Prometheus | Page 3

Johann Wolfgang von Goethe
Von meinen Ziegen nehmen, Sie sind mir, mein!
Zweiter. Woher?
Erster. Ich habe gestern Tag und Nacht Auf dem Geb��rg herumgeklettert, Und mit saurem Schwei? Lebendig sie gefangen, Diese Nacht bewacht, Sie eingeschlossen hier Mit Stein und ?sten.
Zweiter. Nun gib mir eins! Ich habe gestern auch eine erlegt, Am Feuer sie gezeitigt Und gegessen mit meinen Br��dern. Brauchst du heut mehr als eine? Wir fangen morgen wieder.
Erster. Bleib mir von meinen Schafen!
Zweiter. Doch!
[Erster will ihn abhalten, Zweiter gibt ihm einen Sto?, da? er umst��rzt, der nimmt eine Ziege und fort.]
Erster. Gewalt! Weh! Weh!
Prometheus [kommt]. Was gibt's?
Mann. Er raubt mir meine Ziegen! - Blut rieselt sich von meinem Haupt -. Er schmetterte Mich wider diesen Stein.
Prometheus. Rei? da vom Baume diesen Schwamm Und leg ihn auf die Wunde!
Mann. So - teurer Vater! Schon ist es gestillt.
Prometheus. Geh, wasch dein Angesicht.
Mann. Und meine Ziege?
Prometheus. La? ihn! Ist seine Hand wider jedermann, Wird jedermanns Hand sein wider ihn.
[Mann ab.]
Prometheus. Ihr seid nicht ausgeartet, meine Kinder, Seid arbeitsam und faul, Und grausam mild, Freigebig geizig, Gleichet all euren Schicksalsbr��dern, Gleichet den Tieren und den G?ttern.
[Pandora kommt.]
Prometheus. Was hast du, meine Tochter, Wie so bewegt?
Pandora. Mein Vater! Ach, was ich sah, mein Vater, Was ich f��hlte!
Prometheus. Nun?
Pandora. O, meine Arme Mira! -
Prometheus. Was ist ihr?
Pandora. Namenlose Gef��hle! Ich sah sie zu dem Waldgeb��sche gehn, Wo wir so oft die Blumenkr?nze pfl��cken; Ich folgt ihr nach, Und, ach, wie ich vom H��gel komme, Seh ich sie, im Tal auf einen Rasen hingesunken. Zum Gl��ck war Arbar ohngef?hr im Wald. Er hielt sie fest in seinen Armen, Wollte sie nicht sinken lassen, Und, ach, sank mit ihr hin. Ihr sch?nes Haupt entsank, Er k��?te sie tausendmal Und hing an ihrem Munde, Um seinen Geist ihr einzuhauchen. Mir ward bang, ich sprang hinzu und schrie, Mein Schrei er?ffnet ihr die Sinnen. Arbar lie? sie; Sie sprang auf, Und, ach, mit halbgebrochnen Augen Fiel sie mir um den Hals. Ihr Busen schlug, Als wollt er rei?en, Ihre Wangen gl��hten, Es lechzt' ihr Mund, und tausend Tr?nen st��rzten. Ich f��hlte wieder ihre Kniee wanken Und hielt sie, teurer Vater, Und ihre K��sse, ihre Glut Hat solch ein neues unbekanntes Gef��hl Durch meine Adern durchgegossen, Da? ich verwirrt, bewegt Und weinend endlich sie lie? Und Wald und Feld, Zu dir, mein Vater! Sag, Was ist das alles, was sie ersch��ttert Und mich?
Prometheus. Der Tod!
Pandora. Was ist das?
Prometheus. Meine Tochter, Du hast der Freuden viel genossen.
Pandora. Tausendfach! Dir dank ich's all.
Prometheus. Pandora, dein Busen schlug Der kommenden Sonne, Dem wandlenden Mond entgegen, Und in den K��ssen deiner Gespielen Genossest du die reinste Seligkeit.
Pandora. Unaussprechlich!
Prometheus. Was hub im Tanze deinen K?rper Leicht auf vom Boden?
Pandora. Freude! Wie jedes Glied ger��hrt vom Sang und Spiel Bewegte, regte sich, ich ganz in Melodie verschwamm.
Prometheus. Und alles l?st sich endlich auf in Schlaf, So Freud als Schmerz. Du hast gef��hlt der Sonne Glut, Des Durstes Lechzen, Deiner Kniee M��digkeit, Hast ��ber dein verlornes Schaf geweint, Und wie ge?chzt, gezittert, Als du im Wald den Dorn dir in die Ferse tratst, Eh ich dich heilte.
Pandora. Mancherlei, mein Vater, ist des Lebens Wonn Und Weh!
Prometheus. Und du f��hlst an deinem Herzen, Da? noch der Freuden viele sind, Noch der Schmerzen, die du nicht kennst.
Pandora. Wohl, wohl! - Dies Herze sehnt sich oft Ach nirgend hin und ��berall doch hin!
Prometheus. Da ist ein Augenblick, der alles erf��llt, Alles, was wir gesehnt, getr?umt, gehofft, Gef��rchtet, meine Beste, - das ist der Tod!
Pandora. Der Tod?
Prometheus. Wenn aus dem innerst tiefsten Grunde Du ganz ersch��ttert alles f��hlst, Was Freud und Schmerzen jemals dir ergossen, Im Sturm dein Herz erschwillt, In Tr?nen sich erleichtern will und seine Glut vermehrt, Und alles klingt an dir und bebt und zittert, Und all die Sinne dir vergehn, Und du dir zu vergehen scheinst Und sinkst, und alles um dich her Versinkt in Nacht, und du, in inner eigenem Gef��hle, Umfassest eine Welt: Dann stirbt der Mensch.
Pandora [ihn umhalsend]. O, Vater, la? uns sterben!
Prometheus. Noch nicht.
Pandora. Und nach dem Tod?
Prometheus. Wenn alles - Begier und Freud und Schmerz - Im st��rmenden Genu? sich aufgel?st, Dann sich erquickt in Wonneschlaf, - Dann lebst du auf, aufs j��ngste wieder auf, Aufs neue zu f��rchten, zu hoffen und zu begehren!

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