Von Haparanda bis San Francisco

Ernst Wasserzieher

Haparanda bis San Francisco, by Ernst Wasserzieher

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Title: Von Haparanda bis San Francisco Reise-Erinnerungen
Author: Ernst Wasserzieher
Release Date: May 5, 2004 [EBook #12266]
Language: German
Character set encoding: ISO-8859-1
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Von Haparanda bis San Francisco.
Reise-Erinnerungen
von Dr. phil. Ernst Wasserzieher
Oberhausen im Rheinland.
Witten 1902.
Druck und Verlag der M?rckischen Druckerei und Verlags-Anstalt Aug. Pott.

Meinem lieben Kleeblatt Karl, Ernst und Hans gewidmet.

Die folgenden Bl?tter, eine kleine Auswahl meiner Reise-Erinnerungen aus einem Vierteljahrhundert, sollen in ersten Linie ein herzlicher Gru? sein f��r meine Freunde nah und fern! Die meisten der Aufs?tze und Skizzen sind schon ver?ffentlicht, z.B. in der M��nchener Allgemeinen Zeitung, im Hamburger Correspondenten, in K?lner, Flensburger und Wittener Bl?ttern, sowie in der Touristen-Zeitung. Sollte dies anspruchslose B?ndchen Anklang finden, so wird vielleicht eine zweite Sammlung folgen.
Oberhausen (Rheinland), im Dezember 1901.
Ernst Wasserzieher.

"Wem Gott will rechte Gunst erweisen, Den schickt er in die weite Welt."
Josef von Eichendorff.

I.
Ueber das Reisen
Einige Ausspr��che hervorragender M?nner und Frauen.
Da? das Reisen eine Kunst sei, wie andre, die gelernt sein will, die viele aber nie lernen--das ist eine Wahrheit, die manchen eine Thorheit erscheinen mag. Da wu?te die "Frau Rat" besser, welcher Unterschied zwischen Reisen und Reisen sei! "Wenn mein Wolfgang nach Mainz reist", sagte sie einmal, "so hat er mehr gesehen, als wenn andre nach Neapel reisen." Freilich, mit solchen Augen wie Wolfgang Goethe ist kein Reisender begabt; er sah als Maler, als Dichter, als Naturforscher, als Psycholog und als Mensch. "Man darf nur auf der Stra?e wandern und Augen haben," schreibt er am 19. M?rz 1787 von Neapel in die Heimat, "man sieht die unnachahmlichsten Bilder." Der gew?hnliche Reisende begn��gt sich etwas erz?hlen zu k?nnen nach gethaner Reise, aber was? und wie? erz?hlen! Darum erreichen auch die, welche das Reisen als Mittel zur Bildung benutzen wollen, h?ufig ihren Zweck nicht. Das liegt nicht am Reisen, sondern an ihnen. "Das Reisen als solches ist noch nicht bildend, es kommt auf das Bewu?tsein an, womit der Reisende, was sich ihm darbietet, erfa?t." (Rosencranz i.d. Vorrede S. VII zu Kants Werken Bd. IV.) F��r die Menschenkenntnis und ihre Vertiefung m?chte ich dem Reisen nur einen sehr geringen Einflu? beimessen. Denn die menschlichen Leidenschaften sind ��berall dieselben; nur die Erscheinungsformen wechseln. Wer einige, wenige Menschen lange studiert, wird die menschliche Natur besser und tiefer erfassen, als wer viele Menschen nur obenhin kennen lernt, wie es doch auf Reisen zu sein pflegt.
Also, wer blos oder vornehmlich Menschen kennen lernen will, der bleibt besser zu Hause. Aber Geschichte, Kunst, Natur, Landschaft--wiegt das bisweilen nicht Menschen auf? Fontane klagt zwar mit Recht in seinen Wanderungen durch die Mark Brandenburg (II. 44), da? "nicht vielen der Sinn f��r Landschaft aufgegangen sei; Erwachsene haben ihn selten, Kinder beinah nie." Und doch mu? man annehmen, da? ?sthetische Gr��nde dem Reisen der meisten unserer Landsleute Vorschub leisten, denn von denen, die ihrer Gesundheit wegen etwa ein Bad aufsuchen m��ssen, oder gar von denen, die ihres Gesch?ftes wegen reisen, reden wir hier nicht. Die Franzosen, ��berhaupt die Romanen, haben diesen Sinn wenig ausgebildet; nur eine Angeh?rige jener Nationen konnte behaupten, das Reisen sei das elendeste aller Vergn��gen (Frau v. Stael in ihrer Corinna.) Ein anderer Franzose wirft seinen Landsleuten vor, da? sie sowohl in Bezug auf ihr Vaterland als auch auf die ��brigen L?nder durch Unwissenheit gl?nzten. Beides h?ngt vielleicht mit einander zusammen; "erst die Fremde", sagt Fontane, "lehrt uns, was wir an der Heimat besitzen." Die schottischen Seeen erweckten in ihm erst das volle Gef��hl f��r die Reize der Seeen in der Mark Brandenburg und reiften in ihm den Entschlu?, ihnen das zu werden, was Walter Scott jenen ist. Der Reisende in der Mark mu? freilich eine feinere Art von Natursinn besitzen als der Reisende am Rhein; die Sch?nheiten der Gegend von Bingen bis Coblenz dr?ngen sich auch dem nur rohausgebildeten Landschaftssinn auf; sie packen, ��berw?ltigen, rei?en hin; die Sch?nheiten der m?rkischen Landschaft, ferner der Gegenden am Niederrhein wollen ergriffen, studiert sein.
Es treten noch andre Factoren hinzu, die den modernen Menschen, insonderheit den Germanen, zum Reisen dr?ngen. Dem Einerlei des h?uslichen und heimatlichen Leben und Treibens zu entrinnen, sich eine Zeit lang frei, objektiv zu f��hlen, nicht zu handeln, sondern zu betrachten, jenes h?chsten Zustandes zu genie?en, nach dem so viele Philosophen gestrebt und den so wenige erreicht haben--das ist der oft unbewu?te Zweck bei vielen Reisenden. "Auf Reisen", so ungef?hr spricht sich Schopenhauer aus, "f��hlt man sich interesselos, sieht man von der eigenen Person ab, betrachtet man die Welt als Vorstellung." Interesselos gebraucht
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