Siegfried, der Held | Page 5

Rudolph Herzog
schien ihm die Zeit unertr?glich lang. Denn sein junger Sinn stand ihm nach Taten und hielt Ruhe und Bequemlichkeit nur würdig des Alters, das befriedigt auf die getane Arbeit zurückschauen kann. Darum entbot er den Nibelungenführer Alberich zu sich und besprach sich mit dem kundigen Manne.
?Die Welt ist voll von Plagen und Kriegsn?ten,? sagte er, ?und wartet auf den Befreier. Ich aber liege bei meinen Reichtümern und stehle Gott den Tag ab. Das ist Schw?chlings Art und nicht die meine. Weist mir ein würdiges Abenteuer, Freund Alberich.?
Da antwortete der kriegerische Zwerg: ?Nehmt uns mit, Herr, und wir erk?mpfen Euch den ganzen Erdball.?
Siegfried aber schüttelte die Locken. ?Das w?re mir eine Heldentat, meine Leute für mich k?mpfen zu lassen und mir der anderen Lorbeeren um den Helm zu winden. Erst will ich mir meinen eigenen Namen verdienen, bevor ich andere führe und leite. Nennt mir ein Abenteuer, so schwer, da? kein zweiter Mensch es untern?hme, und ich will es bestehen oder ruhmreich unterliegen.?
Lange sann Alberich vor sich hin. Dann hob er den behelmten Kopf und sah dem Helden in die Augen.
?Ihr habt mich zwar weidlich beim Barte gezaust, als Ihr mich gefangen nahmt,? begann er, ?und mein Leib ist immer noch rot und blau, so schlugt Ihr mich wider die Türpfosten. Aber Ihr habt doch mich und die Meinen aus der Sklaverei des greulichen Fafner errettet und ritterlich behandelt und gehalten, so da? es mir leid um Euch w?re, Euch in ein todbringendes Abenteuer verwickelt zu sehen.?
?Nennt es mir,? dr?ngte der Held. ?Wenn Ehre und Ruhm dabei zu gewinnen ist, darf keine Gefahr uns schrecken. Das ist kein Mann, der sich nicht selber einsetzt.?
?Mein edler, junger Herr,? sprach Alberich, ?ich will es Euch nennen, weil ich Euch bewundere. Und -- weil ich keinem die herrlichste Beute g?nne als Euch. Ich wei? die sch?nste Frau, die je vom Himmel auf die Erde kam.?
?Wo ist sie und wie hei?t sie?? rief Siegfried rasch.
?Brunhild hei?t sie,? sagte der Zwerg, ?und war eine der Walküren, der starken Schlachtenjungfrauen, die einst die im Kampfe gefallenen Helden auf ihren Rossen in den Himmel Walhalla trugen. Weil sie ungehorsam gewesen war und wider g?ttliches Gebot einen ihr lieben Helden gegen den Tod geschützt hatte, liegt sie auf einem einsamen Berge im Zauberschlaf, und der Berg ist eingehüllt von der Waberlohe, das ist ein loderndes Flammenmeer, und nur der Starke, der furchtlos hindurchreitet, kann sie erwecken und zum Weibe gewinnen.?
Wie Siegfrieds Augen leuchteten und seine Brust sich m?chtig hob! Kaum vermochte der Kühne seine Ungeduld zu meistern.
?Wo geht der Weg, Alberich? Noch heute versuch' ich den Ritt.?
?Stammt Euer Ro? Grane nicht von den Walkürenrossen?? fragte der Zwerg. ?Ist es so, so wird es den Weg finden.?
Da nahm Siegfried Abschied von den tausend Nibelungenrittern, setzte Alberich zum Verwalter seiner Sch?tze ein und rief sein Ro? Grane. Sein Schwert Balmung hing ihm an der Seite, und in einer Ledertasche führte er die unsichtbar machende Tarnkappe mit sich. ?Grane,? sagte der Held, und das edle Tier spitzte die Ohren, ?Grane, wei?t du den Brunhildfelsen, wo deine Brüder und Schwestern im Stalle stehen? Trage mich hin, Grane, wir wollen sie befreien und die sch?ne Jungfrau vor allem.?
Da wieherte das Pferd hellauf vor Freude und umsprang in wilden S?tzen seinen Herrn. Der aber schwang sich behend auf des Pferdes Rücken, und das Ro? war mit seinem Reiter den Augen der Nachblickenden entschwunden, bevor sie sich von ihrem Staunen erholt hatten.
Wie die Windsbraut jagte das Ro? dahin. Die Locken flogen Siegfried um die Stirn, und er schlug sich vor Freude klatschend auf den Schenkel. Durch Berge und W?lder ging es im gestreckten Lauf, Str?me und Seen wurden durchschwommen und alle Hindernisse im sausenden Sprunge genommen. Den ganzen Tag jagte Grane mit Siegfried dahin und die ganze Nacht, und als der frühe Morgen d?mmerte, hob sich in weiter Ein?de ein Berg vor ihnen, der eine einzige Feuersbrunst schien. Das wogte und wallte vom Fu? bis zum Gipfel in Flammen und Gischt.
Mit bebenden Flanken stand das Ro?. Aber Siegfried zog sich die Tarnkappe über den Kopf, die Ro? und Reiter vor dem Feuer hütete, packte sein scharfes Schwert, gab Grane die Sporen und sprengte in die Glut hinein. Mit m?chtigen Hieben schuf er sich Bahn durch das brennende Dickicht, durch mannshohe Dornenhecken schlug er sich einen Weg, und so oft sie wieder zusammenrückten und ihn zu ersticken drohten, sein Mut und seine Kraft erlahmten nicht, und das brennende Gestrüpp flog unter seinem Schwert wie Feuergarben nach links und nach rechts. ?Spring an, Grane!? rief der Held, ?spring an! Bei? zu, Balmung! Hei, mein gutes Schwert, bei? zu!? Und in gewaltigen S?tzen sprengte das Ro? aufw?rts, keuchend und st?hnend, Funken und Flammen unter seinen Hufen. Und der Stahl Balmung zischte und blitzte, zerbi? Eichenst?mme wie dünne Ruten und hielt die Bahn frei, bevor sich die lodernde Wildnis wieder
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