Alaeddin und die Wunderlampe | Page 3

Kurt Moreck
er war, herausfand. Er hat dir vielleicht
erzählt, wie sehr die traurige Nachricht vom Tode meines Bruders mich
ergriff. Indes, was Gott tut, das ist wohlgetan; ich tröste mich, ihn in
seinem Sohne wiederzufinden, der so auffallende Ähnlichkeit mit ihm
hat.«
Als der afrikanische Zauberer sah, daß Alaeddins Mutter bei der
Erinnerung an ihren Mann gerührt wurde und aufs neue in Schmerz
versank, brach er das Gespräch ab, wandte sich zu Alaeddin und fragte
ihn um seinen Namen. -- »Ich heiße Alaeddin,« antwortete dieser. --
»Nun gut, Alaeddin,« fuhr der Zauberer fort, »womit beschäftigst du
dich? Verstehst du ein Gewerbe?«

Bei dieser Frage schlug Alaeddin die Augen nieder und geriet in
Verlegenheit. Seine Mutter aber nahm das Wort und sagte: »Alaeddin
ist ein Taugenichts. Sein Vater hat, so lang er lebte, alles mögliche
getan, um ihn sein Gewerbe zu lehren; allein er konnte seinen Zweck
nicht erreichen, und seit er tot ist, streicht er, trotz meinen täglichen
Ermahnungen, die ganze Zeit auf den Straßen herum und spielt mit
Kindern, wie du gesehen hast, ohne zu bedenken, daß er kein Kind
mehr ist; wenn du ihn deshalb nicht beschämst und er sich diese
Ermahnung nicht zunutzen macht, so gebe ich alle Hoffnung auf, daß
jemals etwas aus ihm wird. Er weiß, daß sein Vater kein Vermögen
hinterlassen hat, und sieht selbst, daß ich mit meinem
Baumwollespinnen den ganzen Tag über kaum das Brot für uns beide
verdienen kann. Ich bin entschlossen, ihm nächster Tage einmal die
Türe zu verschließen und ihn fortzuschicken, daß er sich seine
Unterkunft anderswo suchen kann.«
Als Alaeddins Mutter unter vielen Tränen so gesprochen hatte, sagte
der afrikanische Zauberer zu dem Jungen: »Das ist nicht gut, mein
Neffe, du mußt darauf denken, dir selbst fortzuhelfen und einen
Lebensunterhalt zu verschaffen. Es gibt ja so viele Gewerbe in der Welt;
besinne dich einmal, ob nicht eines darunter ist, zu dem du mehr
Neigung hast, als zu den andern. Vielleicht gefällt dir bloß das deines
Vaters nicht und du würdest dich besser zu einem andern anschicken;
verhehle mir deine Gesinnung hierüber nicht, ich will ja bloß dein
Bestes.« Als er sah, daß Alaeddin nichts antwortete, fuhr er fort: »Ist es
dir überhaupt zuwider, ein Handwerk zu erlernen und willst du ein
angesehener Mann werden, so will ich für dich eine Bude mit kostbaren
Stoffen und feinen Linnenzeugen einrichten; du kannst dann diese
Sachen verkaufen, mit dem Gelde, das du daraus lösest, den Einkauf
neuer Waren bestreiten und auf diese Art ein anständiges
Unterkommen finden. Frage dich selbst und sage mir offen, was du
denkst. Du wirst mich stets bereit finden, mein Versprechen zu halten.«
Dieses Anerbieten schmeichelte Alaeddin sehr; ein jedes Handwerk
war ihm zuwider, um so mehr, da er bemerkt hatte, daß solche
Kaufläden, wovon sein Oheim gesprochen hatte, immer hübsch und
stark besucht und die Kaufleute gut gekleidet und sehr geachtet waren.

Er erklärte daher dem afrikanischen Zauberer, daß seine Neigung mehr
nach dieser Seite gerichtet sei, als nach jeder andern, und daß er ihm
zeitlebens für die Wohltat danken würde, die er ihm erweisen wolle.
»Da dieses Gewerbe dir angenehm ist,« erwiderte der afrikanische
Zauberer, »so werde ich dich morgen mitnehmen und dich so hübsch
und reich kleiden lassen, wie es sich für einen der ersten Kaufleute in
dieser Stadt geziemt; übermorgen wollen wir dann darauf denken,
einen solchen Laden zu errichten, wie ich im Sinn habe.«
Alaeddins Mutter, die bis jetzt nicht geglaubt hatte, daß der
afrikanische Zauberer der Bruder ihres Mannes sei, zweifelte nach
solch glänzenden Versprechungen nicht mehr daran. Sie dankte ihm für
seine guten Gesinnungen, und nachdem sie Alaeddin ermahnt hatte,
sich der Wohltaten, die sein Oheim ihn hoffen ließ, würdig zu zeigen,
trug sie das Abendessen auf. Die Unterhaltung während des ganzen
Mahles drehte sich immer um denselben Gegenstand, bis endlich der
Zauberer bemerkte, daß die Nacht schon weit vorgerückt war. Er
verabschiedete sich von Mutter und Sohn und ging nach Hause.
Am andern Morgen ermangelte der afrikanische Zauberer nicht, sich
versprochenermaßen bei der Witwe des Schneiders Mustafa wieder
einzufinden. Er nahm Alaeddin mit sich und führte ihn zu einem
bedeutenden Kaufmann, der bloß ganz fertige Kleider von allen
möglichen Stoffen und für Leute jeden Alters und Standes verkaufte.
Von diesem ließ er sich mehrere zeigen, die für Alaeddin paßten, und
nachdem er die, die ihm am besten gefielen, ausgesucht und die andern,
die nicht so schön waren, als er wünschte, zurückgelegt hatte, sagte er
zu Alaeddin: »Lieber Neffe, wähle dir unter all diesen Kleidern
dasjenige aus, das dir am besten gefällt.« Alaeddin, über die
Freigebigkeit seines neuen Oheims ganz entzückt, wählte eines, und der
Zauberer kaufte es ohne zu handeln.
Als Alaeddin sich von Kopf bis zu Fuß so prachtvoll gekleidet sah,
dankte er seinem Oheim, und der Zauberer versprach ihm, ihn auch
ferner nicht zu verlassen, sondern stets bei sich zu
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