NACHTLIED
Der du von dem Himmel bist,?Alles Leid und Schmerzen stillest,?Den, der doppelt elend ist,?Doppelt mit Erquickung füllest,?Ach, ich bin des Treibens müde! 5 Was soll all der Schmerz und Lust??Sü?er Friede,?Komm, ach, komm in meine Brust!
6. EIN GLEICHES
über allen Gipfeln?Ist Ruh;?In allen Wipfeln?Spürest du?Kaum einen Hauch; 5 Die V?gelein schweigen im Walde.?Warte nur, balde?Ruhest du auch.
7. HOFFNUNG
Schaff', das Tagwerk meiner H?nde,?Hohes Glück, da? ich's vollende!?La?, o la? mich nicht ermatten!?Nein, es sind nicht leere Tr?ume:?Jetzt nur Stangen, diese B?ume 5 Geben einst noch Frucht und Schatten.
8. ERINNERUNG
Willst du immer weiter schweifen??Sieh, das Gute liegt so nah.?Lerne nur das Glück ergreifen,?Denn das Glück ist immer da.
9. GEFUNDEN
Ich ging im Walde?So für mich hin,?Und nichts zu suchen,?Das war mein Sinn.
Im Schatten sah ich 5 Ein Blümchen stehn,?Wie Sterne leuchtend,?Wie ?uglein sch?n.
Ich wollt' es brechen,?Da sagt' es fein: 10 Soll ich zum Welken?Gebrochen sein?
Ich grub's mit allen?Den Würzlein aus,?Zum Garten trug ich's 15 Am hübschen Haus.
Und pflanzt' es wieder?Am stillen Ort;?Nun zweigt es immer?Und blüht so fort. 20
10. MIGNON
Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn,?Im dunkeln Laub die Goldorangen glühn,?Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,?Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht?
Kennst du es wohl? 5
Dahin! Dahin
M?cht' ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn.
Kennst du das Haus? Auf S?ulen ruht sein Dach,?Es gl?nzt der Saal, es schimmert das Gemach,?Und Marmorbilder stehn und sehn mich an:?Was hat man dir, du armes Kind, getan? 10 Kennst du es wohl?
Dahin! Dahin?M?cht' ich mit dir, o mein Beschützer, ziehn.
Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg??Das Maultier sucht im Nebel seinen Weg;?In H?hlen wohnt der Drachen alte Brut; 15 Es stürzt der Fels und über ihn die Flut.?Kennst du ihn wohl?
Dahin! Dahin?Geht unser Weg! o Vater, la? uns ziehn!
11. HARFENSPIELER
Wer nie sein Brot mit Tr?nen a?,?Wer nie die kummervollen N?chte?Auf seinem Bette weinend sa?,?Der kennt euch nicht, ihr himmlischen M?chte.
Ihr führt ins Leben uns hinein, 5 Ihr la?t den Armen schuldig werden,?Dann überla?t ihr ihn der Pein:?Denn alle Schuld r?cht sich auf Erden.
12. DER K?NIG IN THULE
Es war ein K?nig in Thule,?Gar treu bis an das Grab,?Dem sterbend seine Buhle?Einen goldnen Becher gab.
Es ging ihm nichts darüber, 5 Er leert' ihn jeden Schmaus;?Die Augen gingen ihm über,?So oft er trank daraus.
Und als er kam zu sterben,?Z?hlt' er seine St?dt' im Reich, 10 G?nnt' alles seinem Erben,?Den Becher nicht zugleich.
Er sa? beim K?nigsmahle,?Die Ritter um ihn her,?Auf hohem V?tersaale 15 Dort auf dem Schlo? am Meer.
Dort stand der alte Zecher,?Trank letzte Lebensglut?Und warf den heil'gen Becher?Hinunter in die Flut. 20
Er sah ihn stürzen, trinken?Und sinken tief ins Meer.?Die Augen t?ten ihm sinken,?Trank nie einen Tropfen mehr.
13. DER FISCHER
Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll,?Ein Fischer sa? daran,?Sah nach dem Angel ruhevoll,?Kühl bis ans Herz hinan.?Und wie er sitzt und wie er lauscht, 5 Teilt sich die Flut empor:?Aus dem bewegten Wasser rauscht?Ein feuchtes Weib hervor.
Sie sang zu ihm, sie sprach zu ihm:?Was lockst du meine Brut 10 Mit Menschenwitz und Menschenlist?Hinaus in Todesglut??Ach, wü?test du, wie 's Fischlein ist?So wohlig auf dem Grund,?Du stiegst herunter, wie du bist, 15 Und würdest erst gesund.
Labt sich die liebe Sonne nicht,?Der Mond sich nicht im Meer??Kehrt wellenatmend ihr Gesicht?Nicht doppelt sch?ner her? 20 Lockt dich der tiefe Himmel nicht,?Das feuchtverkl?rte Blau??Lockt dich dein eigen Angesicht?Nicht her in ew'gen Tau?
Das Wasser rauscht', das Wasser schwoll, 25 Netzt' ihm den nackten Fu?;?Sein Herz wuchs ihm so sehnsuchtsvoll,?Wie bei der Liebsten Gru?.
Sie sprach zu ihm, sie sang zu ihm;?Da war's um ihn geschehn: 30 Halb zog sie ihn, halb sank er hin?Und ward nicht mehr gesehn.
14. ERLK?NIG
Wer reitet so sp?t durch Nacht und Wind??Es ist der Vater mit seinem Kind;?Er hat den Knaben wohl in dem Arm,?Er fa?t ihn sicher, er h?lt ihn warm.
"Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht?"-- 5 "Siehst, Vater, du den Erlk?nig nicht??Den Erlenk?nig mit Kron' und Schweif?"--?"Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif."
"Du liebes Kind, komm, geh mit mir!?"Gar sch?ne Spiele spiel' ich mit dir; 10 Manch bunte Blumen sind an dem Strand,?"Meine Mutter hat manch gülden Gewand."--
"Mein Vater, mein Vater, und h?rest du nicht,?Was Erlenk?nig mir leise verspricht?"--?"Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind; 15 In dürren Bl?ttern s?uselt der Wind."--
"Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn?"?"Meine T?chter sollen dich warten sch?n;?Meine T?chter führen den n?chtlichen Reihn?Und wiegen und tanzen und singen dich ein."-- 20
"Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort?Erlk?nigs T?chter am düstern Ort?"--?"Mein Sohn,
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