Reise durch England und Schottland

Johanna Schopenhauer
Reise durch England und
Schottland
by Johanna
Schopenhauer

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Title: Reise durch England und Schottland
Author: Johanna Schopenhauer
Release Date: January 24, 2004 [EBook #10823]
Language: German
Character set encoding: ISO-8859-1
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DURCH ENGLAND UND SCHOTTLAND ***

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Reise durch England und Schottland
Johanna Schopenhauer

ENGLAND
VORLÄUFIGE BEMERKUNGEN ÜBER ENGLAND

Es ist eigentlich recht erfreulich, in diesem Lande zu reisen. Die
schönsten Landschaftsgemälden ähnlichen Parks, die Gärten, die
zweckmäßige Einrichtung der Häuser, der raffinierte Luxus, die
Nettigkeit der Ordnung überall, die selbst in dem unbedeutendsten
Hausgeräte sich zeigende Eleganz und Bequemlichkeit, machen Einen
frohen Eindruck auf den Besuchenden. Man wünscht sich alle diese
Dinge nicht, weil man ihrer nicht gewohnt ist, oft nicht einmal ihren
Gebrauch kennt; aber man bekommt ein Gefühl von heiterem
Lebensgenusse. Nur den Wunsch, sich der Kunstwerke recht zu
erfreuen, sie zu studieren, vielleicht etwas zu kopieren, muß man nicht
aufkommen lassen; denn seine Erfüllung ist in diesem Lande mit so
vielen Schwierigkeiten umgeben, dass sie fast undenkbar wird.
Von den Schönheiten des Landes und der Wege, von den bequemen
Gasthöfen, die man auch in den abgelegensten Gegenden findet und in
welchen man nur einen wohlgefüllten Beutel braucht, um gleich so gut
und vielleicht besser als zu Hause zu sein, von der trefflichen
Einrichtung des Postwesens ist überall viel gesagt und geschrieben, und
dennoch nicht zu viel, um dieses in seiner Art vollkommenste Ganze
gehörig zu loben.
Für jetzt wollen wir uns aber darauf beschränken, eine allgemeine Idee
eines englischen großen Landhauses mit seinen Umgebungen
aufzustellen und alsdann versuchen zu beschreiben, was wir auf einer
Reise von London durch das nördliche England nach Schottland zu
sehen Gelegenheit hatten.

Ein englischer Park ist von dem, was man sich in Deutschland unter
diesem Namen denkt, merklich verschieden. Er umfasst die das
Wohnhaus oder Schloß zunächst umgebenden, eigentlich zu demselben
gehörigen Ländereien und ist gewöhnlich von ziemlichen Umfange.
Äcker und Wiesen, mit lebendigen Hecken zierlich eingefasst,
durchschnitten von wohlgehaltenen Kieswegen zum Gehen und Fahren,
liegen in seinem Bezirk, sowie auch einzelne Wirtschaftsgebäude von
gefälliger, aber doch ihre Bestimmung andeutender Form. Überall hat
man nach malerischen Effekten gestrebt, und die sanften Anhöhen und
Vertiefungen dieses Landes erleichtern dieses Streben; aber immer ist
das Nützliche mit dem Schönen vereint.
Der höchste Schmuck dieses Parks sind die üppige Vegetation der
wohlbestellten Äcker, die unvergleichlich schönen grünen Wiesen und
die prächtigen Bäume, größtenteils Eichen und Buchen, welche überall
in Gruppen verteilt stehen. In England haben die Bäume das Eigne, daß
sie mehr als in anderen Ländern gleich von der Wurzel an ausschlagen
und kleinere Zweige treiben. Enge, durch dichte Schatten und
Gebüsche sich hinschlängelnde Gänge findet man in keinem Parke;
auch Gehölze sind, wie überall in England, selten. Man könnte sagen,
es fehle Schatten, wenn nicht gerade in diesem Lande, wo bei sehr
milder Luft dennoch die Sonne selten recht heiß und hell scheint, der
Schatten entbehrlicher wäre als anderswo. Die Kioske, Tempel,
Einsiedeleien unserer Parks fehlen dort ebenfalls; alle diese zur Zierde
dienenden Gebäude sind in die vom Park ganz verschiedenen, das Haus
näher umgebenden Anlagen, in die sogenannten Pleasure-Grounds
verwiesen. Nur in sehr großen Parks, wie die von Blenheim oder Stowe,
steht hier und da ein Obelisk, eine Pyramide oder ein Turm, um vom
Schloß aus eine Ansicht zu gewähren.
An Wasser darf es nie fehlen. Künstliche Wasserfälle kennt man nicht
Und noch weniger Springbrunnen. Fließt aber ein kleiner Fluß oder nur
ein beträchtlicher Bach in der Nähe einer solchen Besitzung, so muß er,
wenn auch mit großen Kosten herbeigeführt, sich in mannigfaltigen
Krümmungen hindurchschlängeln. Fehlt es an lebendigem Wasser, so
sucht man wenigstens einem stehenden Kanale den Schein davon zu
leihen. Man gibt ihm eine leichte, natürliche Krümmung, verdeckt

Anfang und Ende mit überhängendem Gebüsche, wirft schöne Brücken
darüber und täuscht so das Auge, oder man verwandelt die Ufer eines
Teichs in die unregelmäßigen Umgebungen eines kleinen Sees. Überall
strebt man nach dem Schönen und flieht das Gesuchte, Steife, Pretiöse.
Die Staffage vollendet diese lebendige Landschaft. Hunderte von
halbzahmen Hirschen und Rehen weiden beinahe ganz furchtlos auf
den grünsten Wiesen der Welt; mit ihnen die schönsten Pferde, Kühe
und Ziegen, besonders in der Nähe des Hauses, wo sich die Wiesen
rings umher wie ein Teppich auf das herrlichste ausbreiten. Die
schönen Gestalten dieser Tiere, ihre leichten freien Bewegungen, ihr
Wohlsein geben dem Ganzen einen unbeschreiblichen Reiz.
Immer liegt das Wohnhaus auf einer sanften Anhöhe, alle Bäume sind
aus seiner nächsten Nähe verbannt, damit Licht,
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