ich kenn sein Goetterblut wie du. Mein Mann ward Knecht in seiner eignen Wohnung, Und Ihre borstge Majestaet sah zur Belohnung Mich Hausfrau fuer einen arkadischen Schwan, Mein Ehbett fuer einen Rasen an, Sich drauf zu tummeln.
Einsiedler. Ich erkenn ihn dran.
Eudora. Ich schickt ihn mit Verachtung weg. Er hing Sich fester an Psyche, das arme Ding, Um mich zu trotzen! Und seit der Zeit Sterb ich oder seh dich befreit.
Einsiedler. Sie bereiten das Opfer heut.
Eudora. Die Gefahr lehrt uns bereit sein. Ich geb nichts verloren; Mit einem Blicke lenk ich ein Bei dem kuehnen eingebild'ten Toren.
Einsiedler. Und dann?
Eudora. Wann sie dich zum Opfer fuehren, Lock ich ihn an, sich zu verlieren In die innern heiligen Hallen, Aus Grossmut-Sanftmut-Schein. Da dring auf das Volk ein, Uns zu ueberfallen.
Einsiedler. Ich fuerchte -
Eudora. Fuerchte nicht! Einer, der um sein Leben spricht, Hat Gewalt. Ich wage, und du sollst reden. [Ab.]
Einsiedler. Geht's nicht, so moegen sie mich toeten.
Der Tempel
[Satyros sitzt ernst wild auf dem Altar. Das Volk vor ihm auf Knieen. Psyche an ihrer Spitze.]
Das Volk. Chorus. Geist des Himmels, Sohn der Goetter, Zuerne nicht! Frevlern deiner Stirne Wetter, Uns ein gnaedig Angesicht! Hat der Laestrer das verbrochen, Sieh herab, du wirst gerochen! Schroecklich nahet sein Gericht.
[Hermes. Ihm folgt ein Trupp, den Einsiedler gebunden fuehrend.]
Das Volk. Hoell und Tod dem Uebertreter! Geist des Himmels, Sohn der Goetter, Zuerne deinen Kindern nicht!
Satyros [herabsteigend]. Ich hab ihm seine Missetat verziehn! Der Gerechtigkeit ueberlass ich ihn. Moegt den Toren schlachten, befrein, Ich will nicht dawider sein.
Das Volk. O Edelmut! Es fliesse sein Blut!
Satyros. Ich geh' ins Heiligtum hinein; Und keiner soll sich unterstehn, Bei Lebensstraf', mir nachzugehn!
Einsiedler [fuer sich]. Weh mir! Ihr Goetter, wollet bei mir stehn!
[Satyros ab.]
Einsiedler. Mein Leben ist in euren Haenden, Ich bin nicht unbereitet, es zu enden. Ich habe schon seit manchen langen Tagen Nicht genossen, nur das Leben so ausgetragen. Es mag! Mich haelt der traenenvolle Blick Des Freundes, eines lieben Weibes Not Und unversorgter Kinder Elend nicht zurueck. Mein Haus versinkt nach meinem Tod, Das dem Beduerfnis meines Lebens Allein gebaut war. Doch das schmerzt mich nur, Dass ich die tiefe Kenntnis der Natur Mit Mueh geforscht und, leider! nun vergebens; Dass hohe Menschenwissenschaft, Manche geheimnisvolle Kraft, Mit diesem Geist der Erd entschwinden soll.
Einer des Volks. Ich kenn ihn; er ist der Kuenste voll.
Ein Andrer. Was Kuenste! Unser Gott weiss das all.
Ein Dritter. Ob er sie sagt, das ist ein andrer Fall.
Einsiedler. Ihr seid ueber hundert. Wenn's zwei-, dreihundert waeren, Ich wollte jeden sein eigen Kunststueck lehren, Einen jeden eins, Denn was alle wissen, ist keins.
Das Volk. Er will uns beschwaetzen. Fort! Fort!
Einsiedler. Noch ein Wort! So erlaube, dass ich dir Ein Geheimnis eroeffne, das fuer und fuer Dich gluecklich machen soll.
Hermes. Und wie soll's heissen?
Einsiedler [leise]. Nichts weniger als den Stein der Weisen. Komm von der Menge Nur einen Schritt in diese Gaenge.
[Sie wollen gehn.]
Das Volk. Verwegner, keinen Schritt!
Psyche. Ins Heiligtum! Und, Hermes, du gehst mit? Vergissest des Gottes Gebot?
Das Volk. Auf! Auf! Des Frevlers Blut und Tod!
[Sie reissen den Einsiedler zum Altare. Einer dringt dem Hermes das Messer auf.]
Eudora [inwendig]. Huelfe! Huelfe!
Das Volk. Welche Stimme?
Hermes. Das ist mein Weib!
Einsiedler. Gebietet eurem Grimme Einen Augenblick!
Eudora [inwendig]. Huelfe, Hermes! Huelfe!
Hermes. Mein Weib! Goetter, mein Weib!
[Er stoesst die Tueren des Heiligtums auf. Man sieht Eudora sich gegen des Satyros Umarmungen verteidigend.]
Hermes. Es ist nicht moeglich!
[Satyros laesst Eudoren los.]
Eudora. Da seht ihr euren Gott!
Das Volk. Ein Tier! Ein Tier!
Satyros. Von euch Schurken keinen Spott! Ich taet euch Eseln eine Ehr' an, Wie mein Vater Jupiter vor mir getan; Wollt' eure dumme Koepf' belehren Und euren Weibern die Muecken wehren, Die ihr nicht gedenkt ihnen zu vertreiben; So moegt ihr denn im Dreck bekleiben. Ich zieh meine Hand von euch ab, Lasse zu edleren Sterblichen mich herab.
Hermes. Geh! wir begehren deiner nit.
[Satyros ab.]
Einsiedler. Es geht doch wohl eine Jungfrau mit.
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End of the Project Gutenberg EBook of Satyros oder Der vergoetterte Waldteufel, by J.W. Goethe
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