Schatzkaestlein des rheinischen | Page 2

Johann Peter Hebel
Gespenstergeschichte Merkwürdige Schicksale eines jungen Engl?nders Merkwürdiges Rechnungsexempel 5 Merkwürdiges Rechnungsexempel 6 Missverstand Missverstand Mittel gegen Zank und Schl?ge Mohammed Moses Mendelssohn Pieve Reise nach Frankfurt Rettung einer Offiziersfrau Rettung vom Hochgericht Schlechter Gewinn Schlechter Lohn Schreckliche Unglücksf?lle in der Schweiz Seinesgleichen Seltene Liebe Seltsame Ehescheidung Seltsamer Spazierritt Streich spielen Suwarow Teure Eier Teures Sp?sslein Tod vor Schrecken Unglück der Stadt Leiden Unglück in Kopenhagen Untreue schl?gt den eigenen Herrn Unverhofftes Wiedersehen Unverhofftes Wiedersehen Vereitelte Rachsucht (Eine wahre Geschichte) Verloren oder gefunden Wasserl?ufer Wie der Zundelfrieder eines Tages aus dem Zuchthaus entwich und Wie der Zundelfrieder und sein Bruder dem roten Dieter abermal einen Wie einmal ein sch?nes Ross um fünf Prügel feil gewesen ist Wie man aus Barmherzigkeit rasiert wird Wie man in den Wald schreit, also schreit es daraus Wie sich der Zundelfrieder hat beritten gemacht Willige Rechtspflege Willige Rechtspflege Zwei Erz?hlungen Zwei Gehilfen des Hausfreunds Zwei honette Kaufleute Zwei Kriegsgefangene in Bobruisk Zwei Sprichw?rter Zwei Weissagungen

Abendlied wenn man aus dem Wirtshaus geht
Jetzt schwingen wir den Hut. Der Wein, der war so gut. Der Kaiser trinkt Burgunder Wein, Sein sch?nster Junker schenkt ihm ein, Und schmeckt ihm doch nicht besser, Nicht besser. Der Wirt, der ist bezahlt, Und keine Kreide malt Den Namen an die Kammertür Und hintendran die Schuldgebühr. Der Gast darf wiederkommen, Ja kommen. Und wer sein Gl?slein trinkt, Ein lustig Liedlein singt Im Frieden und mit Sittsamkeit Und geht nach Haus zu rechter Zeit, Der Gast darf wiederkehren, Mit Ehren. Des Wirts sein T?chterlein Ist züchtig, schlank und fein, Die Mutter h?lt's in treuer Hut, Und hat sie keins, das ist nicht gut, Musst' eins in Strassburg kaufen, Ja kaufen. Jetzt, Brüder, gute Nacht! Der Mond am Himmel wacht; Und wacht er nicht, so schl?ft er noch. Wir finden Weg und Haustür doch Und schlafen aus im Frieden, Ja Frieden.

Baumzucht
Der Adjunkt tritt mit schwarzen Lippen, ohne dass er's weiss, mit blauen Z?hnen und herabh?ngenden Schnüren an den Beinkleidern zu dem Hausfreund. "Die Kirschen", sagt er, "schmecken mir doch nie besser, als wenn ich selber frei und keck wie ein V?glein auf dem luftigen Baum kann sitzen und essen frischweg von den Zweigen die sch?nsten-- auf einem Ast ich, auf einem andern ein Spatz.
Wir n?hren uns doch alle", sagt er, "an dem n?mlichen grossen Hausvaterstisch und aus der n?mlichen milden Hand; die Biene, die Grundel im Bach, der Vogel im Busch, das R?sslein und der Herr Vogt, der darauf reitet.
Hausfreund", sagt der Adjunkt, "singt mir einmal in Eurer Weise das Liedlein vom Kirschbaum. Ich will dazu pfeifen auf dem Blatt." Der lieb Gott het zum Früehlig gseit:
"Gang, deck im Würmli au si Tisch!" Druf het der Chriesbaum Bl?tter treit, viel tausig Bl?tter grüen und frisch. Und's Würmli, us em Ei verwacht's, 's het gschlofen in sim Winterhus; es streckt si und sperrt 's Müli uf Und ribt die bl?den Augen us.
Und druf, se het's mit stillem Zahn am Bl?ttli gnagt enanderno und gseit: "Wie isch das Gmües so guet! Me chunnt schier nimme weg dervo."
Und wieder het der lieb Gott gseit:
"Deck jetz im Imli au si Tisch!"
Druf het der Chriesbaum Blüete treit, viel tausig Blüete wiss und frisch.
Und 's Imli sieht's und fliegt druf los, früeih in der Sunne Morgeschin; Es denkt: "Das wird mi Kaffi sy, sie hen doch chosper Porzelin."
"Wie sufer sin die Ch?cheli geschwenkt!" Es streckt si troche Züngli dry.
Es trinkt und seit: "Wie schmeckt's so süess, Do muess der Zucker wolfel sy."
Der lieb Gott het zuem Summer gseit:
"Gang, deck im Sp?tzli au si Tisch!" Druf het der Chriesbaum Früchte treit, viel tausig Chriesi rot und frisch. Und 's Sp?tzli seit: "Isch das der Bricht? Do sitzt me zue und frogt nit lang. Das git mer Chraft in Mark und Bei Und st?rkt mer d' Stimm zuem neue Gsang."
"Hausfreund", sagte der Adjunkt, "hat Euch auch manchmal der Feldschütz verjagt ab den Kirschenb?umen in Eurer Jugend? Und habt Ihr, wenn's noch so dunkel war, den Weg doch gefunden auf die Zwetschgenb?ume im Pfarrgarten zu Schopfen und ?pfel und Nüsse eingetragen auf den Winter wie meiner Schwiegermutter ihr Eichh?rnlein, das sie Euch geschenkt hat? Man denkt doch am l?ngsten dran, was einem in der Jugend begegnet ist."
"Das geht natürlich zu,", sagte der Hausfreund; "man hat am l?ngsten Zeit daran zu denken."
Der lieb Gott het zum Sp?tlig gseit:
"Rum ab! sie hen jetz alli gha!" Druf het e chüele Bergluft gweiht, Und 's het scho chleini Rife g’ha. Und d' Bl?ttli werden gel und rot und fallen eis im andere no, und was vom Boden obsi chunnt, muss au zuem Bode nidsi go.
Der lieb Gott het zuem Winter gseit: "Deck weidli zui, was übrig isch."
Druf het der Winter Flocke gstreut--
"Hausfreund", sagt der Adjunkt, "Ihr seid ein wenig heiser. Wenn ich die Wahl h?tte: ein eigenes Kühlein oder ein eigener Kirschbaum oder Nussbaum, lieber ein Baum."
Der Hausfreund sagt:
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