Was ihr wollt | Page 6

William Shakespeare
meine unglükliche Liebe machen, und sie selbst in der Todesstille der Nacht laut vor euerm Fenster singen; euern Namen den zurükschlagenden Hügeln entgegen ruffen, und die schwazhafte Gevatterin der Luft
(die Echo)
an Olivia sich heiser schreyen machen! O ich wolte euch nirgends Ruhe lassen, bis ihr Mitleiden mit mir h?ttet.
Olivia. Ihr k?nntet es vielleicht weit genug bringen. Was ist euer Stand?
Viola. über meine Glüks-Umst?nde, doch bin ich zufrieden; ich bin ein Edelmann.
Olivia. Kehrt zu euerm Herrn zurük; ich kan ihn nicht lieben; er soll mich mit seinen Gesandtschaften verschonen; ausser ihr wolltet noch einmal zu mir kommen, um mir zu sagen, wie er meine Erkl?rung aufgenommen hat; lebt wohl; ich dank' euch für eure Mühe: nemmt di? zu meinem Andenken--
Viola. Ich bin kein Bote der sich bezahlen l??t; Gn?diges Fr?ulein, behaltet euern Beutel: Mein Herr, nicht ich, bedarf eurer Gütigkeit. M?chte sein Herz von Kieselstein seyn, und ihr so heftig in ihn verliebt werden, als er's ist, damit ihr die ganze Qual einer verschm?hten Liebe fühltet! Lebt wohl, sch?ne Unbarmherzige!
(Sie geht ab.)
Olivia (allein.) Was ist euer Stand? über meine Glüks-Umst?nde, doch bin ich zufrieden; ich bin ein Edelmann--Ich wollte schw?ren da? du es bist! Deine Sprache, dein Gesicht, deine Gestalt, deine Gebehrden und dein Geist machen eine fünffache Ahnen-Probe für dich--nicht zu hastig--sachte! Sachte!--Es mü?te dann bestimmt seyn--wie, was für Gedanken sind das? Kan man so pl?zlich angestekt werden? Es ist mir nicht anders, als fühlt' ich die Annehmlichkeiten dieses jungen Menschen, mit unsichtbarem leisem Tritt zu meinen Augen hineinkriechen. Gut, la?t es gehn--He, Malvolio! -- (Malvolio tritt auf.)
Malvolio. Hier, Gn?dige Frau, zu euerm Befehl.
Olivia. Lauffe diesem nemlichen wunderlichen Abgesandten, des Herzogs seinem Diener, nach; er lie? diesen Ring zurük, ich wollte oder wollte nicht; sag ihm, ich woll' ihn schlechterdings nicht. Ersuch ihn, seinem Herrn nicht zu schmeicheln, und ihn nicht mit falschen Hoffnungen aufzuziehen; ich sey nicht für ihn: wenn der junge Mensch morgen dieser Wege kommt, will ich ihm Ursachen dafür geben. Eile, Malvolio. (Malvolio geht ab.)
Olivia. Ich thue etwas, und wei? selbst nicht was; ich besorge, ich besorge, meine Augen haben mein Herz überrascht! Schiksal, zeige deine Macht: Wir sind nicht Herren über uns selbst; was beschlossen ist, mu? seyn, und so sey es dann!
(Sie geht ab.)

Zweyter Aufzug.

Erste Scene. (Die Strasse.) (Antonio und Sebastiano treten auf.)
Antonio. Ihr wollt also nicht l?nger bleiben? Und ihr wollt auch nicht erlauben, da? ich mit euch gehe?
Sebastiano. Nein, verzeiht mir's; meine Sterne scheinen dunkel über mir; der mi?günstige Einflu? meines Schiksals m?chte auch das eurige ansteken; erlaubt mir also, da? ich mich von euch beurlaube, um mein Unglük allein zu tragen. Es würde eine schlechte Belohnung für eure Freundschaft seyn, wenn ich euch auch nur den kleinsten Theil davon auflegen wollte.
Antonio. La?t mich wenigstens nur wissen, wohin ihr gehen wollt.
Sebastiano. Meine Reise ist in der That nichts anders, mein Herr, als ein wunderlicher Einfall, ohne besondere Absicht--Doch diese edle Bescheidenheit, womit ihr euch zurükhaltet, mir abzun?thigen, was ich, wie ihr merket, gerne bey mir behalten wollte, verbindet mich, von selbst n?her gegen euch heraus zu gehen. Wisset also, Antonio, da? mein Name Sebastiano und nicht Rodrigo ist, wie ich vorgab; mein Vater war dieser Sebastiano von Messaline, von dem ihr ohne Zweifel geh?rt haben mü?t. Er hat mich mit einer Schwester hinterlassen, die in der nemlichen Stunde mit mir gebohren worden; m?cht' es dem Himmel gefallen haben, da? wir auch ein solches Ende genommen h?tten. Aber ihr, mein Herr, verhindertet das; denn ungefehr eine Stunde, eh ihr mich aus dem Schiffbruch aufnahmet, war meine Schwester ertrunken.
Antonio. Ich bedaur' euch von Herzen.
Sebastiano. Eine junge Dame, mein Herr, welche, ob man gleich eine sonderbare ?hnlichkeit zwischen ihr und mir finden wollte, doch von vielen für sch?n gehalten wurde; und wenn ich gleich über diesen Punkt nicht zu leichtgl?ubig seyn m?chte, so darf ich hingegen kühnlich von ihr behaupten, da? sie ein Gemüthe hatte, das der Neid selbst nicht anders als sch?n nennen k?nnte: Nun ist sie ertrunken, mein Herr, und ihr Andenken pre?t mir Thr?nen aus, die ich nicht zurükhalten kan.
Antonio. Vergebet mir, mein Herr, da? ihr nicht besser bedient worden seyd.
Sebastiano. O mein allzugütiger Antonio; vergebet mir die Unruhe die ich euch gemacht habe.
Antonio. Wenn ihr mich für meinen guten Willen nicht ermorden wollt, so la?t mich euer Diener seyn.
Sebastiano. Wenn ihr eure Wohlthat nicht wieder vernichten, und ein Leben wieder nehmen wollt, das ihr erhalten habt, so muthet mir das nicht zu. Lebt wohl auf immer; mein Herz ist zu sehr gerührt, als da? ich mehr sagen k?nnte; meine Augen reden für mich--Ich mu? an des Herzogs Orsino Hof; Lebet wohl.
(Er geht ab.)
Antonio. Die Huld aller G?tter begleite dich! Ich habe mir Feinde an Orsino's Hofe gemacht, sonst solltest du mich dort bald in deinem Wege finden: Und doch, es entstehe daraus was immer will, ich liebe dich so sehr da?
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