Was ihr wollt | Page 5

William Shakespeare
doch schw?r' ich bey den Klauen der Bosheit, ich bin nicht was ich vorstelle. Seyd ihr die Frau vom Hause?
Olivia. Wenn ich mich selbst nicht usurpiere, so bin ich's.
Viola. Unfehlbar, wenn ihr sie seyd, usurpiert ihr euch selbst; denn was euer ist um es wegzugeben, das k?mmt euch nicht zu, f��r euch selbst zur��k zu behalten; doch das ist aus meiner Commi?ion. Ich will den Eingang meiner Rede mit euerm Lobe machen, und euch dann das Herz meines Auftrags entdeken.
Olivia. Kommt nur gleich zur Hauptsache; ich schenke euch das Lob.
Viola. Desto schlimmer f��r mich; ich gab mir so viele M��h es zu studieren, und es ist so poetisch!
Olivia. Desto mehr ist zu vermuthen, da? es ��bertrieben und voller Dichtung ist. Ich bitte euch, behaltet es zur��k. Ich h?rte, ihr machtet euch sehr unn��ze vor meiner Th��re, und ich erlaubte euch den Zutritt mehr aus F��rwiz euch zu sehen, als euch anzuh?ren. Wenn ihr nicht toll seyd, so geht; wenn ihr Verstand habt, so macht's kurz; es ist gerade nicht die Monds-Zeit bey mir, da ich Lust habe in einem so h��pfenden Dialog' eine Person zu machen.
Maria. Wollt ihr eure Segel aufziehen, junger Herr, hier ligt euer Weg.
Viola. Nein, ehrlicher Schiffs-Junge, ich werde hier noch ein wenig Flott machen.
Olivia. Was habt ihr dann anzubringen?
Viola. Ich bin ein Deputierter.
Olivia. Wahrhaftig, ihr m��?t etwas sehr gr??liches zu sagen haben, da eure Vorrede so f��rchterlich ist. Redet was ihr zu reden habt.
Viola. Es bezieht sich allein auf euer eignes Ohr. Ich bringe keine Kriegs- Erkl?rung; ich trage den ?lzweig in meiner Hand, und meine Worte sind eben so friedsam als gewichtig.
Olivia. Und doch fienget ihr unfreundlich genug an. Wer seyd ihr? Was wollt ihr?
Viola. Wenn ich unfreundlich geschienen habe, so ist es der Art wie ich empfangen wurde, zuzuschreiben. Was ich bin und was ich will, das sind Dinge, die so geheim sind wie eine Jungferschaft; f��r euer Ohr, Theologie; f��r jedes andre, Profanationen.
Olivia. La?t uns allein.
(Maria geht ab.)
Wir wollen diese Theologie h?ren. Nun, mein Herr, was ist euer Text?
Viola. Allerliebstes Fr?ulein--
Olivia. Eine trostreiche Materie, und wor��ber sich viel sagen l??t. Wo steht euer Text?
Viola. In Orsino's Busen.
Olivia. In seinem Busen? In was f��r einem Capitel seines Busens?
Viola. Um in der nemlichen Methode zu antworten, im ersten Capitel seines Herzens.
Olivia. O, das hab' ich gelesen; es ist Kezerey. Ist das alles was ihr zu sagen habt?
Viola. Liebe Madam, la?t mich euer Gesicht sehen.
Olivia. Habt ihr Commission von euerm Herrn, mit meinem Gesicht Unterhandlungen zu pflegen? Ihr geht izt zwar ��ber euern Text hinaus; aber wir wollen doch den Vorhang wegziehen, und euch das Gem?hlde zeigen. Seht ihr, mein Herr; so eines trag' ich dermahlen; ist's nicht wohl gemacht?
(Sie enth��llt ihr Gesicht.)
Viola. Vortrefflich, wenn Gott alles gemacht hat.
Olivia. Davor steh ich euch; es ist von der guten Farbe; es h?lt Wind und Wetter aus.
Viola. O, gewi? kan nur die schlaue und anmuthreiche Hand der Natur wei? und roth auf eine so reizende Art auftragen, und in einander mischen--Gn?diges Fr?ulein, ihr seyd die grausamste Sie in der ganzen Welt, wenn ihr solche Reizungen ins Grab tragen wollt, ohne der Welt eine Copey davon zu lassen.
Olivia. O, mein Herr, so hartherzig will ich nicht seyn; ich will verschiedene Verm?chtnisse von meiner Sch?nheit machen. Es soll ein genaues Inventarium davon gezogen, und jedes besondre St��k meinem Testament angeh?ngt werden. Als, item, zwo ertr?glich rothe Lippen. Item, zwey blaue Augen, mit Augliedern dazu. Item, ein Hals, ein Kinn, und so weiter. Seyd ihr hieher geschikt worden, mir eine Lobrede zu halten?
Viola. Ich sehe nun, was ihr seyd; ihr seyd zu spr?de; aber wenn ihr der Teufel selbst w?ret, so mu? ich gestehen, da? ihr sch?n seyd. Mein Gebieter und Herr liebt euch: O! eine Liebe, wie die seinige, k?nnte mit der eurigen, mehr nicht als nur belohnt werden, und wenn ihr zur Sch?nsten unter allen Sch?nen des Erdbodens gekr?nt worden w?ret.
Olivia. Wie liebt er mich dann?
Viola. Mit einer Liebe, die bis zur Abg?tterey geht, mit immer fliessenden Thr?nen, mit liebe-donnerndem ?chzen und Seufzern von Feuer.
Olivia. Euer Herr wei? meine Gesinnung schon, er wei? da? ich ihn nicht lieben kan. Ich zweifle nicht da? er tugendhaft, und ich wei? da? er edel, von grossem Verm?gen, von frischer und unverderbter Jugend ist; er hat den allgemeinen Beyfall vor sich, und ist reizend von Gestalt; aber ich kan ihn nicht lieben; ich hab es ihm schon gesagt, und er h?tte sich meine Antwort auf diesen neuen Antrag selbst geben k?nnen.
Viola. Wenn ich euch liebte wie mein Herr, mit einer so qu?lenden, so verzehrenden Liebe, so w��rd' ich mich durch eine solche Antwort nicht abweisen lassen; ich w��rde gar keinen Sinn in ihr finden.
Olivia. Wie, was th?tet ihr denn?
Viola. Ich w��rde Tag und Nacht vor eurer Th��re ligen, und so lange hinein ruffen bis mir der Athem ausgienge: ich w��rde kl?gliche Elegien ��ber
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 19
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.