns rechten Leuten im Glotterthal noch Wildm?nnlein und Wildweiblein, die in den W?ldern wohnten. Es geschah nun, da? einer von den rechten Hirten ein Wildm?dchen Namens Gabrisa, das m?chtig sch?n war, lieb gewann. Ihr dunkles Haar reichte bis auf den Boden, ihr Gesicht war wei? und ihre Stimme t?nte wie Glockenspiel. Allein ihrem Geliebten mi?fiel es, da? sie jedesmal, wenn Vollmond war, zu den Ihrigen in den Wald verschwand. Einmal brachte er nun am Tag vor dem Vollmond Wein von Hospel herauf. 'Trink, Gabrisa,' sagte er. 'Ist das g��ldenes Wasser?' fragte sie, denn sie kannte den Wein nicht. Und er antwortete: 'Ja, das ist g��ldenes Wasser.' Da trank Gabrisa und der Wein schmeckte ihr gut. Als sie in den Wald eilen wollte, trugen sie die F��?e nicht, sie schwankte, fiel und schlief ein; als sie aber erwachte, sprang sie in den Wald, wandte sich noch einmal nach dem Geliebten um und sang ihm mit ihrer sch?nen Stimme zu:
'G��ldenes Wasser, das macht mir Pyn, Ich darf nit mehr dine Liebste syn!'
Das M?dchen war verschwunden. Aus Zorn ��ber den Schimpf, der Gabrisa und damit sie alle getroffen, bannten die Wildleute die Wolken, da? sie ihr Na? nicht mehr ��ber Hospel und die f��nf D?rfer ausleeren konnten, wo der Wein, den sie getrunken hatte, gewachsen war. Die Rebberge verdorrten, Aecker und Wiesen standen ab, es trat eine gro?e Hungersnot und ein gro?es Sterben ein, das nicht mehr aufh?ren wollte.?
Die Erz?hlerin ruhte einen Augenblick, als ob sie sich sammeln wollte, sie war so mit sich selbst besch?ftigt, da? sie nicht sah, wie Josi, ihr Bruder, die Augen unverwandt auf das blumenbekr?nzte Haupt Binias geheftet hielt, auch diese selbst sp��rte es nicht, denn sie hatte ihre Lebhaftigkeit geb?ndigt und hing mit ihren Blicken an Vroni.
Ehe diese den Faden ihrer Geschichte wieder aufnehmen konnte, schrie Galta, das arme Vieh, das die Kinder ganz vergessen hatten, so stark, da? die pflichtvergessene Binia aufsprang und ��ber die Br��cke zu ihr hin��bereilte.
Da sagte Josi unvermittelt, als h?tte er von der Geschichte seiner Schwester gar nichts geh?rt: ?Bini ist aber ein sch?nes M?dchen!?
Vroni sah den Bruder erstaunt an, erst nach einer Weile antwortete sie: ?Siehst du das erst jetzt, das habe ich schon lange gewu?t.?
Ihre Gedanken blieben bei der Erz?hlung haften, die H?nde im Scho?, spann sie die Geschichte weiter und merkte nicht einmal, wie nun auch Josi sich leise von ihr weg ��ber die Br��cke zu Binia hin��berschlich.
?Umsonst flehten die Hospeler die Wildleute an, da? sie den Bann l?sen. Sie antworteten: 'Das k?nnen wir nicht mehr, denn was geschehen, ist geschehen und der Fluch gilt ewig. Als die 'trockenen D?rfer' sollt ihr bekannt sein im Land zu aller Warnung.' Und sie sprangen in den Wald.
Zu jener Zeit nun kamen die Venediger ins Glotterthal, gr��ndeten das Schmelzwerk und gruben Blei- und Silbererz, das sie verschmolzen, bis das pure Metall in die Kannen rieselte.
F��r ihre Feuer, die nie ausgingen, brauchten sie gewaltig viel Holz. Als sie aber den Arvenwald zwischen der Br��cke und dem Dorf zu schlagen anfingen, gerieten die Wildleute in gro?e Angst, es w��rde die Zeit kommen, wo sie nicht mehr genug s��?e Zirbeln��sse, ihren liebsten Leckerbissen, f?nden. Sie berieten lange hin und her, wie sie die Leute von St. Peter bewegen k?nnten, ihnen ein gro?es St��ck Wald zu schenken. Eines Nachts erschien Gabrisa am Lager ihres ehemaligen Geliebten, l?chelte und sagte: 'Ich will dich und alle in St. Peter reich machen mit g��ldenem Wasser, das ihr gerne trinket, so ihr uns Wildleuten den Wald an der Thalhalde zwischen dem Dorf und der Kapelle schenkt, wo die Zirbeln wachsen. Saget denen zu Hospel, da? wir Wasser auf ihre verdorrten Reben, Felder und Wiesen f��hren wollen, wenn sie euch gutwillig ein Dritteil ihrer Weinberge geben.
'Uns Wilden den Wald, euch Zahmen den Wyn, Das s?ll treulich und ewig gehalten syn!'
Gabrisa verschwand. Schon lange h?tten die von St. Peter gern Weinberge gehabt, aber die Reben wachsen nicht, wo die Gletscher sind. Darum ging ihnen, was Gabrisa sagte, zu Herzen, sie redeten mit den Hospelern und den f��nf D?rfern; m��rbe von der langen Not, traten diese dem Handel bei, denn ihre Reben waren wertlos geworden. Wie Gabrisa gesagt, kam der Vertrag zu stande und wurde beim Bildhaus von Tremis von den Abgesandten der Wildleute und der D?rfer beschworen.
Nur wunderte man sich, wie die Wildleute das Wasser in die hohen Weinberge tragen oder f��hren werden, doch wu?te man, da? sie in vielen K��nsten erfahren waren.?
Erst jetzt merkte Vroni, da? sie auch vom Bruder im Stiche gelassen worden war. Was verschlug's? Er hatte ja die Geschichte schon oft von der Mutter geh?rt, die sie so sch?n wie niemand anders
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