Agnes Bernauer | Page 9

Friedrich Hebbel
und sich ihrem Vater zu n?hern sucht). M?dchen, ich t?uschte mich nicht, du hast heut morgen nach mir gesehen. Galt der Blick mir oder meinem venezianischen Helmbusch?
Agnes. Ich zitterte für Euch, gn?diger Herr, Ihr schautet zu mir herüber und rittet gegen den Feind, ich dachte, Ihr mü?tet Schaden nehmen!
Albrecht. Und das war dir nicht gleichgültig?
(Sie verlieren sich, nebst den andern, im Gewimmel.)
Barbara (mit Martha und andern M?dchen hervortretend). Ha, ha, ha! Sagt' ich's euch nicht, da? es besser sei, zu Hause zu bleiben? Nun freut euch, wenn ihr k?nnt!
Martha. Ei, dies ist ja gut! Wenn der Herzog sie mitnimmt, steht sie uns ebensowenig mehr im Wege, als wenn sie gen Himmel f?hrt!
Barbara. Mitnimmt! Wo denkt ihr hin! Er wird sie schon hier lassen! Aber sie wird noch im Wert steigen, nun auch er genickt hat! Seht euch nur um, wie alles kuckt und flüstert!
(Gehen vorüber.)
Nothhafft von Wernberg (kommt mit Knippeldollinger, ihm tritt entgegen:)
Bürgermeister N?rdlinger (mit einem Fr?ulein). Herr Ritter--meine Base, Juliana Peutinger--sie hat des Kaisers Majest?t schon als vierj?hriges Jungfr?ulein im Namen des Rats mit einer kleinen lateinischen Rede begrü?t! Ich m?chte sie Seiner Gnaden gern aufführen!
Nothhafft von Wernberg (mit ihm weitergehend). Nachher, Herr Bürgermeister, nachher! (Leise.) Der Herzog ist von den Bürgern so warm empfangen worden, sie haben sich die Kehle fast abgeschrien, Ihr seht, er bezeugt sich dankbar!
(Gehen vorüber.)
Albrecht (kommt mit Agnes). Nun sprich auch du! Was sagst du dazu?
Agnes. Mir ist, als h?rt' ich eine Geige mehr, sü? klingt's, auch tr?umt sich's sch?n dabei.
Albrecht. Ich frage dich, ob du mich lieben kannst!
Agnes. Das fragt eine Fürstentochter, doch nicht mich!
Albrecht. O sprich!
Agnes. Schont mich, oder fragt mich, wie man ein armes Menschenkind fragt, von dem man glaubt, da? ein ungeheures Unglück es treffen k?nne!
Albrecht. Dies Wort-
Agnes. Legt's nicht aus, ich bitt Euch, zieht niemanden die Hand weg, wenn er sie über die Brust h?lt.
Caspar Bernauer (der mit T?rring gefolgt ist und sich Agnes zu n?hern sucht). Morgen, Herr Graf, morgen!
Knippeldollinger (der mit Nothhafft von Wernberg neben den beiden geht, zu T?rring). Einen, der das Blut besprach, habe ich selbst gekannt.
Albrecht. Agnes, du verkennst mich! Ich liebe dich!
Caspar Bernauer (tritt zwischen beide). Komm, mein Kind! Auch du hast Ehre zu verlieren! (Er will sie abführen.)
Albrecht (vertritt ihm den Weg). Ich liebe sie, aber ich würd's ihr nimmer gesagt haben, wenn ich nicht hinzufügen wollte: ich werb um sie!
Nothhafft von Wernberg. Gn?diger Herr!
Frauenhoven. Albrecht! Kennst du deinen Vater?
T?rring. Denkt an Kaiser und Reich! Ihr seid ein Wittelsbach! Es ist nur zur Erinnerung.
Albrecht. Nun, Alter, fürchtest du noch für ihre Ehre?
Caspar Bernauer. Nein, gn?diger Herr, aber--Vor funfzig Jahren h?tte sie bei einem Turnier nicht einmal erscheinen dürfen, ohne gest?upt zu werden, denn damals wurde die Tochter des Mannes, der dem Ritter die Knochen wieder einrenkt und die Wunden heilt, noch zu den Unehrlichen gez?hlt. Es ist nur zur Erinnerung!
Albrecht. Und nach funfzig Jahren soll jeder Engel, der ihr gleicht, auf Erden einen Thron finden, und h?tte ihn einer ins Leben gerufen, der dir noch die Hand küssen mu?. Dafür soll mein Beispiel sorgen!
Frauenhoven. Er ist verrückt! (Zu Albrecht.) Nur hier nicht weiter, nur heute nicht! Alles wird aufmerksam und auf jeden Fall mu? die Sache geheimbleiben!
Albrecht (zu Caspar Bernauer). Darf ich morgen kommen?
Caspar Bernauer. Wenn ich auch nein sagte, was hülfe es mir?
Albrecht. Agnes?
Agnes. Wer rief mir doch heute morgen zu: geh ins Kloster? Mir d?ucht, ich sehe jetzt einen Finger, der mich hineinweist!
Albrecht. Dir schwindelt! Halt dich an mich! Und ob die Welt sich dreht, du wirst fest stehen!
Caspar Bernauer. Gn?diger Herr, wir beurlauben uns! Die f?llt mir sonst um!
(Ab mit Agnes und Knippeldollinger.)
Albrecht. Ich mu?--(Will folgen.)
Frauenhoven. Keinen Schritt! Ihretwegen, wenn nicht deinetwegen.
Albrecht. Du kannst recht haben!
Frauenhoven. Sprich jetzt auch mit anderen! Sprich mit allen! Und lange, ich bitte dich, lange!
Albrecht. Ich h?tte so gerne noch meinen Namen von ihren Lippen geh?rt! Doch--wer will denn auch Weihnacht, Ostern und Pfingsten auf einmal feiern!--(Er mischt sich unter die übrigen G?ste. Ihm tritt Bürgermeister N?rdlinger mit dem Fr?ulein entgegen.)

Zweiter Akt
Augsburg.

Erste Szene
Herberge. Früher Morgen.
Nothhafft von Wernberg. Die Sache wird ernst.
T?rring. Sehr ernst! Die Linie steht auf zwei Augen-
Frauenhoven. Das doch nicht! Auch Herzog Wilhelm hat einen Sohn!
T?rring. Der schwach und siech ist und kaum vier Jahre alt. Habt ihr das Jammerbild nie gesehen? Ich wei?, was ich sage. Die Münchner Linie steht so gut, wie auf zwei Augen, und wenn es uns nicht gelingt, Albrecht von seinem tollen Vorhaben abzubringen, so zeugt er Kinder, die nicht einmal den unsrigen ebenbürtig sind! Was wird dann? Schon jetzt ist Bayern in drei Teile zerrissen, wie ein Pfannkuchen, um den drei Hungrige sich schlugen, soll's ganz zugrunde gehen? Und das wird geschehen, wenn wir dies Unglück nicht verhindern k?nnen.
Nothhafft von Wernberg. Das ist wahr! Von allen Seiten würden sie heranrücken, vergilbte Pfandbriefe auf der Lanzenspitze und vermoderte Vertr?ge auf der Fahnenstange, und wenn sie sich lange
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