Romanzero | Page 4

Heinrich Heine
Morgens ihr Lever?Mit strenger Etikette.
Geputzte Hofdamen. Die meisten stehn,?Auf Tabourets andre sitzen;?Die Kleider von Atlas und Goldbrokat,?Beh?ngt mit Juwelen und Spitzen.
Die Taille ist schmal, der Reifrock bauscht,?Darunter lauschen die netten?Hochhackigen F��?chen so klug hervor -?Ach, wenn sie nur K?pfe h?tten!
Sie haben alle keinen Kopf,?Der K?nigin selbst manquieret?Der Kopf, und Ihro Majest?t?Ist deshalb nicht frisieret.
Ja, Sie, die mit turmhohem Toupet?So stolz sich konnte gebaren,?Die Tochter Maria Theresias,?Die Enkelin deutscher C?saren,
Sie mu? jetzt spuken ohne Frisur?Und ohne Kopf, im Kreise?Von unfrisierten Edelfraun,?Die kopflos gleicherweise.
Das sind die Folgen der Revolution?Und ihrer fatalen Doktrine;?An Allem ist Schuld Jean Jacques Rousseau,?Voltaire und die Guillotine.
Doch sonderbar! es d��nkt mich schier,?Als h?tten die armen Gesch?pfe?Gar nicht bemerkt, wie tot sie sind?Und da? sie verloren die K?pfe.
Ein leeres Gespreize, ganz wie sonst,?Ein abgeschmacktes Scherwenzen -?Possierlich sind und schauderhaft?Die kopflosen Reverenzen.
Es knixt die erste Dame d'atour?Und bringt ein Hemd von Linnen;?Die zweite reicht es der K?nigin,?Und beide knixen von hinnen.
Die dritte Dam und die vierte Dam?Knixen und niederknieen?Vor Ihrer Majest?t, um Ihr?Die Str��mpfe anzuziehen.
Ein Ehrenfr?ulein kommt und knixt?Und bringt das Morgenj?ckchen;?Ein andres Fr?ulein knixt und bringt?Der K?nigin Unterr?ckchen.
Die Oberhofmeisterin steht dabei,?Sie f?chert die Brust, die wei?e,?Und in Ermanglung eines Kopfs?L?chelt sie mit dem Stei?e.
Wohl durch die verh?ngten Fenster wirft?Die Sonne neugierige Blicke,?Doch wie sie gewahrt den alten Spuk,?Prallt sie erschrocken zur��cke.
Pomare
I
Alle Liebesg?tter jauchzen?Mir im Herzen, und Fanfare?Blasen sie und rufen: Heil!?Heil der K?nigin Pomare!
Jene nicht von Otahaiti -?Mission?risiert ist jene -?Die ich meine, die ist wild,?Eine ungez?hmte Sch?ne.
Zweimal in der Woche zeigt sie??ffentlich sich ihrem Volke?In dem Garten Mabill, tanzt?Dort den Cancan, auch die Polke.
Majest?t in jedem Schritte,?Jede Beugung Huld und Gnade,?Eine F��rstin jeder Zoll?Von der H��fte bis zur Wade -
Also tanzt sie - und es blasen?Liebesg?tter die Fanfare?Mir im Herzen, rufen: Heil!?Heil der K?nigin Pomare!
II
Sie tanzt. Wie sie das Leibchen wiegt!?Wie jedes Glied sich zierlich biegt!?Das ist ein Flattern und ein Schwingen,?Um wahrlich aus der Haut zu springen.
Sie tanzt. Wenn sie sich wirbelnd dreht?Auf einem Fu?, und stille steht?Am End mit ausgestreckten Armen,?Mag Gott sich meiner Vernunft erbarmen!
Sie tanzt. Derselbe Tanz ist das,?Den einst die Tochter Herodias'?Getanzt vor dem Judenk?nig Herodes.?Ihr Auge spr��ht wie Blitze des Todes.
Sie tanzt mich rasend - ich werde toll -?Sprich, Weib, was ich dir schenken soll??Du l?chelst? Heda! Trabanten! L?ufer!?Man schlage ab das Haupt dem T?ufer!
III
Gestern noch f��rs liebe Brot?W?lzte sie sich tief im Kot,?Aber heute schon mit Vieren?F?hrt das stolze Weib spazieren.
In die seidnen Kissen dr��ckt?Sie das Lockenhaupt, und blickt?Vornehm auf den gro?en Haufen?Derer, die zu Fu?e laufen.
Wenn ich dich so fahren seh,?Tut es mir im Herzen weh!?Ach, es wird dich dieser Wagen?Nach dem Hospitale tragen,
Wo der grausenhafte Tod?Endlich endigt deine Not,?Und der Carabin mit schmierig?Plumper Hand und lernbegierig
Deinen sch?nen Leib zerfetzt,?Anatomisch ihn zersetzt -?Deine Rosse trifft nicht minder?Einst zu Montfaucon der Schinder.
IV
Besser hat es sich gewendet,?Das Geschick, das dich bedroht' -?Gott sei Dank, du hast geendet,?Gott sei Dank, und du bist tot.
In der Dachstub deiner armen?Alten Mutter starbest du,?Und sie schlo? dir mit Erbarmen?Deine sch?nen Augen zu.
Kaufte dir ein gutes Lailich,?Einen Sarg, ein Grab sogar.?Die Begr?bnisfeier freilich?Etwas kahl und ?rmlich war.
Keinen Pfaffen h?rt' man singen,?Keine Glocke klagte schwer;?Hinter deiner Bahre gingen?Nur dein Hund und dein Friseur.
?Ach, ich habe der Pomare?,?Seufzte dieser, ?oft gek?mmt?Ihr langen schwarzen Haare,?Wenn sie vor mir sa? im Hemd.?
Was den Hund betrifft, so rannt er?Schon am Kirchhofstor davon,?Und ein Unterkommen fand er?Sp?terhin bei Ros' Pompon,
Ros' Pompon, der Provenzalin,?Die den Namen K?nigin?Dir mi?g?nnt und als Rivalin?Dich verklatscht mit niederm Sinn.
Arme K?nigin des Spottes,?Mit dem Diadem von Kot,?Bist gerettet jetzt durch Gottes?Ewge G��te, du bist tot.
Wie die Mutter, so der Vater?Hat Barmherzigkeit ge��bt,?Und ich glaube, dieses tat er,?Weil auch du so viel geliebt.
Der Apollogott
I
Das Kloster ist hoch auf Felsen gebaut,?Der Rhein vor��berrauschet;?Wohl durch das Gitterfenster schaut?Die junge Nonne und lauschet.
Da f?hrt ein Schifflein, m?rchenhaft?Vom Abendrot begl?nzet;?Es ist bewimpelt von buntem Taft,?Von Lorbeern und Blumen bekr?nzet.
Ein sch?ner blondgelockter Fant?Steht in des Schiffes Mitte;?Sein goldgesticktes Purpurgewand?Ist von antikem Schnitte.
Zu seinen F��?en liegen da?Neun marmorsch?ne Weiber;?Die hochgesch��rzte Tunika?Umschlie?t die schlanken Leiber.
Der Goldgelockte lieblich singt?Und spielt dazu die Leier;?Ins Herz der armen Nonne dringt?Das Lied und brennt wie Feuer.
Sie schl?gt ein Kreuz, und noch einmal?Schl?gt sie ein Kreuz, die Nonne;?Nicht scheucht das Kreuz die s��?e Qual,?Nicht bannt es die bittre Wonne.
II
Ich bin der Gott der Musika,?Verehrt in allen Landen;?Mein Tempel hat in Gr?cia,?Auf Mont-Parna? gestanden.
Auf Mont-Parna? in Gr?cia,?Da hab ich oft gesessen?Am holden Quell Kastalia,?Im Schatten der Zypressen.
Vokalisierend sa?en da?Um mich herum die T?chter,?Das sang und klang la-la, la-la!?Geplauder und Gel?chter.
Mitunter rief tra-ra, tra-ra!?Ein Waldhorn aus dem Holze;?Dort jagte Artemisia,?Mein Schwesterlein, die Stolze.
Ich wei? es nicht, wie mir geschah:?Ich brauchte nur zu nippen?Vom Wasser der Kastalia,?Da t?nten meine Lippen.
Ich sang - und wie von selbst beinah?Die Leier klang, berauschend;?Mir war, als ob ich Daphne sah,?Aus Lorbeerb��schen lauschend.
Ich sang - und wie Ambrosia?Wohlr��che sich ergossen,?Es war von einer Gloria?Die ganze Welt umflossen.
Wohl tausend Jahr aus Gr?cia?Bin ich verbannt, vertrieben?Doch ist mein Herz in Gr?cia,?In Gr?cia
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