Wilhelm Meisters Lehrjahre | Page 3

Johann Wolfgang von Goethe
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This etext was prepared by Michael Pullen, [email protected].

Wilhelm Meisters Lehrjahre--Buch 8
Johann Wolfgang von Goethe

Achtes Buch
Erstes Kapitel
Felix war in den Garten gesprungen, Wilhelm folgte ihm mit Entz��cken, der sch?nste Morgen zeigte jeden Gegenstand mit neuen Reizen, und Wilhelm geno? den heitersten Augenblick. Felix war neu in der freien und herrlichen Welt, und sein Vater nicht viel bekannter mit den Gegenst?nden, nach denen der Kleine wiederholt und unerm��det fragte. Sie gesellten sich endlich zum G?rtner, der die Namen und den Gebrauch mancher Pflanzen hererz?hlen mu?te; Wilhelm sah die Natur durch ein neues Organ, und die Neugierde, die Wi?begierde des Kindes lie?en ihn erst f��hlen, welch ein schwaches Interesse er an den Dingen au?er sich genommen hatte, wie wenig er kannte und wu?te. An diesem Tage, dem vergn��gtesten seines Lebens, schien auch seine eigne Bildung erst anzufangen; er f��hlte die Notwendigkeit, sich zu belehren, indem er zu lehren aufgefordert ward.
Jarno und der Abbe hatten sich nicht wieder sehen lassen; abends kamen sie und brachten einen Fremden mit. Wilhelm ging ihm mit Erstaunen entgegen, er traute seinen Augen nicht: es war Werner, der gleichfalls einen Augenblick anstand, ihn anzuerkennen. Beide umarmten sich aufs z?rtlichste, und beide konnten nicht verbergen, da? sie sich wechselsweise ver?ndert fanden. Werner behauptete, sein Freund sei gr??er, st?rker, gerader, in seinem Wesen gebildeter und in seinem Betragen angenehmer geworden. "Etwas von seiner alten Treuherzigkeit vermi? ich", setzte er hinzu. "Sie wird sich auch schon wieder zeigen, wenn wir uns nur von der ersten Verwunderung erholt haben", sagte Wilhelm.
Es fehlte viel, da? Werner einen gleich vorteilhaften Eindruck auf Wilhelmen gemacht h?tte. Der gute Mann schien eher zur��ck- als vorw?rtsgegangen zu sein. Er war viel magerer als ehemals, sein spitzes Gesicht schien feiner, seine Nase l?nger zu sein, seine Stirn und sein Scheitel waren von Haaren entbl??t, seine Stimme hell, heftig und schreiend, und seine eingedr��ckte Brust, seine verfallenden Schultern, seine farblosen Wangen lie?en keinen Zweifel ��brig, da? ein arbeitsamer Hypochondrist gegenw?rtig sei.
Wilhelm war bescheiden genug, um sich ��ber diese gro?e Ver?nderung sehr m??ig zu erkl?ren, da der andere hingegen seiner freundschaftlichen Freude v?lligen Lauf lie?. "Wahrhaftig!" rief er aus, "wenn du deine Zeit schlecht angewendet und, wie ich vermute, nichts gewonnen hast, so bist du doch indessen ein Pers?nchen geworden, das sein Gl��ck machen kann und mu?; verschleudere und verschleudere nur auch das nicht wieder: du sollst mir mit dieser Figur eine reiche und sch?ne Erbin erkaufen."--"Du wirst doch", versetzte Wilhelm l?chelnd, "deinen Charakter nicht verleugnen! Kaum findest du nach langer Zeit deinen Freund wieder, so siehst du ihn schon als eine Ware, als einen Gegenstand deiner Spekulation an, mit dem sich etwas gewinnen l??t."
Jarno und der Abbe schienen ��ber diese Erkennung keinesweges verwundert und lie?en beide Freunde sich nach Belieben ��ber das Vergangene und Gegenw?rtige ausbreiten. Werner ging um seinen Freund herum, drehte ihn hin und her, so da? er ihn fast verlegen machte. "Nein! nein!" rief er aus, "so was ist mir noch nicht vorgekommen,
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