Woyzeck | Page 3

Georg Büchner
Favorit von alle gekr?nte H?upter Europas, verk��ndigen den Leuten alles: wie alt, wieviel Kinder, was f��r Krankheit. Die Repr?sentationen anfangen! Es wird sogleich sein Commencement von Commencement.
WOYZECK: Willst Du?
MARIE: Meinetwegen. Das mu? sch?n Ding sein. Was der Mensch Quasten hat! Und die Frau Hosen!
[Beide gehn in die Bude.]
TAMBOURMAJOR: Halt, jetzt! Siehst du sie! Was ein Weibsbild!
UNTEROFFIZIER: Teufel! Zum Fortpflanzen von K��rassierregimentern!
TAMBOURMAJOR: Und zur Zucht von Tambourmajors!
UNTEROFFIZIER: Wie sie den Kopf tr?gt! Man meint, das schwarze Haar m��?t' sie abw?rts ziehn wie ein Gewicht. Und Augen -
TAMBOURMAJOR: Als ob man in ein' Ziehbrunnen oder zu einem Schornstein hinunter guckt. Fort, hintendrein! -

Das Innere der hellerleuchteten Bude
MARIE: Was Licht!
WOYZECK: Ja, Marie, schwarze Katzen mit feurigen Augen. Hei, was ein Abend!
DER BUDENBESITZER [ein Pferd vorf��hrend]: Zeig dein Talent! Zeig deine viehische Vern��nftigkeit! Besch?me die menschliche Soziet?t! Meine Herren, dies Tier, was Sie da sehn, Schwanz am Leib, auf seine vier Hufe, ist Mitglied von alle gelehrt Soziet?t, ist Professor an unsre Universit?t, wo die Studente bei ihm reiten und schlagen lernen. - Das war einfacher Verstand. Denk jetzt mit der doppelten Raison! Was machst du, wann du mit der doppelten Raison denkst? Ist unter der gelehrten Soci��t�� da ein Esel? - [Der Gaul sch��ttelt den Kopf.] - Sehn Sie jetzt die doppelte Raison? Das ist Viehsionomik. Ja, das ist kein viehdummes Individuum, das ist ein Person, ein Mensch, ein tierischer Mensch - und doch ein Vieh, ein B��te. - [Das Pferd f��hrt sich ungeb��hrlich auf.] - So, besch?me die Soci��t��. Sehn Sie, das Vieh ist noch Natur, unideale Natur! Lernen Sie bei ihm! Fragen Sie den Arzt, es ist sonst h?chst sch?dlich! Das hat gehei?en: Mensch, sei nat��rlich! Du bist geschaffen aus Staub, Sand, Dreck. Willst du mehr sein als Staub, Sand, Dreck? - Sehn Sie, was Vernunft: es kann rechnen und kann doch nit an den Fingern herz?hlen. Warum? Kann sich nur nit ausdr��cken, nur nit explizieren, ist ein verwandelter Mensch. Sag den Herren, wieviel Uhr ist es! Wer von den Herren und Damen hat ein Uhr? ein Uhr?
UNTEROFFIZIER: Eine Uhr? - [Zieht gro?artig und gemessen eine Uhr aus der Tasche:] Da, mein Herr!
MARIE: Das mu? ich sehn. - [Sie klettert auf den ersten Platz; Unteroffizier hilft ihr.]
TAMBOURMAJOR: Das ist ein Weibsbild.

Mariens Kammer
MARIE [sitzt, ihr Kind auf dem Scho?, ein St��ckchen Spiegel in der Hand]: Der andre hat ihm befohlen, und er hat gehen m��ssen! - [Bespiegelt sich:] Was die Steine gl?nzen! Was sind's f��r? Was hat er gesagt? - - Schlaf, Bub! Dr��ck die Augen zu, fest! - [Das Kind versteckt die Augen hinter den H?nden.] - Noch fester! Bleib so - still, oder er holt dich! - [Singt:] M?del, mach's Ladel zu 's kommt e Zigeunerbu, f��hrt dich an deiner Hand fort ins Zigeunerland. [Spiegelt sich wieder.] - 's ist gewi? Gold! Wie wird mir's beim Tanzen stehen? Unsereins hat nur ein Eckchen in der Welt und ein St��ck Spiegel, und doch hab ich ein' so roten Mund als die gro?en Madamen mit ihrem Spiegeln von oben bis unten und ihren sch?nen Herrn, die ihnen die H?nd k��ssen. Ich bin nur ein arm Weibsbild! - [Das Kind richtet sich auf.] - Still, Bub, die Augen zu! Das Schlafengelchen! Wie's an der Wand l?uft. - [Sie blinkt ihm mit dem Glas:] Die Auge zu, oder es sieht dir hinein, da? du blind wirst!
[Woyzeck tritt herein, hinter sie. Sie f?hrt auf, mit den H?nden nach den Ohren.]
WOYZECK: Was hast du?
MARIE: Nix.
WOYZECK: Unter deinen Fingern gl?nzt's ja.
MARIE: Ein Ohrringlein; hab's gefunden.
WOYZECK: Ich hab' so noch nix gefunden, zwei auf einmal!
MARIE: Bin ich ein Mensch?
WOYZECK: 's ist gut, Marie. - Was der Bub schl?ft! Greif ihm unters ?rmchen, der Stuhl dr��ckt ihn. Die hellen Tropfen stehn ihm auf der Stirn; alles Arbeit unter der Sonn, sogar Schwei? im Schlaf. Wir arme Leut! - Da ist wieder Geld, Marie; die L?hnung und was von meim Hauptmann.
MARIE: Gott vergelt's, Franz.
WOYZECK: Ich mu? fort. Heut abend, Marie! Adies!
MARIE [allein, nach einer Pause]: Ich bin doch ein schlechter Mensch! Ich k?nnt' mich erstechen. - Ach, was Welt! Geht doch alle zum Teufel, Mann und Weib! Vorige Seite N?chste Seite

Beim Doktor
[Woyzeck. Der Doktor.]
DOKTOR: Was erleb' ich, Woyzeck? Ein Mann von Wort!
WOYZECK: Was denn, Herr Doktor?
DOKTOR: Ich hab's gesehn, Woyzeck; er hat auf die Stra? gepi?t, an die Wand gepi?t, wie ein Hund. - Und doch drei Groschen t?glich und die Kost! Woyzeck, das ist schlecht; die Welt wird schlecht, sehr schlecht!
WOYZECK: Aber, Herr Doktor, wenn einem die Natur kommt.
DOKTOR: Die Natur kommt, die Natur kommt! Die Natur! Hab' ich nicht nachgewiesen, da? der Musculus constrictor vesicae dem Willen unterworfen ist? Die Natur! Woyzeck, der Mensch ist frei, in dem Menschen verkl?rt sich die Individualit?t zur Freiheit. - Den Harn nicht halten k?nnen! - [Sch��ttelt den Kopf, legt die H?nde auf den R��cken und geht auf und ab.] - Hat
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 11
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.