Schatzkaestlein des rheinischen | Page 3

Johann Peter Hebel
"Adjunkt, Ihr seid ein schlauer Gesell. Ihr denkt, wenn ich einen eigenen Baum h?tte, so h?tt' ich auch einen eigenen Garten oder Acker, wo der Baum darauf steht. Eine eigene Haust��re w?re auch nicht zu verachten, aber mit einem eigenen K��hlein auf seinen vier Beinen k?nntet Ihr ��bel dran sein."
"Das ist's eben", sagt der Adjunkt, "so ein Baum frisst keinen Klee und keinen Haber. Nein, er trinkt still wie ein Mutterkind den n?hrenden Saft der Erde und saugt reines, warmes Leben aus dem Sonnenschein und frisches aus der Luft und sch��ttelt die Haare im Sturm. Auch k?nnte mir das K��hlein zeitlich sterben. Aber so ein Baum wartet auf Kinder und Kindeskinder mit seinen Bl��ten, mit seinen Vogelnestern und mit seinem Segen. Die B?ume w?ren die gl��cklichsten Gesch?pfe, meint der Adjunkt, wenn sie w��ssten, wie frei und lustig sie wohnen, wie sch?n sie sind im Fr��hling und in ihrem Christkindleinsstaat im Sommer, und alles stehen bleibt und sie betrachtet und Gott dankt, oder wenn der Wanderer ausruht in ihrem Schatten, und ein Pfeiflein Tabak geniesst, oder ein St��cklein K?s, und wie sie gleich dem Kaiser Wohltaten austeilen k?nnen und jung und alt froh machen umsonst und im Winter allein nicht heimgehen. Nein, sie bleiben draussen und weisen den Wandersmann zurecht, wenn Fahrwege und Fusspfade verschneit sind: "Rechts-- jetzt links--jetzt noch ein wenig links ��ber das Berglein.
"Hausfreund", sagt der Adjunkt, "wenn Ihr einmal Vogt werdet, Stabhalter seid Ihr schon, oder gar Kreisrat, das Alter h?ttet Ihr, so m��sst Ihr Eure Untergebenen fleissig zur Baumzucht und zur Gottseligkeit anhalten und ihnen selber mit einem guten Beispiel voranleuchten. Ihr k?nnt Eurer Gemeinde keinen gr?sseren Segen hinterlassen. Denn ein Baum, wenn er gesetzt oder gezweigt wird, kostet nichts oder wenig; wenn er aber gross ist, so ist er ein Kapital f��r die Kinder und tr?gt dankbare Zinsen. Die Gottseligkeit aber hat die Verheissung dieses und des zuk��nftigen Lebens".
"Wenn ich mir einmal so viel bei Euch erworben habe", sagt der Adjunkt zum Hausfreund, "dass ich mir ein eigenes G��tlein kaufen und meiner Schwiegermutter ihre Tochter heiraten kann, und der liebe Gott beschert mir Nachwuchs, so setze ich jedem meiner Kinder ein eigenes B?umlein, und das B?umlein muss heissen wie das Kind, Ludwig, Johannes, Henriette, und ist sein erstes eigenes Kapital und Verm?gen, und ich sehe zu, wie sie miteinander wachsen und gedeihen und immer sch?ner werden, und wie nach wenig Jahren das B��blein selber auf sein Kapital klettert und die Zinsen einzieht. Wenn mir aber der liebe Gott eines von meinen Kindern nimmt, so bitte ich den Herrn Pfarrer oder den Dekan und begrabe es unter sein B?umlein, und wenn alsdann der Fr��hling wiederkehrt, und alle B?ume stehen wie Auferstandene von den Toten in ihrer Verkl?rung da, voll Bl��ten und Sommerv?gel und Hoffnung, so lege ich mich an das Grab und rufe leise hinab: "Stilles Kind, dein B?umlein bl��ht. Schlafe du indessen ruhig fort! Dein Maitag bleibt dir auch nicht aus."
Er ist kein unw?ger Mensch, der Adjunkt.

Bequeme Schiffahrt, wer's daf��r halten will
Ein Schiff wurde von Mannheim den Neckar hinauf nach Heidelberg gezogen. Kommt hinterdrein mit vollem Felleisen und ein Paar heraush?ngender Stiefelschuhe ein Handwerksbursche. "Darf ich auch mit f��r Geld und gute Worte? Was muss ich geben?" Der Schiffmeister, der ein gar lustiger Kumpan war, sagte: "F��nfzehn Kreuzer, wenn Ihr in's Schiff wollt sitzen. Wollt Ihr aber helfen ziehen, nur sechs. Das Felleisen k?nnt Ihr mir in das Schiff werfen, es hindert Euch sonst nur." Der Handwerksbursche fing an zu rechnen. "F��nfzehn Kreuzer--sechs Kreuzer--sechs von f��nfzehn bleibt neun." Die neun Kreuzer, dachte er, kann ich verdienen. "Wenn's denn erlaubt ist", sagte er und warf das Felleisen in das Schiff. Hernach schlang er eins von den Seilern ��ber die Achsel und half ziehen, was er nach Leibeskr?ften vermochte. "Wir kommen eher an Ort und Stelle", dacht' er, "wenn ich nicht lass bin." In Heidelberg aber entrichtete er sechs Kreuzer F?hrgeld--f��r die Erlaubnis mit zu ziehen und nahm das Felleisen wieder in Empfang.

Blutbad in Neuburg am Rhein
Als im Dreissigj?hrigen Krieg der Schwed am Rhein war, stachen einmal die Neuburger eine schwedische Patrouille tot und sagten: "Wenn wir nach Schweden kommen, macht's uns auch so." Darob entr��stete sich der schwedische General dergestalt; dass er einen hohen und teuren Schwur tat. "Auch kein Hund soll am Leben bleiben", schwur er hoch und teuer, und hatte etwas im Kopf, ein Gl?slein Norschinger zuviel. Als solches die Neuburger h?rten, schlossen sie die Tore zu. Aber am andern Tag, als der Zorn und der Wein von dem General gewichen war, da reute es ihn, denn er war vormittags ein gar menschlicher Herr, und bekam fast grosse Anfechtung in seinem Gewissen, dass er mit viel unschuldigem Blut sein Wort und seinen Eid sollt' l?sen. Also liess er den Feldprediger kommen und klagte ihm seine Not. Der Feldprediger meinte zwar, massen der Feldhauptmann einen Schwur
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