Folgende habe ich aus meinem damaligen Tagebuche zusammengestellt, weil man seine Vergangenheit nie unbefangen darstellen kann, so aber hat alles seine frischen Farben, die Farben der Gegenwart.?
Gogol, der russische Moli��re, sagt -- ja wo? -- nun irgendwo -- ?die echte komische Muse ist jene, welcher unter der lachenden Larve die Tr?nen herabrinnen?.
Ein wunderbarer Ausspruch! So ist es mir recht seltsam zumute, w?hrend ich dies niederschreibe. Die Luft scheint mir mit einem aufregenden Blumenduft gef��llt, der mich bet?ubt und mir Kopfweh macht, der Rauch des Kamines kr?uselt und ballt sich mir zu Gestalten, kleinen graub?rtigen Kobolden zusammen, die sp?ttisch mit dem Finger auf mich deuten, pausb?ckige Amoretten reiten auf den Lehnen meines Stuhles und auf meinen Knien, und ich mu? unwillk��rlich l?cheln, ja laut lachen, indem ich meine Abenteuer niederschreibe, und doch schreibe ich nicht mit gew?hnlicher Tinte, sondern mit dem roten Blute, das aus meinem Herzen tr?ufelt, denn alle seine l?ngst vernarbten Wunden haben sich ge?ffnet und es zuckt und schmerzt, und hie und da f?llt eine Tr?ne auf das Papier.
Tr?ge schleichen die Tage in dem kleinen Karpatenbade dahin. Man sieht niemand und wird von niemand gesehen. Es ist langweilig zum Idyllenschreiben. Ich h?tte hier Mu?e, eine Galerie von Gem?lden zu liefern, ein Theater f��r eine ganze Saison mit neuen St��cken, ein Dutzend Virtuosen mit Konzerten, Trios und Duos zu versorgen, aber -- was spreche ich da -- ich tue am Ende doch nicht viel mehr, als die Leinwand aufspannen, die Bogen zurechtgl?tten, die Notenbl?tter liniieren, denn ich bin -- ach! nur keine falsche Scham, Freund Severin, l��ge andere an; aber es gelingt dir nicht mehr recht, dich selbst anzul��gen -- also ich bin nichts weiter, als ein Dilettant; ein Dilettant in der Malerei, in der Poesie, der Musik und noch in einigen anderen jener sogenannten brotlosen K��nste, welche ihren Meistern heutzutage das Einkommen eines Ministers, ja eines kleinen Potentaten sichern, und vor allem bin ich ein Dilettant im Leben.
Ich habe bis jetzt gelebt, wie ich gemalt und gedichtet habe, das hei?t, ich bin nie weit ��ber die Grundierung, den Plan, den ersten Akt, die erste Strophe gekommen. Es gibt einmal solche Menschen, die alles anfangen und doch nie mit etwas zu Ende kommen, und ein solcher Mensch bin ich.
Aber was schwatze ich da.
Zur Sache.
Ich liege in meinem Fenster und finde das Nest, in dem ich verzweifle, eigentlich unendlich poetisch, welcher Blick auf die blaue, von goldenem Sonnenduft umwobene hohe Wand des Gebirges, durch welche sich Sturzb?che wie Silberb?nder schlingen, und wie klar und blau der Himmel, in den die beschneiten Kuppen ragen, und wie gr��n und frisch die waldigen Abh?nge, die Wiesen, auf denen kleine Herden weiden, bis zu den gelben Wogen des Getreides hinab, in denen die Schnitter stehen und sich b��cken und wieder emportauchen.
Das Haus, in dem ich wohne, steht in einer Art Park, oder Wald, oder Wildnis, wie man es nennen will, und ist sehr einsam.
Es wohnt niemand darin als ich, eine Witwe aus Lwow, die Hausfrau Madame Tartakowska, eine kleine alte Frau, die t?glich ?lter und kleiner wird, ein alter Hund, der auf einem Beine hinkt, und eine junge Katze, welche stets mit einem Zwirnkn?uel spielt, und der Zwirnkn?uel geh?rt, glaube ich, der sch?nen Witwe.
Sie soll wirklich sch?n sein, die Witwe, und noch sehr jung, h?chstens vierundzwanzig, und sehr reich. Sie wohnt im ersten Stock und ich wohne ebener Erde. Sie hat immer die gr��nen Jalousien geschlossen und hat einen Balkon, der ganz mit gr��nen Schlingpflanzen ��berwachsen ist; ich aber habe daf��r unten meine liebe, trauliche Gaisblattlaube, in der ich lese und schreibe und male und singe, wie ein Vogel in den Zweigen. Ich kann auf den Balkon hinaufsehen. Manchmal sehe ich auch wirklich hinauf und dann schimmert von Zeit zu Zeit ein wei?es Gewand zwischen dem dichten, gr��nen Netz.
Eigentlich interessiert mich die sch?ne Frau dort oben sehr wenig, denn ich bin in eine andere verliebt, und zwar h?chst ungl��cklich verliebt, noch weit ungl��cklicher, als Ritter Toggenburg und der Chevalier in Manon l'Escault, denn meine Geliebte ist von Stein.
Im Garten, in der kleinen Wildnis, befindet sich eine grazi?se kleine Wiese, auf der friedlich ein paar zahme Rehe weiden. Auf dieser Wiese steht ein Venusbild von Stein, das Original, glaube ich, ist in Florenz; diese Venus ist das sch?nste Weib, das ich in meinem Leben gesehen habe.
Das will freilich nicht viel sagen, denn ich habe wenig sch?ne Frauen, ja ��berhaupt wenig Frauen gesehen und bin auch in der Liebe nur ein Dilettant, der nie ��ber die Grundierung, ��ber den ersten Akt hinausgekommen ist.
Wozu auch in Superlativen sprechen, als wenn etwas, was sch?n ist, noch ��bertroffen werden k?nnte.
Genug, diese Venus ist sch?n und ich liebe sie, so leidenschaftlich, so krankhaft innig, so wahnsinnig, wie man nur ein Weib lieben kann, das unsere Liebe mit einem ewig gleichen, ewig ruhigen, steinernen L?cheln erwidert. Ja, ich bete sie f?rmlich
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