Von Kinder und Katzen, und wie sie die Nine begruben | Page 2

Theodor W. Storm
gewinnen. Da--drei Jahre waren so vergangen--kam von selber eine zugelaufen, ein wei? und schwarz geflecktes Tierchen, schon wohlerzogen und von anschmiegsamer Gem��tsart.
Was ist von diesem K?terchen zu sagen?--Zum mindesten der Pyramidenritt.
Da n?mlich den beiden gr??eren Buben das gew?hnliche Zubettegehen doch gar zu simpel war, so hatten sie's erfunden, auf der schwarzen Anna zu Bett zu reiten; derart, da? sie dabei auf ihrer Schulter sa?en und die kleinen Kinderbeinchen vorn herunterbaumelten. Jetzt aber wurde das um vieles stattlicher; denn eines Abends, da sich die T��r der Schlafkammer ?ffnete, kam in das Wohnzimmer zum Gutenachtsagen eine vollst?ndige Pyramide hereingeritten: ��ber dem gro?en Kopf der schwarzen Anna der kleinere des lachenden Jungen, ��ber diesem dann der noch viel kleinere Kopf des K?terchens, das sich ruhig bei den Vorderpf?tchen halten und dabei ein gar behaglich und vernehmbares Spinnen ausgehen lie?.--Dreimal ritt diese Pyramide die Runde in der Stube und dann zu Bett.
Es war sehr h��bsch; aber es wurde der Tod des kleinen Katers. Die guten Stunden, die er nach solchem Ritt zur Belohnung im Federbett bei seinem jungen Freunde zubringen durfte, hatten ihn so verw?hnt, da? er eines scharfen Wintermorgens, da er am Abend ausgeschlossen worden, tot und steifgefroren im Waschhause aufgefunden wurde.
Und wieder kam eine stille, katzenlose Zeit.
Aber wo f?nde sich nicht eine Aushilfe! Ich konnte ja vortrefflich Katzen zeichnen;--und ich zeichnete! Freilich nur mit Feder und Tinte; aber sie wurden ausgeschnitten und aus dem Tuschkasten sauber angemalt: Katzen von allen Farben und Arten, sitzende und springende, auf vieren und auf zweien gehend, Katzen mit einer Maus im Maule und einem Milchtopf in der Pfote, Katzen mit K?tzchen auf dem Arme und einem bunten V?glein in der Tatze; den Preis ��ber alle aber gewann ein w��rdig blickender grauer Kater mit rauhem, b?rtigem Antlitz. Ihm wurde in einer Kammer, wo die Kinder spielten, aus Bauholz ein eigenes Haus mit Wohn- und Staatsgem?chern aufgebaut. Viel Zeit und M��he war darauf verwandt worden; deshalb erhielt es aber auch das Vorrecht, vor dem zerst?renden Eulbesen der K?chin durch strenges Verbot gesch��tzt zu werden. Es hie? "das Hotel zur schwarzen Anna"; und "der alte Herr", welchen Namen der Graue sich gar bald erworben hatte, hat lange darin gewohnt. Selten nur verlie? er seine angenehmen R?ume; desto lieber, da es ihm an Dienerschaft nicht fehlte, versammelte er bei sich die Gesellschaft seiner Freunde und Freundinnen. Dann ging es hoch her; wir haben oft durchs Fenster geguckt. Fetter Rahm in Tassensch?lchen, Bratw��rstchen und gebratene Lerchen wurden immer aufgetragen; den Ehrenplatz zur Rechten des Gastgebers aber hatte allzeit ein allerliebstes wei?es K?tzchen mit einem roten B?ndchen um den Hals; ob es eine Verwandte oder gar die Tochter desselben gewesen, haben wir nicht erfahren k?nnen.
Au?er solchen Festen lebte ��brigens der alte Herr still f��r sich weg; nur manchmal liebte er es, aus seinem Hause auf die Spiele der Kinder in der Kammer hinabzublicken, wozu er die bequemste Gelegenheit hatte, da das Hotel "Zur schwarzen Anna" auf einer Fensterbank erbaut war. Dann stie? wohl eins der Kinder das andre an und fl��sterte: "Seht, seht! Der alte Herr steht wieder einmal am Fenster!"
Auch seinen Geburtstag sollte er noch erleben. Zu diesem Feste, an welchem alle Kater und Katzen sich zur Gratulation versammeln sollten, bekam ich den Auftrag, sein Brustbild in Lebensgr??e zu malen, was dann auch wirklich am Morgen des Festtages, in einen breiten Goldrahmen gefa?t, im Saale des Hotels aufgehangen wurde.
Aber es nimmt alles einmal ein Ende.--Da wir eines Morgens aufgestanden waren, fanden wir ihn tot in seinem Bette. Ob er bei dem letzten leckeren Mahle sich zu viel getan, ob die ihm zugemessene Lebensdauer abgelaufen war;--soviel steht fest, was wir hier vor uns sahen, war nur noch seine entseelte H��lle.
Also wurde ein Sch?chtelchen mit schwarzem Papier beklebt und ausgeschlagen und so ein Sarg daraus gemacht. Der alte Herr wurde hineingelegt und stand zur Parade in dem gro?en Saale des Hotels, wo von der Wand sein noch in aller Lebensf��lle gemaltes Bildnis auf den Sarg herabsah.
Endlich wurde er auf dem Steinhofe--ach, einen Garten hatten wir da drau?en nicht!--in das f��r ihn gegrabene Grab gesenkt und mit einem schweren Steine fest und dauerhaft bedeckt.--Aber wer m?chte nicht gern wissen, wie die Toten aussehen.--Nat��rlich wurde der alte Herr nach einem halben Jahr wieder ausgegraben, sehr mit Schimmel ��berzogen vorgefunden, schaudernd und ganz genau betrachtet und dann endlich noch einmal und auch zum allerletzten Mal begraben.
F��r Kinder und alte Leute, welch ein erl?sender Zauber liegt in dem Begraben!
In der Heimat zur Zeit der Manschettenmie?e, als die zwei ?ltesten Knaben ihre ersten Kittel noch nicht ausgetragen hatten, als sie f��r den gro?en Garten, der am Hause war, mit eignem "Schmierzeug" noch versehen waren--in jener gl��cklichen Zeit gab es au?er Katzen auch noch andres Getier im Hause. Da war ein kleiner wei?er Pudel, welcher "Bube" hie?, aber leider trotz des Tierarztes schon fr��h an einer Hunde-Kinderkrankheit sterben mu?te;
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