Wie es euch gefallt | Page 3

William Shakespeare
zu mir, die ich
freundlichst vergelten will, wie du sehn sollst. Ich habe selbst einen
Wink von dieser Absicht meines Bruders bekommen und unter der
Hand gearbeitet, ihn davon abzubringen; aber er ist entschlossen. Ich
muß dir sagen, Charles--er ist der hartnäckigste junge Bursch in
Frankreich, voll Ehrgeiz, ein neidischer Nebenbuhler von jedermanns
Gaben, ein heimlicher und niederträchtiger Ränkemacher gegen mich,
seinen leiblichen Bruder. Darum tu nach Gefallen; mir wär's so lieb, du
brächest ihm den Hals als die Finger; und du magst dich nur vorsehn,
denn wenn du ihm nur eine geringe Schmach zufügst oder wenn er
keine große Ehre an dir einlegen kann, so wird er dir mit Gift
nachstellen, dich durch irgendeine Verräterei fangen und nicht von dir
lassen, bis er dich auf diese oder jene Weise ums Leben gebracht hat;
denn ich versichere dir--und fast mit Tränen sage ich es--: es lebt kein

Mensch auf Erden, der so jung und so verrucht wäre. Ich spreche noch
brüderlich von ihm; sollte ich ihn dir zergliedern, so wie er ist, so
müßte ich erröten und weinen, und du müßtest blaß werden und
erstaunen.
Charles. Ich bin herzlich erfreut, daß ich zu Euch kam. Stellt er sich
morgen ein, so will ich ihm seinen Lohn geben. Wenn er je wieder auf
die Beine kommt, so will ich mein Lebtag nicht wieder um den Preis
ringen. Gott behüte Euer Gnaden!
(Ab.)
Oliver. Lebt wohl, guter Charles!--Nun will ich den Abenteurer
anspornen. Ich hoffe, sein Ende zu erleben; denn meine Seele, ich weiß
nicht warum, hasset nichts so sehr als ihn. Doch ist er von sanftem
Gemüt, nicht belehrt und dennoch unterrichtet, voll edlen Trachtens,
von jedermann bis zur Verblendung geliebt; und in der Tat so fest im
Herzen der Leute, besonders meiner eignen, die ihn am besten kennen,
daß ich darüber ganz geringgeschätzt werde. Aber so soll es nicht lange
sein--dieser Ringer soll alles ins reine bringen. Es bleibt nichts zu tun
übrig, als daß ich den Knaben dorthin hetze, was ich gleich ins Werk
richten will.
(Ab.)

Zweite Szene
Eine Esplanade vor des Herzogs Palast
(Rosalinde und Celia treten auf)
Celia. Ich bitte dich, Rosalinde, liebes Mühmchen, sei lustig.
Rosalinde. Liebe Celia, ich zeige mehr Fröhlichkeit, als ich in meiner
Gewalt habe, und du wolltest dennoch, daß ich noch lustiger wäre?
Kannst du mich nicht lehren, einen verbannten Vater zu vergessen, so
mußt du nicht verlangen, daß mir eine ungewöhnliche Lust in den Sinn
kommen soll.
Celia. Daran sehe ich, daß du mich nicht in so vollem Maße liebst, wie
ich dich liebe. Wenn mein Oheim, dein verbannter Vater, deinen
Oheim, den Herzog, meinen Vater verbannt hätte, und du wärst immer
bei mir geblieben, so hätte ich meine Liebe gewöhnen können, deinen
Vater als den meinigen anzusehn. Das würdest du auch tun, wenn deine
Liebe zu mir von so echter Beschaffenheit wäre als die meinige zu dir.
Rosalinde. Gut; ich will meinen Glücksstand vergessen, um mich an

deinem zu erfreun.
Celia. Du weißt, mein Vater hat kein Kind außer mir und auch keine
Aussicht, eins zu bekommen; und wahrlich, wenn er stirbt, sollst du
seine Erbin sein; denn was er deinem Vater mit Gewalt genommen,
will ich dir in Liebe wiedergeben. Bei meiner Ehre, das will ich, und
wenn ich meinen Eid breche, mag ich zum Ungeheuer werden! Darum,
meine süße Rose, meine liebe Rose, sei lustig!
Rosalinde. Das will ich von nun an, Mühmchen, und auf Späße denken.
Laß sehen, was hältst du vom Verlieben?
Celia. Ei ja, tu's, um Spaß damit zu treiben. Aber liebe keinen Mann im
wahren Ernst, auch zum Spaß nicht weiter, als daß du mit einem
unschuldigen Erröten in Ehren wieder davonkommen kannst.
Rosalinde. Was wollen wir denn für Spaß haben?
Celia. Laß uns sitzen und die ehrliche Hausmutter Fortuna von ihrem
Rade weglästern, damit ihre Gaben künftig gleicher ausgeteilt werden
mögen.
Rosalinde. Ich wollte, wir könnten das; denn ihre Wohltaten sind oft
gewaltig übel angebracht, und am meisten versieht sich die freigebige
blinde Frau mit ihren Geschenken an Frauen.
Celia. Das ist wahr; denn die, welche sie schön macht, macht sie selten
ehrbar, und die, welche sie ehrbar macht, macht sie sehr häßlich.
Rosalinde. Nein, da gehst du über von Fortunens Amt zu dem der Natur;
Fortuna herrscht in den weltlichen Gaben, nicht in den Zügen der
Natur.
(Probstein kommt.)
Celia. Nicht? wenn die Natur ein schönes Geschöpf gemacht hat, kann
es Fortuna nicht ins Feuer fallen lassen?--Wiewohl uns die Natur Witz
genug verliehen hat, um des Glücks zu spotten, schickt es nicht diesen
Narren herein, dem Gespräch ein Ende zu machen?
Rosalinde. In der Tat, da ist das Glück der Natur zu mächtig, wenn es
durch einen natürlichen Einfaltspinsel dem natürlichen Witz ein Ende
macht.
Celia. Wer weiß, auch dies ist nicht das Werk des Glückes, sondern der
Natur, die unsern natürlichen
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