West-oestlicher Divan | Page 2

Johann Wolfgang von Goethe
fand--den Humpen.
Der Klumpe fühlt sogleich den Schwung,?Sobald er sich benetzet,?So wie der Teig durch S?uerung?Sich in Bewegung setzet.
So, Hafis, mag dein holder Sang,?Dein heiliges Exempel?Uns führen bei der Gl?ser Klang?Zu unsres Sch?pfers Tempel.
Ph?nomen
Wenn zu der Regenwand?Ph?bus sich gattet,?Gleich steht ein Bogenrand?Farbig beschattet.
Im Nebel gleichen Kreis?Seh ich gezogen,?Zwar ist der Bogen wei?,?Doch Himmelsbogen.
So sollst du, muntrer Greis,?Dich nicht betrüben:?Sind gleich die Haare wei?,?Doch wirst du lieben.
Liebliches
Was doch Buntes dort verbindet?Mir den Himmel mit der H?he??Morgennebelung verblindet?Mir des Blickes scharfe Sehe.
Sind es Zelte des Wesires,?Die er lieben Frauen baute??Sind es Teppiche des Festes,?Weil er sich der Liebsten traute?
Rot und wei?, gemischt, gesprenkelt?Wü?t ich Sch?nres nicht zu schauen.?Doch wie, Hafis, kommt dein Schiras?Auf des Nordens trübe Gauen?
Ja, es sind die bunten Mohne,?Die sich nachbarlich erstrecken?Und dem Kriegesgott zu Hohne?Felder streifweis freundlich decken.
M?ge stets so der Gescheute?Nutzend Blumenzierde pflegen?Und ein Sonnenschein wie heute?Kl?ren sie auf meinen Wegen!
Zwiespalt
Wenn links am Baches Rand?Cupido fl?tet,?Im Felde rechter Hand?Mavors drommetet,?Da wird dorthin das Ohr?Lieblich gezogen,?Doch um des Liedes Flor?Durch L?rm betrogen.?Nun fl?tet's immer voll?Im Kriegestunder,?Ich werde rasend, toll--?Ist das ein Wunder??Fort w?chst der Fl?tenton,?Schall der Posaunen,?Ich irre, rase schon--?Ist das zu staunen?
Im Gegenw?rtigen Vergangnes
Ros' und Lilie morgentaulich?Blüht im Garten meiner N?he;?Hintenan, bebuscht und traulich,?Steigt der Felsen in die H?he;?Und mit hohem Wald umzogen?Und mit Ritterschlo? gekr?net,?Lenkt sich hin des Gipfels Bogen,?Bis er sich dem Tal vers?hnet.
Und da duftet's wie vor Alters,?Da wir noch von Liebe litten?Und die Saiten meines Psalters?Mit dem Morgenstrahl sich stritten;?Wo das Jagdlied aus den Büschen?Fülle runden Tons enthauchte,?Anzufeuern, zu erfrischen,?Wie's der Busen wollt und brauchte.
Nun die W?lder ewig sprossen,?So ermutigt euch mit diesen:?Was ihr sonst für euch genossen,?L??t in andern sich genie?en.?Niemand wird uns dann beschreien,?Da? wir's uns alleine g?nnen;?Nun in allen Lebensreihen?Müsset ihr genie?en k?nnen.
Und mit diesem Lied und Wendung?Sind wir wieder bei Hafisen,?Denn es ziemt, des Tags Vollendung?Mit Genie?ern zu genie?en.
Lied und Gebilde
Mag der Grieche seinen Ton?Zu Gestalten drücken,?An der eignen H?nde Sohn?Steigern sein Entzücken.
Aber uns ist wonnereich,?In den Euphrat greifen?Und im flüss'gen Element?Hin und wieder schweifen.
L?scht ich so der Seele Brand,?Lied, es wird erschallen:?Sch?pft des Dichters reine Hand,?Wasser wird sich ballen.
Dreistigkeit
Worauf kommt es überall an,?Da? der Mensch gesundet??Jeder h?ret gern den Schall an,?Der zum Ton sich rundet.
Alles weg, was deinen Lauf st?rt!?Nur kein düster Streben!?Eh' er singt und eh' er aufh?rt,?Mu? der Dichter leben.
Und so mag des Lebens Erzklang?Durch die Seele dr?hnen!?Fühlt der Dichter sich das Herz bang,?Wird sich selbst vers?hnen.
Derb und tüchtig
Dichten ist ein übermut,?Niemand schelte mich!?Habt getrost ein warmes Blut?Froh und frei wie ich.
Sollte jeder Stunde Pein?Bitter schmecken mir,?Würd ich auch bescheiden sein?Und noch mehr als ihr.
Denn Bescheidenheit ist fein,?Wenn das M?dchen blüht,?Sie will zart geworben sein,?Die den Rohen flieht.
Auch ist gut Bescheidenheit,?Spricht ein weiser Mann,?Der von Zeit und Ewigkeit?Mich belehren kann.
Dichten ist ein übermut!?Treib es gern allein.?Freund' und Frauen, frisch von Blut,?Kommt nur auch herein!
M?nchlein ohne Kapp und Kutt,?Schwatz nicht auf mich ein!?Zwar du machest mich kaputt,?Nicht bescheiden, nein!
Deiner Phrasen leeres Was?Treibet mich davon,?Abgeschliffen hab ich das?An den Sohlen schon.
Wenn des Dichters Mühle geht,?Halte sie nicht ein:?Denn wer einmal uns versteht,?Wird uns auch verzeihn.
All-Leben
Staub ist eins der Elemente,?Das du gar geschickt bezwingest,?Hafis, wenn zu Liebchens Ehren?Du ein zierlich Liedchen singest.
Denn der Staub auf ihrer Schwelle?Ist dem Teppich vorzuziehen,?Dessen goldgewirkte Blumen?Mahmuds Günstlinge beknieen.
Treibt der Wind von ihrer Pforte?Wolken Staubs behend vorüber,?Mehr als Moschus sind die Düfte?Und als Rosen?l dir lieber.
Staub, den hab ich l?ngst entbehret?In dem stets umhüllten Norden,?Aber in dem hei?en Süden?Ist er mir genugsam worden.
Doch schon l?ngst, da? liebe Pforten?Mir auf ihren Angeln schwiegen!?Heile mich, Gewitterregen,?La? mich, da? es grunelt, riechen!
Wenn jetzt alle Donner rollen?Und der ganze Himmel leuchtet,?Wird der wilde Staub des Windes?Nach dem Boden hingefeuchtet.
Und sogleich entspring ein Leben,?Schwillt ein heilig heimlich Wirken,?Und es grunelt und es grünet?In den irdischen Bezirken.
Selige Sehnsucht
Sagt es niemand, nur den Weisen,?Weil die Menge gleich verh?hnet:?Das Lebendige will ich preisen,?Das nach Flammentod sich sehnet.
In der Liebesn?chte Kühlung,?Die dich zeugte, wo du zeugtest,?überf?llt dich fremde Fühlung,?Wenn die stille Kerze leuchtet.
Nicht mehr bleibest du umfangen?In der Finsternis Beschattung,?Und dich rei?et neu Verlangen?Auf zu h?herer Begattung.
Keine Ferne macht dich schwierig,?Kommst geflogen und gebannt,?Und zuletzt, des Lichts begierig,?Bist du Schmetterling verbrannt.
Und so lang du das nicht hast,?Dieses: Stirb und werde!?Bist du nur ein trüber Gast?Auf der dunklen Erde.
Tut ein Schilf sich doch hervor,?Welten zu versü?en!?M?ge meinem Schreiberohr?Liebliches entflie?en!
Buch Hafis
Hafis Nameh: Buch Hafis
Sei das Wort die Braut genannt,?Br?utigam der Geist;?Diese Hochzeit hat gekannt,?Wer Hafisen preist.
Beiname
Dichter
Mohammed Schemseddin, sage,?Warum hat dein Volk, das hehre,?Hafis dich genannt?
Hafis
Ich ehre,?Ich erwidre deine Frage.?Weil in glücklichem Ged?chtnis?Des Korans geweiht Verm?chtnis?Unver?ndert ich verwahre,?Und damit so fromm gebare,?Des gemeinen Tages Schlechtnis?Weder mich noch die berühret,?Die Propheten-Wort und Samen?Sch?tzen, wie es sich gebühret--?Darum gab man mir den Namen.
Dichter
Hafis, drum, so will mir scheinen,?M?cht ich dir nicht gerne weichen:?Denn, wenn wir wie andre meinen,?Werden wir den andern gleichen.?Und so gleich ich dir vollkommen,?Der ich unsrer heil'gen Bücher?Herrlich Bild an mich genommen,?Wie auf jenes Tuch der Tücher?Sich des Herren Bildnis drückte,?Mich in stiller Brust erquickte?Trotz Verneinung,
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