Wallensteins Lager | Page 6

Friedrich von Schiller
custodias gregem meam!
Das ist so ein Ahab und Jerobeam,
Der
die Völker von der wahren Lehren
Zu falschen Götzen tut verkehren.
Trompeter und Rekrut.
Laß' Er uns das nicht zweimal hören!
Kapuziner.
So ein Bramarbas und Eisenfresser,
Will einnehmen alle festen
Schlösser.
Rühmte sich mit seinem gottlosen Mund,
Er müsse

haben die Stadt Stralsund,
Und wär' sie mit Ketten an den Himmel
geschlossen.
Hat aber sein Pulver umsonst verschossen.
Trompeter.
Stopft ihm keiner sein Lästermaul?
Kapuziner.
So ein Teufelsbeschwörer und König Saul,
So ein Jehu und Holofern,

Verleugnet wie Petrus seinen Meister und Herrn,
Drum kann er
den Hahn nicht hören krähn--
Beide Jäger.
Pfaffe, jetzt ist's um dich geschehn!
Kapuziner.
So ein listiger Fuchs Herodes--
Trompeter und beide Jäger (auf ihn eindringend).
Schweig stille! Du bist des Todes.
Kroaten (legen sich drein).
Bleib da, Pfäfflein, fürcht dich nit,
Sag dein Sprüchel und teil's uns
mit.
Kapuziner (schreit lauter).
So ein hochmütiger Nebukadnezer,
So ein Sündenvater und muffiger
Ketzer,
Läßt sich nennen den Wallenstein,
Ja freilich ist er uns allen
ein Stein
Des Anstoßes und Ärgernisses,
Und solang der Kaiser
diesen Friedeland
Läßt walten, so wird nicht Fried' im Land.
(Er hat
nach und nach bei den letzten Worten, die er mit erhobener Stimme
spricht, seinen Rückzug genommen, indem die Kroaten die übrigen

Soldaten von ihm abwehren.)
Neunter Auftritt
Vorige ohne Kapuziner.
Erster Jäger (zum Wachtmeister).
Sagt mir! Was meint' er mit dem Göckelhahn,
Den der Feldherr nicht
hören kann?
Es war wohl nur so gesagt ihm zum Schimpf und
Hohne?
Wachtmeister.
Da will ich Euch dienen! Es ist nicht ganz ohne!
Der Feldherr ist
wundersam geboren,
Besonders hat er gar kitzligte Ohren.
Kann die
Katze nicht hören mauen,
Und wenn der Hahn kräht, so macht's ihm
Grauen.
Erster Jäger.
Das hat er mit dem Löwen gemein.
Wachtmeister.
Muß alles mausstill um ihn sein.
Den Befehl haben alle Wachen,

Denn er denkt gar zu tiefe Sachen.
Stimmen (im Zelt. Auflauf).
Greift ihn, den Schelm! Schlagt zu! Schlagt zu.
Des Bauern Stimme.

Hilfe! Barmherzigkeit!
Andre Stimmen.
Friede! Ruh!
Erster Jäger.

Hol' mich der Teufel! Da setzt's Hiebe.
Zweiter Jäger.
Da muß ich dabei sein!
(Laufen ins Zelt.)
Marketenderin (kommt heraus).
Schelmen und Diebe!
Trompeter.
Frau Wirtin, was setzt Euch so in Eifer?
Marketenderin.
Der Lump! der Spitzbub! der Straßenläufer!
Das muß mir in meinem
Zelt passieren!
Es beschimpt mich bei allen Herrn Offizieren.
Wachtmeister.
Bäschen, was gibt's denn?
Marketenderin.
Was wird's geben?
Da erwischten sie einen Bauern eben,
Der
falsche Würfel tät bei sich haben.
Trompeter.
Sie bringen ihn hier mit seinem Knaben.
Zehnter Auftritt
Soldaten bringen den Bauer geschleppt.
Erster Jäger.
Der muß baumeln!
Scharfschützen und Dragoner.
Zum Profoß!

zum Profoß!
Wachtmeister.
Das Mandat ist noch kürzlich ausgegangen.
Marketenderin.
In einer Stunde seh ich ihn hangen!
Wachtmeister.
Böses Gewerbe bringt bösen Lohn.
Erster Arkebusier (zum andern).
Das kommt von der Desperation.
Denn seht! erst tut man sie
ruinieren,
Das heißt sie zum Stehlen selbst verführen.
Trompeter.
Was? was? Ihr red't ihm das Wort noch gar?
Dem Hunde! tut Euch
der Teufel plagen?
Erster Arkebusier.
Der Bauer ist auch ein Mensch--sozusagen.
Erster Jäger (zum Trompeter).
Laß sie gehen! sind Tiefenbacher,
Gevatter Schneider und
Handschuhmacher!
Lagen in Garnison zu Brieg,
Wissen viel, was
der Brauch ist im Krieg.
Eilfter Auftritt
Vorige. Kürassiere.
Erster Kürassier.

Friede! Was gibt's mit dem Bauer da?
Erster Scharfschütz.
's ist ein Schelm, hat im Spiel betrogen!
Erster Kürassier.
Hat er dich betrogen etwa?
Erster Scharfschütz.
Ja, und hat mich rein ausgezogen.
Erster Kürassier.
Wie? du bist ein Friedländischer Mann,
Kannst dich so wegwerfen
und blamieren,
Mit einem Bauer dein Glück probieren?
Der laufe,
was er laufen kann.
(Bauer entwischt, die andern treten zusammen.)
Erster Arkebusier.
Der macht kurze Arbeit, ist resolut,
Das ist mit solchem Volke gut.

Was ist's für einer? Es ist kein Böhm'.
Marketenderin.
's ist ein Wallon'! Respekt vor dem!
Von des Pappenheims
Kürassieren.
Erster Dragoner (tritt dazu).
Der Piccolomini, der junge, tut sie jetzt führen.
Den haben sie sich
aus eigner Macht
Zum Oberst gesetzt in der Lützner Schlacht,
Als
der Pappenheim umgekommen.
Erster Arkebusier.

Haben sie sich so was 'rausgenommen?
Erster Dragoner.
Dies Regiment hat was voraus,
Es war immer voran bei jedem Strauß.

Darf auch seine eigene Justiz ausüben,
Und der Friedländer tut's
besonders lieben.
Erster Kürassier (zum andern).
Ist's auch gewiß? Wer bracht' es aus?
Zweiter Kürassier.
Ich hab's aus des Obersts eigenem Munde.
Erster Kürassier.
Was Teufel! Wir sind nicht ihre Hunde.
Erster Jäger.
Was haben die da? sind voller Gift.
Zweiter Jäger.
Ist's was, ihr Herrn, das uns mitbetrifft?
Erster Kürassier.
Es hat sich keiner drüber zu freuen.
(Soldaten treten herzu.)
Sie wollen uns in die Niederland' leihen;
Kürassiere, Jäger, reitende
Schützen,
Sollen achttausend Mann aufsitzen.
Marketenderin.
Was? was? da sollen wir wieder wandern?
Bin erst seit gestern
zurück aus Flandern.

Zweiter Kürassier (zu den Dragonern).
Ihr Buttlerischen sollt auch mitreiten.
Erster Kürassier.
Und absonderlich wir Wallonen.
Marketenderin.
Ei, das sind ja die allerbesten Schwadronen!
Erster Kürassier.
Den aus Mailand sollen wir hinbegleiten.
Erster Jäger.
Den Infanten! Das ist ja kurios!
Zweiter Jäger.
Den Pfaffen! Da geht der Teufel los.
Erster Kürassier.
Wir sollen von dem Friedländer lassen,
Der den Soldaten so nobel
hält,
Mit dem Spanier ziehen zu Feld,
Dem Knauser, den wir von
Herzen
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